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1137 - Einer gegen Terra

Titel: 1137 - Einer gegen Terra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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würde, um mit dem gesparten Reichtum etwas anfangen zu können. Natürlich standen ihm pro Monat fünf Tage Urlaub zu. Aber er hatte schon vor einem Jahr begonnen, auf die Nutzung dieses Privilegs zu verzichten. Sich fünf Tage den Wind der zivilisierten Welt um die Nase wehen zu lassen, war schön. Aber jedes Mal, wenn es galt, die Rückreise nach Südpatagonien anzutreten, fühlte er sich versucht zu desertieren. Um der Versuchung die Spitze abzubrechen, hatte er seit zwölf Monaten keinen Urlaub mehr genommen.
    Der einzige Nachbar der Zapfstation war ein alter, verschrobener Schaf-Rancher, der sich weder durch Geld noch gute Worte hatte dazu bewegen; lassen, seine Ranch aufzugeben. Pepe Aguirres anspruchsloses Wohnhaus lag zehn Kilometer weit in Richtung der Berge.
    Von Caafs Fenster aus war es gerade noch als winziger, weißer Punkt inmitten der gelbgrünen Einöde zu sehen. Und die häßlichen braunen Flecke, die weiter bergwärts wie Pockennarben das Grasland durchsetzten, das waren Pepes gewaltige Schafherden.
    „Ja", sagte Caaf laut und deutlich, als der Interkom zu summen begann.
    Die Videofläche leuchtete auf, und Lanai Rullos Gesicht materialisierte.
    Lanai lächelte auf die übliche stereotype Weise und verkündete: „Ein staatlicher Energieinspektor ist auf dem Weg hierher."
    „Der Teufel soll ihn holen", knurrte Caaf.
    In Wirklichkeit meinte er es nicht so. Der Teufel wurde hier unten im verlassenen Südpatagonien in jedem zweiten Satz zitiert. Das ergab sich so, wenn man des gottverlassenen Daseins überdrüssig war. In Wirklichkeit bedeutete der Besuch des Energieinspektors eine Unterbrechung der alltäglichen Monotonie.
    „Sie", korrigierte Lanai. „Der Teufel soll sie holen."
    „Oho, eine Frau?" Caaf horchte auf. Das ließ sich besser an, als er erwartet hatte.
    „Name?"
    „Racquel Vartanian."
    Gaaf schüttelte den Kopf. „Nie gehört."
    „Ich habe Auskunft über sie eingeholt." Im Lauf von achtzehn Monaten hatte Lanai Rullo ihre Effizienz auf ein Maß gesteigert, das Caaf mitunter unheimlich vorkam. „Sie gilt als scharf."
    Caaf zuckte mit den Schultern. „Stört mich nicht", sagte er. „Bei uns hier ist alles in Ordnung."
     
    *
     
    Als die Tür sich öffnete, wandte Caaf Siversen sich langsam und gemächlich um - wie es sich für einen leitenden Angestellten der Privatindustrie gegenüber einem Regierungsbeamten gehörte. Dann aber ging es wie ein Ruck durch ihn. Die Augen weiteten sich, und der Unterkiefer klappte ein Stück weit herunter, was zur Folge hatte, daß er eine Sekunde lang nicht wie ein Leitender Ingenieur, sondern eher wie ein geistig lädierter Sanatoriumsinsasse wirkte.
    „Oh", sagte er, nachdem er sich vom ersten Schock erholt hatte. Nur dieses eine Wort.
    Mehr fiel ihm nicht ein.
    Die Besucherin, lächelte ihn spöttisch an. „Was denn? Noch nie eine Frau mit Oberweite einhundertvier gesehen?"
    Immer noch ein wenig benommen, erhob sich Caaf Siversen aus seinem Sessel.
    „Racquel Vartanian, nehme ich an?"
    „Dieselbe", bestätigte die Frau. „Und du bist hier der Leitende Ingenieur? Caaf ...
    Caaf ..." Aus einer Tasche ihrer Montur zog sie ein kleines Stück Folie hervor. „Siversen?"
    Caaf nickte nur. Nach soviel Monaten erzwungener Enthaltsamkeit bereitete ihm der Anblick der Besucherin körperliche Pein. Racquel Vartanian mochte 1,70 Meter groß sein.
    Dunkles Haar fiel ihr in weichen Wellen bis auf die Schultern herab. Sie hatte große, ausdrucksvolle Augen - was man so einen „sprechenden Blick" nannte. Die fein geschnittene Nase paßte zu dem breiten, volllippigen Mund wie ein Daunenkissen unter den Holzhammer, aber gerade das verlieh ihrer Physiognomie etwas Exotisches, Aufreizendes. Sie trug den üblichen Anzug aus buntem Schmiegleder, aber an ihr wirkte er, als sei er mit Absicht um zwei Nummern zu klein gekauft worden.
    „Soll ich mich umdrehen, damit du mich auch von der ändern Seite begucken kannst?"
    fragte sie herausfordernd. Caaf schüttelte den Kopf, wie ein nasser Hund sich das Wasser aus dem Fell schüttelt.
    „Nein, verzeih. Ich wollte nicht... ich meine ..."
    „Verdammt einsam hier unten, was?" fiel sie ihm ins Wort.
    „Ja", antwortete er seufzend - erleichtert, daß sie soviel Verständnis besaß.
    „Nichts lenkt einen wirksamer ab als intensive Arbeit", sagte Racquel. „Wollen wir uns die Aufzeichnungen ansehen?"
    Caafs Blick fiel zuerst auf das Fenster - es war inzwischen dunkel geworden -, dann auf die Uhr.
    „Hast du schon

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