1247 - Aufbruch zum Vagenda
Kanonen, das Krachen der explodierenden Granaten endete, und nur noch vereinzelt fielen einige Schüsse. Dann endlich wurde es still.
Nun aber begannen die Rettungsarbeiten der Ärzte und Sanitäter. Die Auswirkungen der erbarmungslosen Kämpfe wurden deutlich, als man wenig später die Verwundeten an uns vorbeitrug. Ich machte mir Vorwürfe, weil es mir nicht früher gelungen war, die Schlacht zu beenden.
„Wo finden wir den Magister?" fragte Jen Salik.
„Einer meiner Offiziere wird euch zu ihm bringen", versprach der Oberbefehlshaber. Er befahl, Späh- und Sondierungstrupps auf das Schlachtfeld hinauszuschicken, da er einen Überraschungsangriff der Gegenseite befürchtete.
Bevor wir die Front verließen, blickte ich zur Gondel hinüber, die wie ein riesiges Stahlungeheuer auf dem Schlachtfeld ruhte. An ihren Flanken klafften zahlreiche Lücken, aus denen Rauchfahnen emporstiegen. Wir würden viel zu tun haben, um das Fluggerät wieder zu reparieren. In einigen Stunden waren diese Arbeiten ganz gewiß nicht zu bewältigen.
Der Magister war ein schwergewichtiger Mann mit langer, zottiger Mähne und wenigstens vier Symbionten unter der Haut Mag sein, daß er noch mehr hatte. Ich sah jedenfalls nur diese vier. Sie bewegten sich fließend unter seiner Haut und riefen ein gewisses Übelkeitsgefühl bei mir hervor.
Er empfing uns in seinem Palast, einem luxuriös eingerichteten Prunkbau, der erkennen ließ, daß die Machtstrukturen in diesem Bereich des Tiefenlands seit Jahrhunderten festgelegt waren - wenn nicht noch länger. Auf dem Weg zum Verhandlungssaal hatten Jen und ich eine Ahnengalerie durchschritten, die einige hundert Meter lang war.
„Ich fühle mich an die Erde erinnert", sagte der Terraner. „In einigen Herrscherhäusern soll es ähnlich gewesen sein."
Er wollte keine Parallele ziehen. Er wußte, daß dies ein äußerst gewagtes Unterfangen gewesen wäre. Dies war eine ganz andere Welt als jene, die er angesprochen hatte.
2.
Wir standen in einer prunkvollen Halle und blickten zu einer Empore hinauf, die sich etwa drei Meter über uns befand. An einem kunstvoll verzierten Geländer stand der Magister im Kreis seiner Berater und Mitarbeiter und blickte hoheitsvoll auf uns herab. Ich hatte gedacht, die Arroganz der Jaschemen sei nicht mehr zu überbieten. Als ich jedoch die Gesichter der Männer und Frauen hinter dem Magister sah, erkannte ich, daß es doch noch eine Steigerung gab.
„Man hat mir berichtet, daß ihr die Kämpfe unterbrochen habt", eröffnete der Herrscher das Gespräch, und seine Stimme ließ keinen Zweifel daran aufkommen, daß er unser Eingreifen in höchstem Maß mißbilligte.
„Genau das haben wir getan", bestätigte ich. Zugleich stiegen Jen und ich mit Hufe unserer TIRUNS auf, bis wir uns in gleicher Augenhöhe befanden wie der Magister. Ein empörtes Raunen ging durch die Reihen der Männer und Frauen auf der Empore. „Die Kämpfe sind sinnlos geworden, da dieses Reich und das deiner Feinde schon bald dem Graueinfluß erliegen wird."
Unwillig blickte der Magister uns an. Auch ihm gefiel nicht, daß wir seine Autorität in Frage stellten und uns nun auf gleicher Höhe mit ihm befanden.
„Die Kämpfe müssen bis zu ihrem Ende ausgefochten werden", erwiderte er energisch.
Dabei schlug er seine rechte Faust zornig auf das Geländer. „Die Ausen haben immer wieder Spionagevorstöße gegen uns unternommen. Sie haben unser Staatsgebiet verletzt und ihre militärische Überlegenheit schamlos ausgenutzt. Schließlich ist es uns gelungen, ein Spionagefahrzeug mitsamt seiner Besatzung zu überwältigen, das sich auf unserem Territorium befand. Die Ausen haben darauf mit einer militärischen Operation reagiert.
Das war der Beginn des Krieges. Wir können ihn nicht abbrechen, ohne unser Gesicht zu verlieren, und die Ausen können es ebenfalls nicht. Dieser Krieg wird erst enden, wenn eines von unseren beiden Reichen zerstört ist."
„Du scheinst nicht gehört zu haben, was ich gesagt habe", entgegnete ich.
„In einigen Tagen oder Wochen wird es weder dein Reich noch das der Ausen geben, denn beide werden von den Grauen Lords übernommen worden sein."
„Das wird meinem Bruder egal sein."
Ich blickte den Magister fragend an.
„Deinem Bruder?" erkundigte sich Jen. „Was hat der damit zu tun?"
„Er ist der Magister von Ausen."
„Dann sollte es erst recht kein Problem sein, den Krieg zu beenden. Warum schließt ihr keinen Waffenstillstand, der es beiden
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