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1001 Nachtschichten

1001 Nachtschichten

Titel: 1001 Nachtschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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Viehtreiber, ich für meinen Teil hatte alles dafür getan, damit es ein perfekter Flug wird – aber nicht dieses Flugzeug! Ich hatte sogar vor der Reise erfolgreich ein Seminar gegen Flugangst absolviert, das erheblich teurer war als die Reise samt Hotel. Und zusätzlich hatte ich zum achten Mal beim Erste-Hilfe-Kurs bei uns in Halle 4 mitgemacht. Dazu hatte ich mir eine dreimonatige Karate-Ausbildung gegönnt wegen dieser ständigen Flugzeugentführungen. Wie sagt man so schön: Binde deinen Esel fest an, und vertraue erst dann Allah!
    Im Gegensatz zu mir hatte sich das Flugzeug aber überhaupt keine Mühe gegeben, dass es ein perfekter Flug wird. Erst hieß es, die Maschine aus Deutschland hätte sich verspätet, dann hieß es, mehrere Passagiere hätten sich verspätet, und zu guter Letzt hätte sich auch noch derPilot verspätet. Und danach fing auch noch Frau Holle an, ihr Bettzeug auszuschütten!«
    »Was für’n Ding?«
    »Danach hat es angefangen, fürchterlich zu schneien. Eigentlich hätte ich um 9:45 Uhr schon in Bremen gelandet sein müssen, aber um 10:45 Uhr machte das Flugzeug immer noch keine Anstalten zu starten. Wie ja allgemein bekannt ist, nehmen es die Türken mit der Pünktlichkeit nicht ganz so genau.
    ›Die Startbahn muss erst enteist werden‹, informierte uns der Pilot über die Lautsprecher.
    Das Gleiche wurde auch die ganze Zeit mit unserem Flugzeug versucht. Aus mehreren Wassertanks spritzten vier Männer heißes Wasser über uns, um die Flügel freizubekommen, was aber wenig half. Es schneite nämlich seit Stunden ziemlich kräftig bei minus 21 Grad.
    Stunden später meldete sich der Pilot wieder und sagte, dass wir startklar wären.
    Als ich gerade am Einschlafen war, wurde ich durch lautes Getrampel und hektisches Gebrüll geweckt.
    ›Was ist denn los? Werden wir entführt oder stürzen wir ab?‹, fragte ich völlig durcheinander.
    ›Dahinten braucht jemand dringend Erste Hilfe!‹, rief die Stuardess im Vorbeilaufen.
    ›Erste Hilfe? Wo? Der hat ja verdammtes Glück, dass er mit mir zusammen im selben Flugzeug gelandet ist! Ich habe nämlich erst vor einem Monat meinen achten Erste-Hilfe-Kursus in Halle 4 absolviert. Ich helfe sofort‹, brüllte ich und sprang sofort auf.
    Die ganzen Gaffer, die mir in dem engen Durchgangden Weg versperrten, schubste ich einen nach dem anderen einfach weg, es ging doch um Leben und Tod.
    Schließlich konnte ich auch den letzten Gaffer vom Patienten wegzerren und gegen die Toilettentür klatschen. Danach konnte ich mich endlich um das arme verletzte Opfer kümmern.
    ›Mann, was fällt Ihnen denn ein? Sind Sie wahnsinnig geworden?‹, brüllte mich die Stuardess frontal von der Seite an.
    ›Ich bin Ersthelfer! Ich will den armen Mann retten! Los, geben Sie mir sofort den Erste-Hilfe-Kasten rüber. Hat er sich den Fuß verstaucht, in den Finger geschnitten, oder ist er in den Hochofen gefallen?‹
    ›Nichts davon! Der Opa hat einen Herzinfarkt! Das sieht man doch!‹, schrie sie verzweifelt.
    ›Herzinfarkt?‹, stotterte ich geschockt. ›Das haben die uns aber nicht beigebracht. Ich kenne mich nur mit Verstauchungen und kleinen Schnittwunden aus.‹
    ›Sie Blödian! Der Mann, den Sie soeben k.o. geschlagen und so brutal gegen die Toilettentür geschleudert haben, war der einzige Arzt an Bord und hätte den Herrn vielleicht retten können! Aber jetzt liegt er selbst ohnmächtig vor dem Klo‹, schimpfte die Stuardess mit mir.
    Es war so was von eindeutig, dass die blöde Ziege krampfhaft versuchte, mir Opas Tod anzuhängen!
    Oh, Herr Viehtreiber, es ist schon wieder so was von spät! Wenn ich jetzt nicht sofort nach Hause düse, werde ich auch gegen die Toilettentür geklatscht. Meine Frau Eminanim kennt da kein Erbarmen. Also denn, bis morgeeeeeennnn …«

    Mit total mieser Laune springe ich in meinen Ford-Transit und werde dabei völlig unvorbereitet kalt erwischt. Nein, nein, nicht von einer hinterhältigen Radarfalle, sondern von dieser schrecklichen Mitleif-Kreisis!
    Bis vor ein paar Tagen wusste ich noch nicht mal, dass so was überhaupt existiert, jetzt muss ich es am eigenen Leib erleben. Ich habe keinen Schimmer, wo ich es mir eingefangen habe oder wer mich damit angesteckt hat; aber mich hat’s voll erwischt!
    »Ach, Mitleif-Kreisis, wie banal! Das hat doch heutzutage jeder Hans und Franz. Selbst unsere achtjährige Hatice zeigt bereits deutliche Symptome«, versuchte Eminanim mich letztens zu trösten. Sie meinte, die Gründe

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