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1.000 Euro für jeden

1.000 Euro für jeden

Titel: 1.000 Euro für jeden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz W. Adrienne; Werner Goehler
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(von Film über den Computerspielsektor bis
Musik, von Literatur über Design zu den darstellenden Künsten). Der
Jahresumsatz der 23000 Firmen der Kreativwirtschaft in der Region wird auf etwa
acht Milliarden Euro geschätzt. Der Zuwachs an Unternehmen lag seit 2006 mit
14 Prozent doppelt so hoch wie bei anderen Branchen. Diese Zahlen zeigen
die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung der Kreativwirtschaft für
die Metropole Ruhr. Diese Bedingungen machen das Ruhrgebiet zu einer der
dichtesten Bildungs- und Forschungslandschaften Europas.
    Dort,
wo Kunst und Wissenschaft Handels- und Wissensware sind, sind sie der
Wirtschaft zuzurechnen. Weit spannender und für eine kreative Weiterentwicklung
von Gesellschaft unerlässlich sind Kunst und Wissenschaft dort, wo sie
gesellschaftlich relevante Handlungskonzepte hervorbringen, indem sie
innovative Formen der Arbeit etablieren: Gemeint ist eine Tätigkeitsform, die
vielleicht einmal der Boheme zuzuordnen war, inzwischen aber zum
verallgemeinerbaren Modell für zukünftige Arbeits- und Lebensformen geworden
ist. Sie ist gekennzeichnet durch die Aufhebung von Arbeit und Freizeit, eine
sich permanent ändernde Auftragslage, die Einbettung der Arbeit in Projekte mit
anderen, dann wieder ein einsames Arbeiten von zu Hause aus. Diese
Tätigkeitsmerkmale sind symptomatisch für das, was wir das Prekariat nennen.
Und erwerbslose Künstlerinnen und Wissenschaftlerinnen bilden die Avantgarde
der prekären Verhältnisse.
    Es
stellt sich die Frage, ob eine Gesellschaft wie die unsere, die über keine
anderen Ressourcen als die Kreativität verfügt, es sich leisten kann, auf deren
Vermögen zu verzichten. Kreative Städte basieren auf dem Reichtum der
Möglichkeiten und Lebensentwürfe ihrer BewohnerInnen. Sie brauchen deren
Talente und Gestaltungskraft – und deren Bewusstsein, an der umfassenden
Entwicklung ihrer Stadt teilhaben zu können: hin zu einem angenehmeren Lebens-
und Arbeitsort. Wie Krisen, auch und gerade die gegenwärtigen, gemeistert
werden können, hängt davon ab, ob wir Anerkennungs- und Beteiligungsformen
finden, die Menschen ermutigen, Alternativen zu erproben und zu gestalten.
    Charles
Landry, Autor von »The Art of City Making«, hat eine einfache und bestechende
Unterscheidung gefordert. Eine Stadt sollte nicht danach streben, die
kreativste in der Region, dem Bundesland, der Nation, in der Welt zu sein. Vielmehr
müsste es der jeweiligen Stadt darum gehen, ihre Kreativität für die Welt einzusetzen. Im »für
die Welt« läge die ethische Dimension der Kreativität, die Individuen, Gruppen
und Außenseiter einzubeziehen verstehe.
    Laboratorium für eine
postindustrielle Kulturgesellschaft
    Eine
Kulturgesellschaft definiert sich nicht mehr in erster Linie über Lohnarbeit
und die zunehmende Abwesenheit derselben. Sie erkundigt sich nach dem Vermögen
eines Einzelnen, das mehr umfasst als seine Arbeitskraft und seinen Marktwert.
In einer Kulturgesellschaft müsste es darum gehen, aus einer sozialen Arbeit,
die Ungerechtigkeiten notdürftig ausgleicht, eine solche zu machen, die
Gesellschaft gestaltet: mit Selbstverantwortung, Vertrauen, Hingabe,
Eigeninitiative, Experimentieren, Ausprobieren, Verwerfen. Die Idee der
Kulturgesellschaft geht von zwei Annahmen aus: davon, dass die Ressource der
Gegenwart in rohstoffarmen Ländern die Kreativität ist, die zu fördern vor
allem heftige Fragen an das gegenwärtige Bildungssystem aufwirft. Zweitens
setzt sie auf das Vermögen der Einzelnen, darauf, dass alle Menschen durch ihr
Tun Wirkung erzielen wollen, dass sie gebraucht, gemeint sein und gestalten
wollen.
    Die
wichtigen Fragen sind: Wo liegen die Möglichkeiten des Individuums, an der
allgemeinen, gesellschaftlichen und kulturellen Weiterentwicklung zu
partizipieren? Wo ihre und seine kreativen Fähigkeiten, die für einen
gesellschaftlichen Wandel beitragen?
    Die
Ruhrregion, die an Fläche und Einwohnerzahl mit Los Angeles vergleichbar ist,
ist ein Großlaboratorium für die Erprobung anderer Lebens- und Arbeitsmodelle
und steht damit Patin für vergleichbare Veränderungen in anderen Regionen des
Landes und des Kontinents. Denn vielerorts besteht für immer mehr Menschen
aller Schichten, Altersgruppen und Nationalitäten keine Perspektive einer
herkömmlichen sozialen Verortung mehr, weitet sich das prekäre Leben aus. Auch
die folgende Tatsache beschreibt das Modellhafte dieser Region: Die Hälfte
dieser 53 Städte steht unter Haushaltsvorbehalt,

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