1218 - Der Haluter Sokrates
allein mit dem Haluter, der als schwarzer Koloß vor dem Transmitter stand und sie mit seinen drei Augen abschätzend anblickte. Zwei seiner Augen waren rot, so wie es sein sollte, das dritte aber - das mittlere - war gelblich verfärbt. Der Haluter litt also an einer Heterochromie, einer bei diesem Volk extrem selten auftretenden Krankheit.
Atlan hob grüßend eine Hand.
„Ich bin überrascht, jemanden wie Sie hier zu sehen", sagte er höflich. Haluter bestanden nach wie vor darauf, in dieser Art angesprochen zu werden. Sie mochten sich nicht mit dem vertraulicheren Du anfreunden. Doch dieser Haluter war anders als die anderen, die der Arkonide kannte. Er hob abwehrend die Hände.
„Hier in der Tiefe ist es gebräuchlich, einander mit weniger höflicher Betonung anzusprechen", erwiderte er. „Mein Name ist Domo Sokrat. Ich bin den halutischen Traditionen nach wie vor tief verbunden, erlaube euch jedoch, mir gegenüber das Du zu verwenden."
„Danke", sagte der Arkonide. Er stellte Jen Salik und sich vor, wobei er jedes Wort vorsichtig wählte. „Bist du der einzige Haluter, der hier lebt, oder werden wir das Vergnügen haben, noch weitere Vertreter deines Volkes kennen zu lernen?"
„Ich bin der einzige", betonte Domo Sokrat, „und ich werde dafür sorgen, daß es für alle Zeiten nur einen einzigen Haluter in der Tiefe geben wird."
Er entblößte die Doppelreihen seiner kegelförmigen Zähne, und ein dumpfes Grollen kam aus seiner Kehle. Es klang wenigstens so bedrohlich wie seine Worte.
Atlan lag die Frage auf der Zunge, mit welchen Mitteln er denn verhindern wolle, daß jemals ein weiterer Haluter in die Tiefe kam, sprach sie jedoch nicht aus.
Narr! rief der Logiksektor. Was überlegst du? Du kennst dich doch mit Halutern aus. Du solltest wissen, was er gemeint hat.
Atlan war verwirrt. Mit allem hatte er gerechnet, nur nicht damit, hier in der Tiefe einem Haluter zu begegnen.
„Wie um alles in der Welt ist das möglich?" raunte er Jen Salik zu.
„Ich kann es mir auch nicht erklären."
Schnaufend und keuchend kam Lofker hinter ihnen aus dem Transmitter.
„Immer mit der Ruhe, Domo Sokrat", sagte er. „Niemand wird gegen deinen Willen von dir verlangen, daß du dich vermehrst."
Atlan blickte ihn erstaunt an.
„Du weißt, was er gesagt hat?" fragte er. „Dann hast du uns belauscht?"
„Das war nicht nötig", erwiderte der Tizide. „Domo Sokrat erklärt jedem, dem er begegnet, als erstes, daß er der einzige seiner Art in der Tiefe ist, und daß das auch so bleiben soll."
Damit wurde die Bemerkung des Haluters nicht verständlicher. Lofker gab den beiden Rittern jedoch keine Gelegenheit für weitere Fragen. Mühsam nach Atem ringend schleppte er sich an dem Haluter vorbei.
„Kommt", forderte er. „Ich werde euch mit dem Leiter von Eugen-3 bekannt machen. Es ist Torleman. Ihr werdet noch Gelegenheit haben, Domo Sokrat näher kennen zu lernen."
Der Haluter marschierte mit stampfenden Schritten hinter Lofker her. Die beiden Ritter folgten in einigem Abstand. Sie argwöhnten, daß der Auftritt Domo Sokrats zu einem Test gehörte. Sie blieben vorsichtig. Noch akzeptierten sie die Existenz des Haluters nicht. Er konnte ebensogut eine Projektion sein, mit der sie getäuscht werden sollten.
Sie schritten über einen Gang, der wiederum seltsam gewunden aussah, als hätten sich die Perspektiven verzerrt.
Torleman war ein Tizide, der sich grundlegend von Lofker unterschied. Er war schlank, fast dürr und etwa drei Meter groß. Aus seinem Nacken wuchs eine kleine Hand. Das war das einzige, äußere Merkmal eines Selbstversuchs. Er machte einen frischen und tatkräftigen Eindruck, und er schien einem ganz anderen Volk anzugehören als Lofker.
Doch dieses Aussehen beruhigte Atlan und Jen Salik keineswegs. So unheimlich und abstoßend Lofker ausgesehen hatte, so gefährlich wirkte Torleman auf sie. Er schien durch keinerlei äußere Einflüsse belastet zu werden.
Er ist geistig reger als Lofker, erkannte der Logiksektor. Er ist nicht so leicht zu täuschen wie dieser. Ein unberechenbarer Mann, dem alles zuzutrauen ist.
Das gelbliche Auge Torlemans strahlte eine ungewöhnliche Kälte aus. Es ließ erkennen, daß der Leiter der Station Eugen-3 sich ganz sicher nicht von Gefühlen leiten ließ.
„Die Anwesenheit des Haluters hat euch überrascht", stellte er fest.
„Pas läßt sich nicht leugnen", erwiderte Jen Salik. „Haluter sind in unseren Universum bekannt und gefürchtet. Wenn sie der
Weitere Kostenlose Bücher