1210 - Todesgruß aus Aibon
damit!«
Suko ließ sich auch durch den scharfen Ton nicht aus dem Konzept bringen. »Der Mann heißt John Sinclair…«
Selina Green sagte zunächst mal nichts. Sie zeigte jetzt die andere Seite ihrer Schauspielerei und ließ auf ihrem Gesicht einen überraschten Ausdruck erscheinen.
»Sorry, Mister, aber der Name sagt mir nichts. Den habe ich noch nie gehört.«
Suko lächelte sie an. »Es ist nur komisch, dass ich Ihnen das nicht glaube.«
»Warum nicht?«
»Weil Sie einen gewissen John Sinclair heute Abend zum Essen eingeladen haben.«
Selina blieb zunächst stumm. Sie schaute Suko nur an und versuchte, so ungläubig wie möglich auszusehen. Irgendwann schüttelte sie den Kopf.
»Ich weiß nur ihren Namen, Suko, ich sehe Sie als Fremden in meiner Wohnung, und jetzt berichten Sie mir von einem Typen, dessen Namen ich nie zuvor gehört habe. Nehmen Sie es mir nicht übel, aber ich glaube, Sie sollten sich mal in einer bestimmten Klinik untersuchen lassen. Das ist besser.«
Sie log wirklich perfekt. Hätte Suko es nicht besser gewusst, er wäre tatsächlich darauf hereingefallen, so aber hatte er für diese Erklärung nur ein kaltes Grinsen übrig.
»Warum kann ich Ihnen nur nicht glauben?«, fragte er leise.
»Das ist Ihr Problem.«
»Schon, aber ich brauche eine Lösung.«
»Die kann ich Ihnen geben.«
»Gern, ich höre.«
»Verschwinden Sie. Hauen Sie ab. Sie sind unberechtigt in meine Wohnung eingedrungen und…«
»Sie könnten auch die Polizei holen«, sagte Suko lächelnd.
Selina starrte ihn an. Dann lächelte sie falsch. »Nein«, flüsterte sie, »sehe ich wirklich so aus, als hätte ich es nötig, die Bullen anzurufen? Ich habe bisher immer für mich selbst sorgen können, und das werde ich auch weiterhin so halten.«
»Das ist gut. Dann können wir reden.«
»Wenn ich das will!«
»Mal davon abgesehen, dass ich meine Gründe hatte, hier einzudringen, Sie haben zudem noch bestätigt, dass ich mich genau richtig verhalten habe.«
»Tatsächlich?« Die Frau legte den Kopf schief. »Da bin ich aber gespannt.«
Suko lachte ein wenig trocken. »Ja, das kann ich nachvollziehen. Ist es eigentlich normal, Mrs. Green, dass man in Ihrer Wohnung abgerissene oder abgehackte Hände findet?«
»Was meinen Sie damit?«
»Schauen Sie sich um.«
Selina wollte zunächst nicht. Sie suchte noch in Sukos Augen nach einer Spur von Falschheit, aber sie sah nur das etwas aufgesetzte Lächeln, und dem vertraute sie.
Zwei Sekunden später sagte sie nichts mehr. Da hatte sie die auf dem Boden liegende Hand entdeckt, und Suko hörte, wie sie scharf den Atem einsaugte.
Zum ersten Mal seit ihrem Zusammentreffen schien sie wirklich überrascht zu sein. Dieses zurückgebliebene Detail wartete förmlich auf eine Erklärung, die Selina im Moment nicht geben konnte. Ihr Gesicht nahm einen noch härteren Ausdruck an, und sie presste die Lippen zusammen.
»Kennen Sie die Hand?«, fragte Suko.
»Kennen Sie sie?«
»Ich habe Sie gefragt, Selina.«
»Lassen Sie diese vertraute Ansprache. Ich bin für Sie nicht Selina. Damit Sie zufrieden sind, Suko: Ich kenne die Hand nicht. Ich weiß auch nicht, wie sie in meine Wohnung gekommen ist. Sehen Sie.« Selina streckte Suko die Arme entgegen und spreizte dabei die Finger. »Ich besitze meine Hände noch.«
»Klar, mit der auf dem Boden haben Ihre auch keine Ähnlichkeit. Aber sie muss jemandem gehört haben, denn es ist auch keine künstliche Hand. Zudem war derjenige, dem sie gehörte an das Couchbein gefesselt, und er hat sich befreien können. Aber jetzt ist er verschwunden, ebenso wie mein Freund John Sinclair, den Sie zum Essen eingeladen haben.«
»Ich kenne ihn nicht.«
»Hören Sie auf. Es gibt Zeugen, und ich will von Ihnen wissen, wo er sich aufhält oder wo er sich aufhalten könnte. Ich werde nicht eher aus dieser Wohnung verschwinden, bevor ich es weiß. Das sollte Ihnen klar sein.«
»Ja, ist es auch.«
»Wunderbar.«
Selina Green wusste nicht, was sie antworten sollte. Sie durchquerte das Zimmer, bewegte sich dicht an der Couch entlang und strich dabei mit den Fingern über den weichen Polstersamt hinweg. Sie wirkte dabei wie eine Frau, die sich ihre Antworten sehr genau überlegte.
Zwischen Couch und Schale blieb sie stehen. »Eine Frage noch. Wie heißt ihr Freund noch mal?«
»John Sinclair.« Suko machte das Spiel mit.
»Und er ist verschwunden?«
»Ich suche ihn.«
Sie nickte und sprach die nächsten Sätze mit veränderter Stimme. »Aber
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