Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
09 - Befehl von oben

09 - Befehl von oben

Titel: 09 - Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
Vom Netzwerk:
tödlich fürs Ignorieren.
»Muß ich wohl, bevor der neue Junge meine Abteilung übernimmt.«
    Der Nobelpreiskandidat mußte lachen. »Alex ist ganz gut. Ich bin froh, daß er der Army Fersengeld gab. Wir waren in Brasilien öfter fischen, als sie dort die ...« Im Heißen Labor nahm ein Techniker letzte Einstellungen am Elektronenmikroskop vor. »Da«, sagte Lorenz. »Da ist unser Freund.«
    Manche nannten es Hirtenstab. Für Lorenz sah's eher wie der Anker aus, doch das stimmte auch nicht - jedenfalls nichts von Anmut. Für beide war es das leibhaftige Böse. Der vertikale, gebogene Strang wurde RNS, Ribonukleinsäure, genannt und enthielt den genetischen Kode des Virus. Obenauf war eine Reihe geringelter Eiweißstrukturen, deren Funktion noch unbekannt war, die aber, wie beide meinten, vermutlich bestimmten, wie die Krankheit wirkte. Vermutlich. Sie wußten es nicht, obwohl sie ganze zwanzig Jahre schon forschten.
    Das verdammte Ding lebte nicht einmal und dennoch tötete es. Ein wirklich lebender Organismus hatte sowohl RNS als auch DNS, ein Virus aber nur eins von beiden. Es hielt sich irgendwie in einem Dämmerzustand, bis es mit einer lebenden Zelle in Berührung kam. Einmal dort, erwachte es zu mörderischem Leben, wie irgendein lauerndes außerirdisches Monster, weil es nur leben, wachsen und sich reproduzieren konnte mit Hilfe von etwas anderem, das es zerstörte und von dem es dann zu entkommen versuchte, um ein weiteres Opfer zu finden.
    Ebola war von einfacher Eleganz und mikroskopisch winzig. Hunderttausend von ihnen, Kopf an Schwanz nacheinander, würden am Lineal vielleicht zwei Zentimeter weit reichen. Theoretisch kann ein solches Virus töten und wachsen und weiterwandern und wieder töten.
    Und wieder. Und wieder.
Das kollektive Gedächtnis der Medizin war nicht so lang, wie beide Ärzte gewünscht hätten. Im Jahr 1918 fegte die spanische Grippe, wohl eine Art Pneumonie, in neun Monaten um die Welt und tötete mindestens zwanzig Millionen Menschen - vermutlich sogar viel mehr - und einige so schnell, daß sich manche Opfer abends gesund schlafen legten und am nächsten Tag nicht mehr aufwachten. Obwohl die Symptome dieser Krankheit eingehend dokumentiert wurden, war die medizinische Wissenschaft damals nicht so weit fortgeschritten, daß man die Krankheit verstand, mit dem Ergebnis, daß keiner wußte, um was es sich beim Ausbruch eigentlich handelte - es gipfelte darin, daß in den siebziger Jahren vermeintliche Opfer, ihre Gräber im Dauerfrostboden Alaskas, exhumiert wurden in der Hoffnung, zu Studienzwecken noch Exemplare dieses Organismus zu finden; eine gute Idee. Für die medizinische Gemeinde war jene Krankheit so gut wie vergessen, und die meisten nahmen an, sollte sie wiederkehren, daß moderne Behandlungsmethoden sie besiegen würden.
Spezialisten für Infektionskrankheiten waren sich da nicht so sicher.
Der Erreger jener Krankheit war, wie von AIDS und Ebola, sicher ein Virus gewesen, und beim Klarkommen mit Viruserkrankungen war der Erfolg der Medizin ganz präzise ... Null.
Impfstoffe konnten Virusinfektionen vorbeugen. War ein Patient aber infiziert, dann siegte entweder sein Immunsystem, oder es verlor, und da konnten selbst die besten Ärzte nur dabeistehen und zusehen.
Ärzte, wie jede andere Berufsgruppe auch, zogen es häufig vor, einfach zu ignorieren, was sie nicht sahen und nicht verstanden. Das war auch die einzige Erklärung für die unerklärlich langsame Erkennung von AIDS und seinen tödlichen Verlauf. AIDS war ein weiterer exotischer Erreger, den Lorenz und Forster erforschten, und ebenfalls ein Geschenk des afrikanischen Dschungels.
»Gus, manchmal frage ich mich, ob wir überhaupt jemals aus diesen Bastarden schlau werden.«
»Früher oder später, Ralph.« Lorenz wich vom Mikroskop zurück - eigentlich war es ein Computermonitor - und wünschte, er könnte seine Pfeife rauchen, ein Laster, mit dem er nicht brechen wollte, wirklich, aber die Arbeit im öffentlichen Gebäude erschwerte es, ihm nachzugeben. Mit Pfeife dachte er besser, redete Gus sich ein. Beide starrten auf den Bildschirm und betrachteten die gekräuselten Eiweißstrukturen.
»Dieser stammt vom Kleinen.«
Sie bewegten sich in den Fußstapfen einer Handvoll Giganten. Lorenz hatte eine Abhandlung über Walter Reed und William Gorgas geschrieben, die beiden Army-Ärzte, die das Gelbfieber besiegt hatten durch eine Kombination systematischer Forschungsarbeit und unermüdlicher Anwendung dessen, was sie

Weitere Kostenlose Bücher