1061 - Beherrscher des Atoms
den Sehorganen aus, orientierte sich und berührte dann mit einem Tastfühler den Sensor, der die Aktivierung des Kommunikators bewirkte.
Der Bildschirm wurde hell. Auf ihm erschien das Abbild des Gesichts von Rano-Fer.
„Wie geht es deiner Haut, Sagus-Rhet?" erkundigte sich der Mentor mit dem auf Dargheta üblichen Gruß.
„Sie ist feucht und warm, Rano-Fer", erwiderte Sagus-Rhet. „Ich hoffe, deine Haut auch."
„Danke, es könnte ihr nicht besser gehen", sagte Rano-Fer. „Hast du deinen Körper mit Wasser und deine Seele mit Meditation gereinigt?"
Erst jetzt wurde es Sagus-Rhet bewußt, daß sein und Kerma-Jos Mentor nur zu ihm sprach.
„Hast du keine Verbindung mit Kerma-Jo?" erkundigte er sich.
„Nein, denn der Respekt vor einem angehenden Materie-Suggestor verbietet es, gleichzeitig mit ihm und einem anderen Dargheten zu kommunizieren. Ich habe Verbindung mit dir aufgenommen, weil die Hohen Wächter mir mitteilten, daß du in einem Zwanzigstel Tag im Haus der Inneren Kraft erwartet wirst. Ich bin zutiefst bewegt darüber, daß zwei meiner Kinder von der Unbeschreiblichen Kraft dazu ausersehen wurden, Materie-Suggestoren zu werden."
„Ich habe die Prüfungen noch nicht bestanden", erwiderte Sagus-Rhet zaghaft. „Wirst du bei mir sein, Rano-Fer?"
„Ich werde dich begleiten, aber zu den Prüfungen bin ich nicht zugelassen", antwortete Rano-Fer. „In zwei Tausendstel Tagen warte ich vor dem Großen Nordtor von Tufaan-Kerh auf Kerma-Jo und dich."
„Danke", erwiderte Sagus-Rhet beklommen. Er spürte, wie sich sein Eingeweidesack zusammenzog und die zwittrigen Geschlechtsorgane pulsierend gegen seinen Herzbeutel drückten, als sollte die Befruchtung um viele Tage zu früh stattfinden - alles Auswirkungen der Angst, die er plötzlich empfand.
Dennoch zögerte er seinen Aufbruch nicht hinaus. Er verließ die Schlafmulde, in der er meditiert hatte, rief seine drei persönlichen Tripliden zu sich und ließ sich von einem Schweber zum Großen Nordtor des Stadtkomplexes bringen.
Von der dortigen Kontrollstation erfuhr er, daß Rano-Fer bereits in einem Stadtzu-Stadt-Schweber außerhalb des Tores auf ihn wartete. Er veranlaßte seinen Schweber, aus dem Nordtor zu gleiten.
Draußen trafen ihn die Strahlen der blauen Riesensonne Xerasch mit erbarmungsloser Gewalt, und er zog sich so weit wie möglich zusammen, um seine Haut nicht zu stark austrocknen zu lassen. Zum Glück wartete Rano-Fers großer geschlossener Schweber nicht weit vom Ausgang des Nordtors entfernt über einer Lichtung im niedrigen dampfenden Dschungel, der, von zahlreichen kleinen Seen durchsetzt, Tufaan-Kerh als Naherholungsgebiet umgab. Unter seinem dichten Wipfeldach war es zwar auch heiß, aber so feucht und geschützt vor direkter Sonneneinstrahlung, daß optimale Lebensbedingungen für Dargheten herrschten.
Der Schweber landete in einem offenen Hangar und startete wieder, nachdem Sagus-Rhet ihn verlassen hatte. Sagus-Rhet ging durch den kurzen Korridor in die für sechs Passagiere ausgelegte Kabine, in der Bildschirme einen ausgezeichneten Rundumblick auf die Umgebung ermöglichten.
„Willkommen, Sagus-Rhet!" dudelte Rano-Fer. „Kerma-Jo wird auch bald eintreffen, dann starten wir. Nimm inzwischen Platz!"
„Danke!" erwiderte Sagus-Rhet.
Er kroch in eine der sechs Vertiefungen. Kurz darauf gesellte sich Kerma-Jo zu ihnen, und nachdem auch er eine Vertiefung aufgesucht hatte, gab Rano-Fer der Positronik des Schwebers den Start frei.
Das Fahrzeug stieg auf und fädelte sich in eine der unsichtbaren Luftstraßen ein, die für die Stadtzu-Stadt-Schweber reserviert waren. Um diese Zeit herrschte nur wenig Verkehr. Dargheten waren Nachtlebewesen, auch wenn es für ihre Natur nicht zwingend war, daß sie tagsüber schliefen. Aber die Arbeitszeit lag überwiegend in den Nachtstunden.
Sagus-Rhet blickte auf die Bildschirme, die die Oberfläche des neunten Planeten der Sonne Xerasch zeigten. Hinter dem Grüngürtel des Naherholungsgebiets von Tufaan-Kerh lagen die Sumpffelder, auf denen die blattreichen Nährpflanzen wuchsen. Andere Felder waren durch Gräben entwässert worden; dort wurden jene Pflanzen angebaut, deren Wurzeln und Knollen zu Nahrungsmitteln verarbeitet wurden. Es waren auch importierte Pflanzen darunter. Zahlreiche gestellförmige Agro-Roboter bewegten sich über die Felder, jäteten, düngten, pflegten und ernteten.
Der Schweber beschrieb eine weite Kurve, um Llagiis-Ghora zu umfliegen, einen der insgesamt
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