1112 - Der Silberne
nickte.
„Grundsätzlich hast du recht", gab er zu. „Dennoch würde ich dir raten, Ruhe zu geben."
Milton Lucas lächelte abfällig.
„Was heißt denn das?" fragte er. „Ich sehe, daß Freunde ihr Leben verlieren, und daß ihr Kommandant danebensteht und untätig zusieht."
„Verschwinde, Milton", sagte der Kommandant, „oder du lernst mich von einer anderen Seite kennen."
Der Positronikingenieur hielt plötzlich einen Energiestrahler in der Hand.
„Ich bin gekommen, um dich zu töten", erklärte er mit gepreßter Stimme. „Du bist eine Gefahr für uns alle. Man hätte dich niemals zum Kommandanten machen dürfen."
Arker Kwohn wurde blaß. Jetzt wußte er, daß er diesen kleinen, drahtigen Mann unterschätzt hatte, und ihm wurde klar, daß sein Leben an einem seiden Faden hing.
Milton Lucas bluffte nicht.
Seltsamerweise dachte Arker Kwohn daran, daß heute der 16. Juni des Jahres 426 NGZ war. Begonnen hatte die Auseinandersetzung mit Milton Lucas am 16. Mai, einen Tag nach der Katastrophe, als die FROST sich in der Galaxis M82 wiedergefunden hatte - nur wenige Lichtminuten von Einheiten der Endlosen Armada entfernt und weitab von jedem anderen terranischen Raumschiff.
2.
16. Mai 426 NGZ Seit nahezu 24 Stunden hatte Arker Kwohn die Hauptleitzentrale der FROST nicht mehr verlassen. Die Lage schien hoffnungslos zu sein. Das Raumschiff bewegte sich in einer Kreisbahn um einen roten Planeten und versteckte sich dabei zwischen Millionen von Gesteinstrümmern und Eisbrocken, die einen Ring um diese Welt bildeten.
Milton Lucas betrat die Zentrale, und Arker Kwohn spürte, daß etwas nicht in Ordnung war.
„Ich muß mit dir reden", sagte der Positronikingenieur. Er blickte auf die Bildschirme in der Zentrale, die ihm einen unmißverständlichen Überblick über die Situation vermittelten, in der sich die FROST befand. Tausende von Raumschiffen der Endlosen Armada bildeten ein schimmerndes Band, von dem nicht zu erkennen war, wo es endete. Der rote Planet wurde von vielen dunklen Flächen überdeckt, in denen es organisches Leben zu geben schien. Ein sternförmiges Gebilde von beachtlichen Dimensionen hob sich schwach von seinem tief roten Hintergrund ab.
„Wenn du etwas zu sagen hast, dann heraus damit", erwiderte der Kommandant.
Milton Lucas warf einen flüchtigen Blick auf die anderen Männer in der Zentrale und erklärte: „Es geht nur uns beide etwas an."
Kwohn glaubte, sich verhört zu haben. Ihm gingen tausend Gedanken durch den Kopf.
Er fragte sich, ob irgendwo etwas geschehen war, wodurch Milton Lucas in Verlegenheit gekommen war, doch ihm fiel nichts ein. Er konnte sich nicht erklären, warum der Ingenieur ein Gespräch mit ihm suchte.
„Na schön", sagte er schließlich. „Wenn du meinst..."
Er ging mit ihm in seine Kabine, überlegte kurz und bot Lucas dann einen Whisky an.
Die Flasche, in der nur noch ein kümmerlicher Rest war, enthielt eine Köstlichkeit, die Kwohn bisher mit niemandem geteilt hatte. Jetzt meinte er, Milton Lucas aufmuntern zu müssen.
Irgend etwas belastet ihn, dachte er. Und vielleicht ist es ganz gut, wenn ich ihm auf diese Weise zu verstehen gebe, daß ich nicht sein Gegner bin.
Der Positronikingenieur und er hatten in der Vergangenheit einige heftige Auseinandersetzungen gehabt, bei dem es ihm jedoch stets um die Sache gegangen war.
Für ihn war selbstverständlich, daß Lucas sich aus dem gleichen Grund engagiert hatte.
Der Ingenieur nahm das Angebot dankend an, stieß mit ihm an und trank den Whisky in kleinen Schlucken, die er auf der Zunge zergehen ließ.
„Könntest du jetzt zur Sache kommen?" Kwohn massierte sich die Augen mit den Fingerspitzen. Er war müde und erschöpft, und er wollte dieses Gespräch so schnell wie möglich hinter sich bringen.
Lucas deutete auf den Bildschirm, neben dem sie saßen, der jedoch dunkel war und kein Bild zeigte.
„Da unten auf dem roten Planeten gibt es eine Anlage, in der es von Positronik nur so wimmelt"
„Das sternförmige Gebilde?"
„Genau von dem spreche ich."
„Was ist damit, Mut?"
„Du weißt, daß du einige Computerexperten an Bord hast. Uns allen juckt es in den Fingern. Wir möchten, daß die FROST auf dem roten Planeten landet, damit wir die Anlage dort untersuchen können. Wir vermuten, daß es sich um einen riesigen Computer handelt. Wenn sich diese Annahme bestätigt, haben wir es mit dem wertvollsten Fund zu tun, den Terraner jemals im Universum gemacht haben."
Arker Kwohn
Weitere Kostenlose Bücher