1026 - Der Favorit
diese Rolle übernommen?" fragte der Herzog leise.
„Weil sie mich an mein Ziel führen wird", antwortete Mallagan, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern.
„Dieses Ziel ist das Spiel auf dem Ednuk?"
„Ja."
„Ich könnte dir Fragen stellen, auf die du ganz bestimmt keine Antwort zu geben vermagst. Das würde deinen Erfolg beeinträchtigen."
„Du wirst diese Fragen nicht stellen", erklärte Mallagan gelassen. „Du würdest Gefahren heraufbeschwören, indem du sie aussprichst."
Der Herzog wandte sich ab und zog die beiden Betschiden zur Seite. Die Helfer, die sich unermüdlich um alles kümmerten, ließen den nächsten Besucher vor.
„Er sieht überanstrengt aus", sagte der Herzog zu Scoutie und Brether. „Habt ihr keine Angst, daß er sich zu sehr verausgabt? Wenn er zusammenbricht, ehe das Spiel beginnt, waren alle seine Anstrengungen umsonst!"
„Wir haben keinen Einfluß auf ihn", erklärte Scoutie bedrückt. „Wie sollen wir ihn dazu bringen, daß er sich schont?"
Gu beobachtete Mallagan, der dem Besucher Ratschläge erteilte. Der Betschide war sehr bleich, die Augen lagen tief in den Höhlen und brannten in verzehrendem Feuer.
„Er wirkt wie ein Besessener", flüsterte er.
Die Betschiden nickten nur. Der Herzog sagte ihnen nichts Neues. Manchmal fühlten sie sich äußerst unwohl in Mallagans Nähe. Er war ihnen zeitweilig fremd und unheimlich.
Am nächsten Morgen kam Op. Die Betschiden zuckten beim Anblick des Tarts zusammen. Sie hatten inzwischen viel über diesen Mann gehört. Er war unbeliebt in der Stadt. Man bezeichnete ihn als rücksichtslos und brutal. Scoutie und Brether rechneten damit, daß Op versuchen würde, Mallagan Schwierigkeiten zu bereiten, aber der Tart stellte keine einzige Frage, sondern beschränkte sich darauf, Mallagan eine volle Stunde lang zu beobachten. Dann verschwand er, ohne ein einziges Wort gesprochen zu haben.
An diesem Tag begegneten die beiden jenem Vierbeiner, den sie im Haus der Kämpfer kennen gelernt hatten. Er erzählte ihnen, daß Cylam außer Lebensgefahr war, daß es aber lange Zeit dauern würde, bis er wieder einsatzfähig war. Sie erfuhren auch, daß es wahrscheinlich Mitglieder der Bruderschaft waren, die den Anschlag verübt hatten.
Unterdessen stieg das Interesse, das man Mallagan entgegenbrachte, und weitere Teilnehmer der Lugosiade, die ähnliche Fähigkeiten beweisen wollten, fanden sich in der Umgebung des Pavillons ein. An einem anderen Ort feierte Doevelnyk Triumphe - wobei es fraglich war, ob er etwas davon verspürte. Der Tart hatte sich einschläfern lassen und spielte im Traum Martha-Martha gegen ein Rechenzentrum und mehrere hundert seiner Artgenossen. Er hatte vorher angekündigt, daß alle Einzelspiele Zusammenhänge in der Strategie erkennen lassen würden, es sich also eigentlich um ein einziges, unglaublich verwickeltes Spiel handelte. Es gab die Möglichkeit, genau zu verfolgen, was auf den anderen sechs Plätzen geschah. Die beiden Betschiden machten von diesem Angebot Gebrauch. Die Eindrücke, die sie sich von Doevelnyks Traum-Martha-Martha verschafften, liefen darauf hinaus, daß alle Beteiligten den Tart förmlich anbeteten.
Im übrigen lief nicht alles reibungslos ab, es kam hier und da zu Pannen und kleineren Katastrophen. Ein Teilnehmer rühmte sich, anderen seinen Willen aufzwingen zu können.
Er demonstrierte das zunächst an einzelnen Personen. Dann nahm er es mit einer ganzen Schar von Zuschauern auf. Er befahl ihnen, stocksteif stehenzubleiben, was immer auch geschehen mochte, und sich erst wieder von der Stelle zu rühren, wenn er den Befehl dazu gab. Der erste Teil der Demonstration gelang auch fabelhaft, aber offenbar hatte der arme Kerl sich übernommen. Kaum stand sein Publikum wunschgemäß da, da fiel er in Ohnmacht. Alle Versuche, den Bann zu lösen, schlugen fehl. Man brauchte fast zwei Tage, um den Pechvogel wieder ins Leben zurückzurufen. Eine ganze Anzahl von Zuschauern mußten sich in ärztliche Behandlung begeben - viele waren völlig entkräftet, andere hatten über psychische Folgen zu klagen.
Verschiedentlich kam es zu Bränden. Einer von denen, die behaupteten, aus eigener Kraft fliegen zu können, stürzte ab, als das winzige Gerät versagte, daß er in seinem Körper verborgen hatte. Ein Prodheimer-Fenke, der seit Beginn der Lugosiade an einem Turm aus dünnen Metallstäben gebaut hatte, die nicht miteinander verbunden, sondern nur sorgfältig ausbalanciert waren, verlor die Kontrolle
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