0981 - Der Fluch des alten Kriegers
unter der Theke der geladene Sechsschüsser lag. An ihn würde er wohl nicht herankommen. Wenn er ehrlich war, wollte er es auch nicht, weil er davon ausgehen mußte, daß auch die vier Typen bewaffnet waren. Sie gehörten zu der Sorte, die durch die Staaten zogen, Langeweile hatten, aber Fun wollten. Den allerdings auf ihre Art und Weise. Da wurden die Schwachen noch schwächer gemacht, um das eigene Ansehen zu heben.
Der Indianer war noch nicht zu sehen. Überhaupt kam Gomez die Szene wie erstarrt vor. Er erinnerte sich daran, daß er in diesem Haus der Herr war. So konnte er sich auch nicht feige in eine Ecke verkriechen.
»Geht«, sagte er. »Es ist Schluß! Feierabend! Ich will ins Bett. Hier wird geschlossen!«
Der Hellblonde übernahm wieder das Wort. Zuerst hatte er nur gegrinst.
»Wann du ins Bett steigen kannst oder wir dich in den Sarg legen, das bestimmen wir - nicht du. Aber wenn du willst, kannst du verschwinden. Wichtig ist, daß wir noch genug zu trinken haben, und das werden wir doch - oder?«
»Verschwindet!« Gomez wunderte sich über sich selbst, wie eisern er blieb.
Der Blonde verdrehte die Augen. Er übertrieb dabei wie ein schlechter Schauspieler. Er schaute sich dabei auch um, als suchte er einen Ort, wo er damit anfangen konnte, die Bude zusammenzuschlagen. Einer seiner Kumpane flüsterte ihm etwas zu, und der Blonde trat zur Seite. Im Moment war Gomez für ihn uninteressant geworden, denn der schaute einzig und allein nach unten.
Der Wirt konnte von seinem Standort sehr gut sehen, und was er entdeckte, gefiel ihm nicht. Der Apache war noch da. Er sah seine Hände, die sich um die Tischkante krallten, als der ältere Mann versuchte, in die Höhe zu kommen.
Die vier Hundesöhne amüsierten sich darüber. Sie trieben ihn sogar noch an. »He, Alter, hoch mit dir. Du schaffst es. Du schaffst es wirklich Mach weiter!« Zwei klatschten, und ihre Haarzöpfe wippten dabei.
Der Indianer stand auf. Er hatte große Mühe, auf den Beinen zu bleiben, aber der Tisch war ihm eine Stütze. Jetzt konnte ihn Gomez auch wieder sehen.
Der Mann blutete. Der rote Saft rann ihm aus den Wunden von Gesicht und Hals. Schürfwunden, von harten Fäusten verursacht.
Schmerzen mußten den Indianer peinigen, aber der beschwerte sich mit keinem Wort. Er atmete nur heftig und preßte eine Hand gegen seinen Bauch, wo er sicherlich auch getroffen worden war.
»Rote stinken!« behauptete der Anführer. »Sie stinken widerlich. Und wenn wir essen und trinken, wollen wir keinen Stinker in der Nähe haben. Ist doch klar - oder?«
Seine Kumpane nickten, hatten Spaß und sahen aus, als wollten sie den Spaß fortsetzen.
»Na, Boß, was sagst du nun?«
»Er hat euch nichts getan.«
»Er hat gestunken!«
»Das hätte ich gerochen.«
»Du stinkst auch, Arschloch!«
Gomez stieg abermals das Blut ins Gesicht. Er fühlte sich so verdammt schwach. Diese vier Hundesöhne waren nur mit Gewalt zu vertreiben, aber kam er gegen sie an?
Der Indianer kämpfte gegen seinen Schwindel. Dabei tat er etwas Seltsames, das selbst die Schläger verwunderte und sie stumm werden ließ. Der Mann fing an zu summen. Die Lippen in seinem lederartigen Gesicht hielt er geschlossen. Das Summen drang durch diesen schmalen Mund in unterschiedlich hohen und tiefen Tönen. Es war eine Melodie, die keiner der Männer kannte, aber sie spürten schon, daß etwas von ihr ausging. Und das gefiel ihnen absolut nicht.
So etwas wie Unsicherheit breitete sich in ihnen aus. Sie schauten sich an, sie lächelten vage, sie hoben die Schultern, und der Indianer sang weiter, die Hände gegen die Tischplatte gestützt, den Kopf gesenkt.
»Der hat noch immer nicht genug!« schrie einer der beiden Zopftypen.
»Der will mehr.«
»Kann er haben.«
»Und wie?«
»Wir schaffen in nach draußen. Da steht die Abfalltonne. Die ist groß genug für ihn. Wir stopfen ihn einfach hinein.«
Das war was für die Kerle. Sie hatten ihren Spaß. Sie waren unantastbar. Sie würden hier die Schau abziehen, und Menschen mit einer anderen Hautfarbe waren ihnen egal. »Okay, dann…«
»Ihr laßt ihn in Ruhe!« Gomez erschrak über sich selbst. Er hatte sehr laut gesprochen. Es war einfach aus ihm herausgeplatzt. Außerdem war er auch kein Weißer, auch wenn er sich so fühlte. Wurden Menschen mit anderer Hautfarbe erniedrigt, war er plötzlich solidarisch.
»Ach!« sagte der Superblonde. »Hört mal zu. Das Arschloch hat sich gemeldet.«
»Kaum zu glauben, Chef.«
»Dann
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