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1001 Nachtschichten

1001 Nachtschichten

Titel: 1001 Nachtschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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die Abteilungsleiter-Konferenz um 10:30 Uhr!«
    Mit dem Papier in der Hand gehe ich raus. Ist das ein neuer Trick der Behörden, um sich die ausländischen Arbeitslosen vom Hals zu schaffen? Möglich ist alles. Schließlich bin ich kein vereidigter Dolmetscher und soll hier übersetzen. Sicher kommen sie gleich, um mich zu verhaften. Bei Ausländern wird doch jeder Ausweisungsgrund wahrgenommen.
    Mit viel Mühe schiebe ich den Schreibtisch vor die Tür. Und alles, was ich finden kann, stelle ich auf den Tisch. Auf diesen Berg setze ich mich obendrauf und fange an zu übersetzen. So kann mich wenigstens keiner auf frischer Tat ertappen.
    Ich bin ganz versunken in meine Übersetzungen, als plötzlich irgendjemand versucht, die Tür aufzudrücken.
    Bei Allah, ich bin erwischt worden! Verzweifelt rufe ich:
    »Was ist denn los?«
    »Wieso lässt sich die Tür nicht öffnen?«, höre ich den Hauptabteilungsleiter rufen.
    »Ich habe es noch nicht fertig übersetzt.«
    »Hier ist noch etwas, könnten Sie das bitte auch gleich mit bearbeiten?«
    »Schieben Sie es doch unter der Tür durch!«
    Zwei Stunden später bin ich so weit und rücke den Schreibtisch wieder von der Tür weg. Der Hauptabteilungsleiter nimmt die Akten an sich und sagt zu mir:
    »Lassen Sie uns in die Kantine gehen.«
    »Meine Kinder warten auf mich, ich kann nicht mitkommen«, lüge ich.
    »Seit wann haben Sie denn Kinder? Soviel ich weiß, sind Sie Steuerklasse I.«
    »Bei dem Gehalt, das ich bekomme, ist es völlig egal, in welcher Steuerklasse ich bin.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen, Herr Engin. Ich werde das mit dem Gehalt schon irgendwie regeln. Es ist heutzutage fast unmöglich, auf Dauer gute Fachkräfte beim Arbeitsamt zu beschäftigen. Wenn ich so einen Mann wie Sie heute brauche, hätte ich die Planstelle dafür schon vor sechs Jahren beantragen müssen. Aber zum Glück sind Sie ja bei uns im Hause im dritten Stock bereits längere Zeit tätig, und somit benötige ich lediglich einen hausinternen Versetzungsantrag. Herr Engin, würden Sie bitte diese Briefe schon mal mitnehmen zum Übersetzen?«
    Angstschlotternd renne ich mit den siebzehn Briefen unter dem Arm raus. Was mache ich jetzt mit diesen Akten?! Spätestens in einer Stunde weiß der Hauptabteilungsleiter,dass ich überhaupt nicht im Arbeitsamt beschäftigt bin, und ruft die Polizei.
    Bei Allah, an allem sind nur diese verdammte rosa Blazerjacke mit den zwei Silberknöpfen, die grüne Bundfaltenhose mit Nadelstreifen und die blaue Krawatte mit den gelben Blümchen schuld. In meiner Alltagskleidung hätte mich niemand für einen Beamten gehalten.
    Ich reiße mir diese Unglücksklamotten vom Leib und übergebe das Bündel zusammen mit den siebzehn Briefen dem Pförtner.
    »Hier, ich bringen Dolmetscher und ich bringen Brief! Ich Ausländer, ich nix verstehen!«
    Und renne erleichtert, unter den verblüfften Blicken des Pförtners, in Unterhosen hinaus auf die Straße.

    Als ich fünfundzwanzig Minuten später, nachdem ich meinen Blaumann angezogen habe, den Pausenraum von Halle 4 betrete, erfreue ich mich erneut an diesem sensationellen, ja phänomenalen technischen Fortschritt, der seit einigen Tagen endlich auch bei uns Einzug gehalten hat.
    Und besonders stolz macht mich dabei die Tatsache, dass mein bester Kumpel Hans der geniale Initiator dieser Veränderung ist. Mein lieber Arbeitskollege Hans, der beste Staplerfahrer, den die Halle 4 je gesehen hat, hat sich einen neuen, supertollen Läptop gekauft und vollführt mit diesem Teufelsding in den Mittagspausen vor den Augen der gesamten Belegschaft wahre Wunderdinge!
    Früher wurden bei uns in den Pausen unter Kollegen immer Fotos rumgereicht, um anzugeben, was für einen tollen und teuren Urlaub man doch gemacht hat.
    Und was hat der schlaue Hans, der schnellste Staplerfahrer der Welt, daraus gemacht?
    Er zaubert die ganzen Fotos von den jeweiligen Händys der Kollegen direkt in seinen Läptop und startet damit eine geniale, megakuule Diaschow! Er schmeißt die Bilder der Kollegen mit einem kleinen Biimer an die Wand des Aufenthaltsraumes. Wie im Kino!
    Nach drei Tagen sind leider alle Kumpels damit schon durch, aber Hans möchte mit seiner tollen Entdeckung immer noch weiter angeben. Ich weiß nicht, ob diese technische Errungenschaft wirklich so neu ist und ob Hans tatsächlich der Erfinder ist, wie er ständig behauptet, auf jeden Fall nervt er inzwischen sogar die Kollegen von Halle 1, 2 und 3, ob sie denn keine Urlaubsfotos

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