117 - Die Pranke der Sphinx
Vorhaben.
Schon in vier Wochen wollte er aufbrechen.
Die gesamte Ausrüstung war bestellt. Das Flugzeug, mit
dem sie fliegen sollten, stand bereits fest, ein Verbindungsmann in Kairo
sollte für zwei fahrbare Untersätze bester Qualität sorgen. Centis hatte sich
für zwei Landrover entschieden, mit denen er seinem Ziel so nahe wie möglich
kommen wollte. Auch der Punkt, wo diese Landrover dann zurückbleiben sollten,
lag schon fest. Auf Kamelen würde es weitergehen.
Schutzimpfungen wurden durchgeführt. Centis, ganz in
Gedanken, entging es, daß seine Tochter hin und wieder nicht zu erreichen war.
Auch sie ließ sich impfen. Franca Centis hatte eine
Entscheidung getroffen: sie würde ihren Vater auf keinen Fall allein reisen
lassen ...
Vier Wochen später erst merkte er es. Als die Maschine
abhob, wußte er es noch nicht. In achttausend Meter Höhe löste sich aus den hinteren
Sitzreihen eine junge, elegant gekleidete Dame und kam mit kleinen Schritten
nach vorn.
Der Platz neben Centis war frei.
»Gestatten, daß ich mich neben Sie setze?«
»Aber natürlich, bitte schön, ich ...« Da erst blickte
Mario Centis auf und wurde ihm bewußt, wer vor ihm stand. »Franca!« entfuhr es
ihm. Er zuckte zusammen wie unter einem Peitschenschlag. »Wie kommst du
hierher, was soll das Ganze, was ...?«
Unwillkürlich war seine Stimme lauter geworden. Seine
Tochter legte ihm den Zeigefinger auf die Lippen.
»Pst, die Leute! Was sollen die denken, Vater? Ich habe
für diesen Flug ebenfalls einen Platz gebucht. Nachdem du dich entschlossen
hattest, jeden Pfennig in dein Unternehmen zu stecken, nahm ich mir vor,
ebenfalls etwas von meinem Konto abzuheben, um davon wenigstens den Flug
bezahlen zu können. Die Proviantlisten, die ich zusammengestellt habe, sind so
manipuliert, daß die Vorräte für die vorgesehene Zeit für eine Person mehr
reichen. Ich möchte dabei sein!«
»Aber das geht nicht!«
»Warum geht es nicht? Du weißt, daß ich mich für
Ausgrabungen stets interessiert habe. Und da organisiert der eigene Vater aus
eigenen Mitteln eine, aber die eigene Tochter ...«
»Darum geht es nicht. Du weißt, wer alles daran
teilnimmt. Lauter Männer. Du wirst die einzige Frau sein.«
»Das weiß ich. Es wird mir nicht schlecht dabei gehen.
Jeder wird sich bemühen, mir den Hof zu machen, und sie werden sich alle von
der besten Seite zeigen.«
Franca setzte sich.
»Ich ... ich ...«
»Ich weiß, dir fehlen die Worte, und du denkst darüber
nach, wie du mich los wirst.
Ich muß dich leider enttäuschen, Vater. Es gibt keine
Möglichkeit! Aus dem Flugzeug werfen kannst du mich nicht, und zum nächsten
Flugplatz kannst du mich nicht zurückschicken. Da sind wir schon zu weit von zu
Hause weg. Es ist ein Non-Stop-Flug nach Kairo.«
Das war typisch Franca! Mario Centis lehnte sich
tiefatmend zurück.
Gegen derart selbständige Wesen ließ sich schlecht etwas
unternehmen.
●
Es verlief alles planmäßig. In Kairo traf Centis auf den
letzten wichtigen Teilnehmer, den er unbedingt dabei haben wollte. Philip Owl
stieß auf die Gruppe.
Im Flugzeug schon hatte Franca die Bekanntschaft Enio
Muratos und Carlo Zagettis gemacht. Das waren die beiden Männer aus Venedig und
Florenz, ehemalige Studienkollegen Centis', die kurzerhand in dieses Abenteuer
eingestiegen waren.
Owl war der jüngste der männlichen Teilnehmer. Mit seinen
sechsundzwanzig Jahren wirkte er aber älter, hatte ein wettergegerbtes Gesicht,
zahlreiche Stirnfalten und schütteres Haar. Er war stets zu einem Scherz
aufgelegt, ein begeisterter Kricket-Spieler und gab ehrlich zu, daß er diesen
Sport während der Arbeit in Ninive am meisten vermisse. Mehr noch als einen
ordentlichen schottischen Whisky und Frauen.
Eine Nacht nur blieben sie in Kairo. Programmgemäß ging
es am nächsten Tag weiter. Die Landrover waren bestens in Schuß, die
behördlichen Genehmigungen waren vorhanden, nichts mehr lag ihnen im Weg.
Centis, sonst ein amüsanter Plauderer, war während der
Reise merklich ruhiger und wurde noch ruhiger, je mehr sie in die Wüste
vordrangen, wo es weit und breit keine menschliche Behausung mehr gab. Einmal
sahen sie vorüberwandernde Beduinen, die hinter einer Düne verschwanden und
gegen die untergehende Sonne wie Scherenschnitte wirkten.
Drei Tage Fahrt lagen vor ihnen, dann machten sie Rast in
einer Oase. Hier nahmen sie frisches Wasser und die Kamele in Empfang.
Die Sonne brannte unbarmherzig. Unter den Blättern der
Palmen
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