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1197 - Unhold in der Nacht

1197 - Unhold in der Nacht

Titel: 1197 - Unhold in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ich glaube auch nicht, dass Sie sich hierhin verlaufen haben.«
    »Nein…?«
    Sie saugte an der Zigarette, blies den Rauch weg und lachte. »Ich habe einen Blick für Menschen. Den bekommt man, wenn man in diesem Job so lange arbeitet wie ich.«
    »Da haben Sie Recht. Das glaube ich Ihnen voll und ganz.«
    Sie fragte mich jetzt direkt. »Hinter wem sind Sie her, Mister?«
    »Bitte?«
    »Ja, hinter wem sind Sie her?«
    Diesmal musste ich lachen. Es klang wenig echt. »Wie kommen Sie denn darauf, dass ich hinter jemand her sein könnte? Das müssen Sie mir erklären.«
    »Ganz einfach. Sie sind ein Bulle!«
    »Na denn.«
    »Stimmt's?«
    »Habe ich vier Beine?«
    »Hören Sie auf. Sie wissen genau, was ich meine. Wer hier in den Pub kommt und Wasser trinkt, der ist nicht zum Vergnügen hier, sondern geht seinem Job nach. Die Uniformierten kenne ich alle aus dieser Gegend. Das können Sie mir glauben. Sie sind ohne Uniform, Mister. Also müssen Sie schon was Besonderes sein.«
    »Möglich.«
    Sie drückte die Kippe aus. »Habe ich richtig getippt?«
    »Mag sein.«
    »Stellen Sie sich doch nicht so an. Ist ja keine Schande, zu den Bullen zu gehören.« Sie lachte hart.
    »Ich haben Ihren Kollegen sogar manchen Tipp gegeben. Es kann ja sein, dass ich Ihnen ebenfalls weiterhelfen könnte.«
    »Wäre nicht schlecht. Aber das glaube ich nicht. Ich warte hier auf eine Person, die mir weiterhelfen kann.«
    »Die kenne ich!«, behauptete sie im Brustton der Überzeugung.
    »Das glaube ich nicht.«
    »Wie heißt er?«
    »Es ist eine Frau.«
    Ihre Augen verengten sich. »Eine Nutte, die…«
    »Moment mal. Wie kommen Sie denn darauf?«
    Ihr Lächeln wurde wissend. »Hin und wieder verkehren hier Frauen, die ihr Geld eben auf diese Art und Weise verdienen. Ist ja nicht verwerflich. Ich sehe das sogar als eine soziale Tat an. Sonst wüssten die Kerle oft nicht wohin und machen noch Unsinn, der sie in den Knast bringen kann.«
    »Ich sehe das ebenso. Aber mit einer Dirne oder Hure bin ich nicht verabredet. Da können Sie ganz beruhigt sein.«
    Die Wirtin wusste nicht, was sie antworten sollte. Sie überlegte noch und schaute dabei zur Tür, die sich in diesem Moment geöffnet haben musste. Das sah ich an ihrem Gesichtsausdruck. Kühle Luft drang in das Lokal. Und mit ihm kam tatsächlich eine Frau. Ich sah es, weil ich mich gedreht hatte.
    Es war nicht Kelly O'Brien. Zudem war die Frau älter und besaß aschblonde Haare. Sie trug einen billigen Mantel aus Pelzimitat, schaute sich etwas gehetzt um, reagierte nicht auf die Anmache der Gäste und suchte zielsicher einen Platz an der Theke. Mich hatte sie bestimmt nicht gemeint, obwohl sie direkt auf mich zukam, aber die Wirtin dabei nicht aus den Augen ließ.
    Knapp neben mir ließ sie sich gegen den Handlauf fallen und umklammerte ihn.
    »Hallo, Marga«, sagte die Wirtin.
    »Gib mir einen Whisky, Cora. Aber einen Doppelten, den kann ich jetzt vertragen.«
    »War der Job so hart?«
    »Erst der Whisky.«
    »Okay.«
    Marga knöpfte auch den Rest ihres Mantels auf. Darunter trug sie ihre Arbeitskleidung. Eine Korsage und einen verdammt kurzen Rock. Als sie meinen Blick bemerkte, schüttelte sie den Kopf. »Irrtum, Meister, heute läuft nichts mehr.«
    »Das hatte ich auch nicht vor.«
    »Dann bin ich zufrieden.«
    Sie bekam ihren Whisky. Es war ein Doppelter. Sie trank ihn genussvoll und stöhnte auf, als sie das halbleere Glas zurück auf die Theke stellte.
    Cora blieb in der Nähe. Sie warf Marga einen fragenden Blick zu und rauchte wieder. »Du weißt, dass ich neugierig bin. Was ist passiert? Hat dich ein Freier fertig gemacht und…«
    »Hör auf mit dem Scheiß. Ich habe was gesehen.«
    »Und?«
    »Die Bestie!«
    Ich hatte meine Ohren gespitzt, und plötzlich sah ich, dass selbst Cora unter der Schminke blass wurde. Bei dem dick aufgetragenen Zeug war das schon ungewöhnlich. Die Antwort musste sie tief getroffen haben und hatte mich hellwach werden lassen.
    »Du spinnst.«
    »Nein, Cora.«
    »Wie sah sie denn aus?«
    Marga überlegte noch, ob sie weitersprechen sollte und schaute sich erst um. Mich sah sie länger an, rückte etwas ab und beugte sich über die Theke hinweg zu Cora hin, wobei sie mit der rechten Hand ihr Glas fest hielt wie einen letzten Halt.
    »Ich kann dir nicht sagen, wie er aussah. Ich… ich… konnte nur seinen Schatten sehen. Er war wahnsinnig groß. Der sah aus wie ein Bär oder so ähnlich. Aber ich habe ihn gehört.« Sie senkte ihre Stimme noch mehr.

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