0958 - Die Kinder des El Rojo
besinnungslose Frau war mit frischen Wunden überdeckt.
»So-sofort wird Hilfe bei Ihnen sein. Nur noch wenige Sekunden…« Ines bemerkte, dass sie zu schwitzen begonnen hatte. War das hier ein irrer Killer, der ihr sein letztes Opfer präsentierte? Oder ein verzweifelter Mann, der tatsächlich Hilfe für die bedauernswerte Frau beschaffen wollte?
Im nächsten Moment erschienen einige Männer. Keine Wachleute, auf die Ines gehofft hatte, sondern eine Handvoll Pfleger, die dem Mann die Nackte sofort abnahmen und sie auf eine Liege verfrachteten. Zwei Sekunden später waren sie in Richtung Behandlungsräume wieder verschwunden und ließen Ines mit dem möglicherweise wahnsinnigen Folterer alleine. So waren die Männer hier - und Ines hasste sie dafür.
Der dunkle Typ trat einen Schritt näher an sie heran. Seine Stimme hatte etwas Verführerisches, das musste sie zugeben.
»Sagen Sie, schöne Frau, die Klinik verfügt doch sicher über einen Fahrzeugpark, nicht wahr? Den würde ich mir gerne ansehen, denn ich muss sicher lange warten, bis ich zu meiner Schwester darf.«
Seine Schwester? Ines glaubte ihm jedes Wort, dass er, getränkt mit seinem süßen Akzent, in ihre Ohren flüsterte. Später glaubte sie zwar, er hätte sie irgendwie hypnotisiert, doch es blieb eine Tatsache, dass sie diesen wildfremden Mann bereitwillig und umgehend zu den Fahrzeugen geführt hatte. Wie schon erwähnt - es war ein außergewöhnlich ruhiger Tag in der Clinica Humanita . Auch bei den Rettungsfahrzeugen und den beiden Lkw hielt sich zu dieser Stunde niemand sonst auf.
Ein ruhiger Tag, doch einer, der für Schwester Ines noch ein heftiges Nachspiel haben würde. Ihr Chef hatte nämlich so einige Fragen an die junge Krankenschwester…
***
Artimus und Zamorra hatten gar nicht erst versucht, die Kinder in die Kellerräume zu bringen, wo sie möglicherweise besser vor den anrückenden Kreaturen geschützt gewesen wären. Diese makabren Wesen, deren Ausgangspunkt Zamorra in dem schwarzen See vermutete, ließen sich durch nichts aufhalten - sicher nicht durch ein paar Treppenstufen, die in die Tiefe führten.
Artimus betreute die Kinder so gut ihm das möglich war. Nur noch ganz wenige von ihnen waren ansprechbar. Der Physiker befürchtete, dass jede Minute länger, die sie hier verbrachten, den Kindern unwiderrufliche Schäden zufügen würden. Er hoffte inständig, dass Dalius Laertes mit seiner Mission erfolgreich sein würde.
Professor Zamorra hingegen hatte sich wieder ins Freie begeben.
Der mentale Druck konnte ihm nach wie vor nichts anhaben, doch selbst er spürte deutlich, wie dessen Intensität ständig anstieg.
Wieder fielen ihm Laertes' Worte ein, dessen Theorie, dass sie es hier mit einem Ausläufer der Angst zu tun haben könnten. Zamorra konnte nicht so richtig daran glauben, obwohl er es auch keineswegs ausschließen wollte. Andererseits hatte er die Angst als ein Instrument der absoluten Zerstörung erlebt, als er seine Vision auf Maiisaros Welt gehabt hatte. Er glaubte nicht so recht, dass sich ein Ausläufer oder Vorbote der Angst hier niedergelassen und ausgebreitet hätte. Viel eher hätte er nichts als verbrannte Erde und unzählige Tote hinterlassen. Aber das konnte ja noch kommen, wenn niemand in der Lage war, die Ausdehnung des Todesareals zu verhindern.
Jede weitere Spekulation musste der Professor vertagen, denn es war nun nicht mehr zu überhören, dass sich die Wesen, von denen Laertes ja schon gesprochen hatte, dem Anwesen näherten. Und das Erste, dass Zamorra von ihnen zu sehen bekam, war die Kreatur, die Dalius mit einem Bären verglichen hatte.
Der Vergleich hinkte zwar, doch irgendwo war er auch berechtigt. Das Wesen war tatsächlich an die fünf Meter groß und erinnerte Zamorra eher an einen Monsterschneemann, als an einen Grizzly, denn es sah aus, als sei es aus unterschiedlich großen Kugeln zusammengefügt. Gerade jetzt machte es geräuschvoll all das nieder, was das Feuer der Vampire von dem Dschungel übrig gelassen hatte. Viel war das jedoch nicht, also würde es sich schon bald ein neues Betätigungsfeld suchen.
Das Anwesen!
Zamorra wusste, dass er von van Zant keine Hilfe erwarten konnte, denn der Splitter in der Hand des Südstaatlers reagierte meist nur auf die Aktivitäten von Vampiren. Logisch, denn Khira Stolt, die Artimus diese Erbe vermacht hatte, war stets gegen die Blutsauger ins Feld gezogen, Khiras Tränen hatten den mächtigen Vampirdämon Sarkana erzittern lassen; an
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