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0930 - Das Stigma

0930 - Das Stigma

Titel: 0930 - Das Stigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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böse und unheimlich vor, und plötzlich sah ich, daß es ein Gesicht war.
    Das Gesicht einer Frau!
    Ich hielt den Atem an, als ich diese Frau erkannte. Das dunkle Haar, das straff nach hinten gekämmt war, das Gesicht mit den feingeschnittenen romanischen Zügen, der etwas breite Mund, die kleine Nase, es war Marcia Morana!
    Nein, so ganz stimmte das nicht.
    Etwas hatte sich in ihrem Gesicht schon auf eine schreckliche Art und Weise verändert. Zwischen den Augenbrauen sah ich ein aus Blut bestehendes Kreuz…
    ***
    Das war überhaupt die Überraschung, mit der ich nicht fertig wurde. Ich wußte keine Erklärung, und es war kein heilendes, sondern eher ein schmerzendes Kreuz, denn Marcia, die Heilerin, sah nicht glücklich aus.
    Sie litt unter dem Blutkreuz, denn sie hatte den Mund weit aufgerissen, als wäre sie dabei, einen Schrei auszustoßen, der aber auf dem Weg ins Freie erstickt war.
    Ich löste meinen Blick von diesem Kreuz und konzentrierte mich auf die Augen der Frau.
    Auch sie waren angstvoll geöffnet. In ihnen las ich ebenfalls eine gewisse Panik. Sie strahlten den Schmerz, die Qualen und auch die Pein aus, die Marcia erlebte.
    Wo erlebte?
    In ihrer Welt? In einer anderen Dimension, wo dämonische Kräfte beheimatet waren?
    Wenn ja, wie war sie dann dorthin gelangt?
    Ich konnte mir die Antworten nicht selbst geben. Ich hätte Marcia dazu gebraucht, sie aber steckte in diesem Spiegel, als wollte sie mir den stummen Schrei nach Hilfe zusenden.
    Nur konnte ich nichts tun. Ich traute mich jetzt auch nicht, mein Kreuz gegen diesen magischen Gegenstand einzusetzen, denn ich fürchtete mich davor, gewisse Dinge zu zerstören. Es war durchaus möglich, daß ich damit Marcia Moranas Existenz auslöschte.
    Obwohl es mir gegen den Strich ging, blieb mir nichts anderes übrig, als die Tatsache zu akzeptieren. Marcia würde zunächst eine Gefangene des Spiegels oder der anderen Dimensionen bleiben - wie auch immer.
    Ich hatte sie gesehen, sie hatte mir ein Zeichen gegeben, und es dauerte nicht lange, bis sie sich wieder zurückzog, was ebenfalls nicht schnell über die Bühne lief, sondern sehr langsam, beinahe bedächtig vonstatten ging, denn die Fläche wuchs in der Mitte wieder zu. So zumindest sah es für mich aus.
    Ich schaute in den Spiegel - und sah mich selbst. Vom Kopf bis zu den Füßen. So hatte mich die normale Welt wieder.
    Dennoch ließ ich meine Finger über das Kreuz gleiten. Eine besondere Erwärmung war nicht zu spüren. Die andere Magie hatte sich stark zurückgehalten.
    »Sie ist wieder da! Sieist wieder da…«
    Ich erwachte wie aus einem Traum, denn jetzt vernahm ich die Stimmen der Frauen wieder deutlicher, da mich nichts anderes ablenkte. Auch die Gänsehaut auf meinem Rücken hielt sich in Grenzen. Allmählich fand ich mich mit den Gegebenheiten ab.
    Ich drehte mich und leuchtete dabei. Der Strahl fuhr wieder über das leere Bett hinweg, in dem eigentlich Marcia hätte liegen müssen. Sie war nicht zum Schlafen gekommen. Verständlich, denn andere Kräfte hatten die Kontrolle übernommen.
    Die Tatsache war da, das Rätsel blieb, und ich mußte alles unternehmen, um es zu lösen.
    Nur nicht hier im Zimmer. Es gab keinen, der mir hätte Auskunft geben können. Marcia war verschwunden, mit ihr wurde ein besonderes Spiel getrieben, das sie wohl vorher nicht gekannt hatte. Zumindest hätte sie mir etwas darüber sagen und mich vorwarnen müssen.
    Wer wußte noch Bescheid?
    Die Frauen aus dem Dorf?
    Ich kam damit nicht zurecht. Zwar wiederholten sie noch immer denselben Satz, aber sie redeten mit neutralen Stimmen. So konnte ich nicht heraushören, ob es positiv oder negativ gemeint war. Sie waren einfach da, spulten ihren Text ab und fertig.
    Einen letzten Blick gönnte ich dem Spiegel noch, dann zog ich mich wieder zurück.
    Bis zur Tür waren es nur wenige Schritte. Ich war nicht mehr besonders leise, und ich würde den Frauen auch normal entgegentreten. Sie mußten mir eine Antwort geben, alles andere konnte ich vergessen.
    Vielleicht erfuhr ich von ihnen auch mehr über die Herkunft des Spiegels.
    Ich konnte mir vorstellen, daß er in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den heilenden Kräften der Marcia Morana stand.
    Die Heilerin hatte in der ersten Etage ihr Zimmer gehabt. Ich mußte die Treppe hinuntergehen, stand schließlich im Flur des Hauses, der mit braunen Steinfliesen belegt war.
    Hinter den Fenstern lauerte die Nacht. Nicht so finster wie die Dunkelheit im Haus, aber sie war

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