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09-Die Pfade des Schicksals

09-Die Pfade des Schicksals

Titel: 09-Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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zurück, würde sie nach Erdkraft und dem Gesetz greifen können. Sie brauchte ihren Stab nicht in Händen zu halten, um ihn benutzen zu können. Sie brauchte nur ein kleines bisschen Gesundheitssinn …
    Eine Gestalt stürmte an ihr vorbei in den Kuppelsaal. Sie hatte keine Ahnung, wer oder was es war; Schmerzen und Verzweiflung machten sie für alles außer dem Orkrest blind. Auch Rogers trotzigen, empörten Aufschrei hörte sie kaum. Als ihre begierig ausgestreckten Finger sich um den Sonnenstein schlossen, spürte sie nichts. Überhaupt nichts. Der Orkrest war nur ein Steinbrocken. Sie konnte ihn nicht sehen, seine verborgene Vitalität nicht wahrnehmen. Völlige Verzweiflung schlug wie eine Woge über ihr zusammen. Dann flutete sie wieder zurück. Linden war zu hektisch, um darin zu ertrinken oder sich von ihr wegschwemmen zu lassen. Sitzend stemmte sie sich hoch und holte aus, um Roger den Sonnenstein an den Kopf zu werfen: Die letzte verzweifelte Tat einer Frau, deren Schicksal besiegelt war.
    Covenants Ring lag noch immer unter den Kringeln der Halskette halb verborgen in der Nähe von Jeremiahs nackten Füßen; der geschnitzte ebenholzschwarze Stab war nur eine Armlänge von ihm entfernt. Roger hatte noch nicht versucht, diese Werkzeuge der Macht an sich zu bringen, hatte noch keine Zeit dazu gehabt.
    Und da sah Linden in strahlend hellem Silberglanz Thomas Covenant.
    Irgendwie hatte er es geschafft, seinen Erinnerungen zu entfliehen, den Zauberbann des Palastes abzuschütteln. Er musste Rogers Macht - oder die des Croyel - gespürt und erkannt haben, dass Linden ihn brauchte.
    Covenant, der gerade mit Loriks Krill hatte zustoßen wollen, stand mit erhobener Hand vor seinem Sohn. Er hielt den Dolch in beiden Händen, als hätte er damit Kastenessens Hand abtrennen oder zumindest unbrauchbar machen wollen. Aber Roger hatte den Dolchstoß seines Vaters mit einem Schwall aus Hitze und Gesteinsschlacke abgewehrt. Covenant, der weiter zuzustoßen versuchte, stand mit seiner Klinge wie erstarrt in der Hochofenglut von Rogers Macht.
    Die beiden hatten einander nicht körperlich berührt; ihre Angriffe begegneten sich in der Luft zwischen ihnen. Rogers feurige Theurgie hielt Covenants Klinge mit Karmesinrot und Schwefelgelb umklammert, die flüssig und tödlich wie Lava waren. Covenant antwortete mit der Heilsmächtigkeit wilder Magie, die durch Hoch-Lord Loriks gewaltiges Lehrenwissen kanalisiert und gebündelt wurde. Der reine Schmuckstein des Krill glich einem größer werdenden Anziehungspunkt aus weißer Glut.
    Allzu starker Weißglut. Linden brauchte keinen Gesundheitssinn, um zu erraten, dass Joan ihren Wahnsinn ausschüttete, um ihrem früheren Ehemann möglichst umfangreich zu schaden. Joan oder Turiya Herem hatten auf irgendeine Art erfasst, dass Covenant den Krill in beiden Händen hielt - und was er damit wollte. Während er gegen ihren Sohn ankämpfte, setzte sie ihren eigenen Ring ein, um zu versuchen, Covenant verglühen zu lassen.
    Direkt angreifen konnte sie ihn nicht - sie war nicht anwesend, und ihre eigene Notlage behinderte sie. Aber wenn sie genügend wilde Magie durch den Schmuckstein ausströmen ließ, wurde der Krill vielleicht so heiß, dass er Covenant das Fleisch von den Knochen brennen würde. Und Roger gebot über die Essenz der Skurj, die durch Kastenessens gewaltige Macht vervielfältigt wurde. Selbst ein Riese hätte solche Hitze nicht ertragen können.
    Die Lepra hatte Covenants Finger taub und gefühllos gemacht. Der Eifrige hatte ihm die Hände mit bunten Streifen aus Magie und Wissen bandagiert. Der Griff des Krill war in Pergament gewickelt. Trotzdem war die gegen Covenant gerichtete Gewalt zu stark. Linden beobachtete entsetzt, wie das Pergament schwarz wurde, sich wellte und an den Rändern zu brennen begann. Die Verbände des Eifrigen hielten noch einen Augeblick länger stand; dann begannen auch sie zu schwelen. Die Skest wichen jammernd an die Wände des Kuppelsaals zurück, und der Croyel schien auf eine Gelegenheit zum Angriff zu warten.
    »Hölle und Blut, Roger!«, rief Covenant mit vor Schmerzen heiserer Stimme aus. »Das brauchst du nicht zu tun! Es gibt bessere Antworten!«
    »Wie kommst du darauf, dass ich Antworten will?«, fragte Roger scharf. »Du kannst nicht länger den Helden spielen, Dad!« Das Wort »Dad« sprach er wie einen obszönen Fluch aus. »Es wird Zeit, dass jemand dich in die Schranken weist! Ich bin nur froh, dass ich dieser Jemand sein

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