1178 - Die vierte Weisheit
Augen weit genug offen hatten, um zu wissen, wo und wann sie mit Colonel Malone zusammentreffen konnten.
Sie würden ihre Forderungen stellen, und Onkel Ken würde darauf antworten, daß er zu nichts bereit sei, solange Belinda sich nicht in Sicherheit befand. Darauf kam es an, auf sonst nichts! Sobald sie Belinda freigelassen hatten, würde er zugeben, daß er die ganze Zeit über mit den Ganoven unter einer Decke gesteckt hatte - wenn es Onkel Ken nicht bis dahin sowieso schon wußte. Mochten sie dann mit ihm machen, was sie wollten.
Hauptsache, Belinda war wieder frei!
Ähnliche Gedanken, allerdings von einer anderen Warte gedacht, gingen Kenneth Malone durch den Kopf, während er die Gewehre aus dem Wagen holte. Das Motorengeräusch war weithin zu hören gewesen, besonders als er Gas gab, um aus der Sandfalle zu entkommen. Die Gauner steckten hier irgendwo in der Nähe. Wahrscheinlich hatten sie das Geräusch gehört. Was aber war mit Bob Ferguson und seinen Leuten? Die meisten von ihnen würden weiter oben am Sykes Creek warten, wo der Jagdausflug eigentlich hatte stattfinden sollen. Würde Ferguson rasch genug umgruppieren können?
Es wäre ein verflixtes Pech, wenn er Logan und seiner Horde in die Hände liefe, ohne daß Ferguson ihm helfen konnte. Aber jetzt war keine Zeit zum Nachdenken mehr. Die Entscheidung war gefallen. Was er jetzt noch brauchte, war eine Menge Glück.
„Hier hast du", sagte er und reichte Perry das Kleinkalibergewehr. Das unruhige Funkeln in den Augen des Jungen entging ihm nicht. Perry stand die Angst ins Gesicht geschrieben. „Den Proviant brauchen wir nicht. Eine Stunde werden wir wohl überstehen, ohne daß wir hungrig werden."
Er wandte sich an das Männlein.
„Ich danke für Ihr Angebot, Mister ... Mister... äh..."
„Ambush."
„Richtig. Ich danke Ihnen sehr, aber ich glaube nicht, daß Sie sich zu bemühen brauchen..."
„Wie Sie wünschen, Colonel."
Malone warf dem Asiaten noch einen verwirrten Blick zu, dann setzte er sich in Bewegung.
„Einen Augenblick noch, wenn ich bitten darf", rief es da hinter ihm.
Malone blieb stehen und drehte sich um.
„An Ihrer Stelle hielte ich mich weiter nach rechts", sagte Sato Ambush und wies mit ausgestrecktem Arm in nordwestliche Richtung. „Sie finden dort bald einen schmalen Fußpfad, der Sie rascher ans Ziel führt."
Bevor der Onkel noch reagieren konnte, marschierte Perry auf dem angegebenen Kurs davon. Kenneth Malone blieb nichts anders übrig, als dem Jungen zu folgen. Perry aber kam es plötzlich darauf an, jede Anweisung des geheimnisvollen Fremden so genau wie möglich zu befolgen. Er hatte den Eindruck, es könnte ihm nur Gutes daraus erwachsen.
*
Sato Ambush behielt recht. Fünfzig Schritte weiter stießen sie auf einen schmalen Pfad, der ein rascheres Vorwärtskommen ermöglichte. Zu beiden Seiten des Weges ragten die Wände des subtropischen Dschungels auf: Pinien und stachlige Palmen, vermischt mit Schlingpflanzen und niedrigem, hartblättrigem GEBÜSCH. Es war still in der Tiefe des Waldes - still bis auf das helle, durchdringende Summen der Moskitos, die an den beiden sorgfältig mit Insektenschutzmittel eingeriebenen Wanderern keinen rechten Geschmack fanden.
Es war heiß geworden. Sonnenlicht filterte durch das Blättergewirr des Waldes und schuf auf der Sohle des Pfades ein Ungewisses, grünes Dämmerlicht. Kenneth Malone blieb stehen und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
„Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr kommt mir die Geschichte wie ein verrückter Traum vor", murmelte er. „Perry, was haben wir hier verloren?"
„Wir gehen jagen, erinnerst du dich? Krähen und Eichhörnchen."
„Dort hinten steckt unser Wagen, bis zu den Achsen im Sand. Und nur weil ein asiatischer Eierkopf mir empfohlen hat, auf deinen Wunsch einzugehen, stapfe ich hier durch den Wald, als wäre nichts geschehen? Anstatt mich ans Radio zu hängen und den nächsten Abschleppdienst herbeizuzitieren?"
„Bitte, Onkel Ken...", sagte Perry und griff seine Flinte fester.
„Okay", brummte der Colonel. „Ich hoffe nur, du weißt, worum's hier geht."
Die Bemerkung hätte den Jungen normalerweise aufgeschreckt, klang sie doch so, als hätte ihn Kenneth Malone wenigstens zum Teil schon durchschaut. Aber Perry war so voller Angst und Ungeduld, daß er auf nichts mehr achtete außer auf den Weg und darauf, daß sie so schnell wie möglich mit den Leuten zusammentrafen, die Belinda gefangen
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