1197 - Unhold in der Nacht
auch Atlantis gegeben?
Kelly begann zu frieren. Innerlich zog sich alles bei ihr zusammen. Sie merkte, wie sie die Angst in Stößen überkam, und immer öfter schlugen ihre Zähne aufeinander. Sie fühlte sich wie in einem Gefängnis steckend, und ihr wurde zudem klar, dass ihr der kleine Wagen keine Sicherheit bot.
Mit den Blicken maß sie die Begrenzungen der Gasse ab. Es war einfach zu eng. Wenn sie anfuhr, war es ihr nicht möglich, rechts oder links an der Bestie vorbeizufahren. Die brauchte nur einen oder zwei Schritte zur Seite zu gehen, um zuschlagen zu können. Mit ihren Kräften zertrümmerte sie auch ein Fahrzeug.
Ich muss etwas tun!, schoss es durch ihren Kopf. Ich kann einfach nicht so sitzen bleiben und darauf warten, dass etwas passiert oder eine Rettung aus anderer Hand kommt. Kamera und Camcorder hatte sie vergessen. In einer Situation wie der hier ging es um ihr Leben, und sie verfluchte innerlich ihre Leichtsinnigkeit.
Als sie den Motor anließ, merkte sie, dass ihre Hand zitterte. Die Angst hielt sie im Griff. Aber der Motor tat seine Pflicht und sprang an.
Vorfahren oder zurück?
Sie konnte sich noch entscheiden, denn die Bestie ließ sich Zeit. Sie hatte die Mitte der Gasse eingenommen und stand, als Gestalt wie aus einem bösen Märchen, im vollen Licht.
Das, Maul war weit geöffnet. Zähne schimmerten fast so weiß wie Schnee. Hin und wieder fuhr die Zunge als Lappen hervor, um den Geifer abzulecken, der sich um das Maul herum gebildet hatte.
Einige Tropfen klatschten zu Boden, doch daran störte sich die Bestie nicht. Sie hatte den Wagen und auch Kelly voll im Blick.
Durch den Körper der jungen Fotografin schoss ein Adrenalinstoß. Sie hatte plötzlich das Gefühl, abheben zu können und merkte, dass sich der Widerstandswille aufbaute.
»Ich schaffe es!«, schrie sie, um sich selbst Mut zu machen. »Ich will nicht so enden wie die anderen beiden, verdammt! Nein, ich will es nicht!«
Nach diesen Worten startete sie. Kelly fuhr nicht los wie normal, der Polo machte einen regelrechten Sprung nach vorn, wobei die Reifen fast durchzudrehen schienen, und dann glitt er auf der nassen Fläche direkt auf den Koloss zu.
Kelly O'Brien hockte völlig verkrampft auf ihrem Sitz. Die Arme hielt sie vorgestreckt und ihre Hände umfassten das Lenkrad so hart, dass die Knöchel unter der dünnen Haut scharf hervorsprangen. Die ersten Meter fuhr sie geradewegs, auf die Bestie zu, die ihrer Meinung nach noch größer wurde und ein viel mächtigeres Hindernis bildete. Es war zum Verzweifeln. Sie konnte das Untier nicht rammen, ohne selbst in Lebensgefahr zu geraten. Es gab für Kelly nur einen Ausweg. Sie musste an einer Seite vorbei.
Wieder gab sie Gas. Der Polo beschleunigte. Es sah so aus, als sollte die Bestie gerammt und zu Boden geschleudert werden. Genau das passierte nicht.
Im letzten Augenblick riss Kelly das Lenkrad nach links. Der Polo machte einen Sprung, und einen Augenblick später hörte Kelly die schrecklichen Geräusche, die entstanden, als sie an der Mauer entlangschrammte. Sie sah weiße und rosige Funken in die Höhe fliegen, als wären Wunderkerzen angezündet worden.
Auf keinen Fall durfte sie das Lenkrad loslassen. Sie bewegte es zuckend. Starrte nur nach vorn in das helle Fernlicht und wunderte sich, dass noch beide Lampen brannten.
Die Bestie war aus dem Licht verschwunden. Für einen winzigen Moment schoss Hoffnung in ihr hoch, denn sie sah die leere Gasse wieder vor sich.
Es passierte einen Herzschlag später.
Etwas krachte mit ungemein starker Wucht gegen das Heck des Wagens. Es war Kellys Glück, dass sie das Steuer so hart umfasst hielt, so konnte sie den Polo noch einigermaßen in der Spur halten, auch wenn dieser plötzlich über die nasse Fahrbahn schlingerte, als könnte er sich nicht entscheiden, gegen welche Seite er prallen wollte.
Sie hielt ihn in der Spur. Sie schrie dabei und erlebte den nächsten Angriff.
Wieder ein Schlag.
Diesmal an der Seite. An der rechten, an ihrer. Sie drehte den Kopf und sah die Gestalt wie angeklebt an ihrem Polo hängen. Wo sie sich festklammerte, bekam sie nicht mit. Sie wusste nur, dass die Bestie ihr Fahrzeug im Griff hatte.
Wellen der Panik schossen auf sie zu, aber sie überschwemmten Kelly nicht. Irgendwo behielt sie trotzdem einen klaren Kopf und tat in dieser Lage das einzig Richtige.
Sie riss das Lenkrad nach rechts und fuhr den Polo in einem spitzen Winkel auf die Rückseiten der Häuser zu. Das Fahrzeug
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