101 - Gangster in London
gestohlen, in dem auch dieser Revolver lag. Ich habe der Polizei damals die Sache angezeigt und sogar die Nummer der Waffe angegeben.«
Terry erinnerte sich genau an den Vorfall, denn Diebstahl von Feuerwaffen gehörte zu seiner Abteilung. »Und seit der Zeit sahen Sie den Revolver nicht wieder?« »Nein.«
»Mr. Tanner: Auf der Waffe und auf dem Schreibtisch hier haben wir Fingerabdrücke gefunden. In kurzer Zeit werden die Beamten des Erkennungsdienstes mit ihren Apparaten hier sein. Sind Sie bereit, ihnen Ihre eigenen Fingerabdrücke zu geben, damit man sie mit den anderen vergleichen kann?«
»Gewiß! Ich habe nicht das geringste dagegen!«
Gleich darauf erschienen die Beamten. Terry nahm den Sergeanten einen Augenblick beiseite und erklärte ihm, was zu tun sei. Ein paar Minuten darauf hatten sie klare und gute Abdrücke von Tanners Fingern.
Der Sergeant machte sich nun daran, die übrigen Abdrücke aufzunehmen. Als er sie auf dem Bogen Papier mit Puder eingestäubt hatte, traten sie klar hervor. Er untersuchte sie, und Terry sah das Erstaunen in seinen Zügen. »Es sind die gleichen Abdrücke wie die von Mr. Tanner!« »Was?« rief Terry verblüfft. Er nahm den Revolver auf und bestäubte selber den Abdruck mit Puder. »Hier ist es ebenso...« Terry sah zu Tanner hinüber, der vollkommen ruhig geblieben war und nur leicht lächelte.
»Um sieben Uhr heute abend war ich in der Bibliothek, Chefinspektor, aber ich habe weder den Briefbogen noch sonst etwas im Zimmer angefaßt. Die Tatsache, daß ich vorher hier im Zimmer war, würde eine sehr einfache Erklärung für meine Fingerabdrücke auf dem Schreibtisch geben. Damit wären aber nicht die auf dem Revolver erklärt. Doch auch die hätte ich unmöglich hinterlassen können, denn ich war im Begriff auszugehen und trug Handschuhe. Erst nachdem ich meinen Onkel gesprochen hatte, änderte ich meine Absicht und ging wieder in meine Wohnung.«
»Worüber haben Sie sich denn unterhalten?«
Eine kleine Pause trat ein. »Wir sprachen über sein Testament. Er hatte mich heruntergerufen, um mir mitzuteilen, daß er zum erstenmal in seinem Leben ein Testament machen wollte...« »Hat er Ihnen gesagt, wie er über sein Vermögen verfügte?« »Nein.«
Terry ging wieder in Leslies Büro und hörte zu seinem Erstaunen, daß Decadon vor seinem Tod tatsächlich ein Testament aufgesetzt hatte, das von Leslie persönlich als Zeugin unterzeichnet worden war.
Über den Inhalt konnte sie allerdings nichts sagen. Sie wußte nur, daß der alte Herr ihr ein Legat von tausend Pfund vermacht hatte. »Ich machte ihn noch ausdrücklich darauf aufmerksam, daß es ungültig sei, wenn ich als Zeugin seine Unterschrift bestätige.«
»Haben Sie eine Ahnung, wo er das Testament verwahrt hat?« »Er hat es in die linke obere Schreibtischschublade gelegt.«
Terry ging wieder in die Bibliothek zurück. Inzwischen war der Arzt erschienen und untersuchte den Toten.
»Können Sie mir wirklich nicht sagen, wie Ihr Onkel in dem Testament über sein Vermögen verfügt hat?«
»Nein - das weiß ich nicht«, erklärte Tanner zum zweitenmal.
»Er hat mir nichts darüber gesagt.«
Terry trat an den Schreibtisch und zog die ihm von Leslie bezeichnete Schublade auf. Sie war leer... »Es ist Ihnen doch klar, wie ernst diese Situation für Sie ist, Mr. Tanner? Wenn Ihre Angabe stimmt, daß Ihr Onkel nie ein Testament gemacht hat, sind Sie, als sein einziger Verwandter, sein Universalerbe. Er hat nun aber, nach Feststellung mehrerer Zeugen, tatsächlich ein Testament hinterlassen, und es wäre möglich, daß er Sie darin enterbt hätte. Die Vernichtung des Testaments und die Ermordung Ihres Onkels sind Umstände, die deutlich auf ein wichtiges Motiv hinweisen...«
Tanner nickte. »Wollen Sie damit sagen...?«
»Nein! Im Augenblick will ich noch nichts sagen! Ich möchte Sie nur bitten, die Beamten nach Scotland Yard zu begleiten und mich in meinem Büro zu erwarten. Das bedeutet noch nicht, daß Sie verhaftet sind.«
Tanner dachte einen Augenblick nach. »Kann ich mich mit meinem Rechtsanwalt in Verbindung setzen?«
Terry schüttelte den Kopf. »Das ist hier bei uns nicht üblich. Wenn eine bestimmte Anklage gegen Sie erhoben wird, können Sie selbstverständlich Ihren Rechtsanwalt sprechen. Aber es steht noch nicht fest, ob eine Anklage erhoben wird. Die Umstände sind sehr verdächtig. Sie selbst geben zu, daß die Mordwaffe Ihnen gehört; der Sergeant hat festgestellt, daß die
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