0983 - Schwingen des Verderbens
Vassagos Gefährtin und spottete: »Willst du mich vielleicht daran hindern?«
»Du arme Närrin«, antwortete der Corr-Wächter. »Du kannst sie nicht mitnehmen, weil sie stirbt, sobald sie diese Höhle verlässt. Selbst du solltest die Absperrung gespürt haben, die um diese Behausung liegt. Die Corr haben ihre Vorkehrungen getroffen.«
Unentschieden! Engelsverdammte Scheiße!, dachte Carrie. Was sollte sie nur tun? Sie konnte doch nicht einfach von hier verschwinden und Kassandra zurücklassen? Die Corr würden sich an ihrer Tochter dafür rächen, dass Carrie einige Mitglieder ihrer Sippe umgebracht hatte.
Die Dämonin, die noch vor vier Jahren die Menschenfrau Carrie Ann Boulder gewesen war, schüttelte den Kopf. Nein, das werde ich nicht tun. Ich lasse Sandy nicht hier.
Sie erinnerte sich an ein Buch, dass sie in ihrer Jugend gelesen hatte. »Nicht ohne meine Tochter«. Ihr ging es genauso, sie würde nicht ohne ihre Tochter von hier Weggehen, mochte da kommen, was wollte. Schließlich war sie Kassandras, Sandys, Mutter.
Es mag hochtrabend klingen, in diesem Zusammenhang von Mutterliebe zu reden, aber genau darum handelte es sich beim Verhältnis zwischen Carrie und Kassandra. So gnadenlos sie gegen andere war, so liebevoll war sie zu ihrer Tochter. Sie war das Einzige, was ihr etwas bedeutete. Sie liebte Kassandra, aber nicht Vassago. Der Erzdämon war ihr Herr und Meister, und ihm hatte sie zu Willen zu sein, wenn er es wollte. Aber Zuneigung war etwas anderes.
»Und du kannst auch nicht mehr von hier verschwinden«, sagte der Corr-Wächter. »Selbst wenn ich wollte, könnte ich dich nicht mehr von hier verschwinden lassen.«
Die Blitze in Carries leeren Augenhöhlen wurden stärker und zahlreicher. Der Wächter trat einen Schritt zurück, er spürte, dass die Dämonin einen Entschluss gefasst hatte.
»Dann soll es wohl so sein«, sagte sie mit überaus rauer Stimme. Sie wusste genau, wie Versagen unter Höllenwesen geahndet wurde und dass der Wächter keine andere Chance hatte zu überleben, als sie entweder zu töten oder gefangen zu nehmen.
Sie bemerkte nicht, dass Kassandra aufwachte und langsam wieder in die Wirklichkeit zurückfand. Gleichzeitig damit wurde ein Signal an die beiden Corr gesendet.
Carrie und der Wächter standen beide wieder mit erhobenen Armen da, murmelten Zauberformeln und woben dabei magische Netze. Dieses Mal griff der Wächter gleich auf seinen stärksten Zauber zurück. Die Dämonin hatte alle Hände voll zu tun, um die Attacke abzuwehren.
Sie startete gleich darauf mit einem Gegenangriff. Der Wächter stolperte einen Schritt zurück, Carries Attacke hatte ihn überrascht. Er warf ihr eine Energiekugel entgegen, um ihre Abwehr knacken zu können.
Carrie ließ ihre Abwehr zerfließen und versetzte den Wächter damit in erneutes Erstaunen. Sie versetzte sich per Teleport in den Rücken des Wächters und brachte ihn um. Er sank neben der Dämonengöre zu Boden.
»Ma, bist du das?«, hörte sie die Stimme von Kassandra. Das Mädchen schien unendlich geschwächt zu sein und nichts sehen zu können.
»Ja, Sandy, ich bin’s. Ich nehme dich jetzt mit«, sagte Carrie, ohne zu wissen, ob sie dieses Versprechen auch einhalten könnte.
»Da gibt es eine kleine Schwierigkeit«, erklang die Bassstimme von Zolan in ihrem Rücken.
»Du musst an uns vorbei«, ergänzte Zarrton, dessen Sprechorgan nicht weniger dunkel klang.
Carrie zuckte zusammen. Sie wusste, wer sich heimlich in die Höhle versetzt hatte. Und sie wusste genau, dass sie es war, die hier nicht mehr lebend herauskommen würde.
Es sei denn… Sie stieß einen zweiten Ruf nach Vassago aus, in der Hoffnung, dass er diesen nicht auch überhörte.
***
Vassagos vierte Vision:
Der Untergang der Hölle war ein Ereignis von solch epochaler Wucht gewesen, dass Vassago ihn mit nichts vergleichen konnte, was er je erlebt hatte. Schmerz und Verlorenheit bildeten die vorherrschenden Gefühle bei dem uralten Erzdämon. Aber dieser schwer zu begreifende Verlust wurde noch übertrumpft vom Tod LUZIFERs.
Was sich nie jemand vorzustellen vermocht hatte, war eingetreten. LUZIFER war beim Untergang der Hölle vernichtet worden, der KAISER existierte nicht mehr. Jene Entität, auf die sich die Höllenbewohner beriefen, und in deren Namen sie unzählige Gräueltaten an den Menschen verrichteten, hatte sein unseliges Leben ausgehaucht.
Schon den Gedanken an eine solch absurde Idee hatte Vassago bisher für reine Blasphemie gehalten
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