1273 - Poker mit dem Tod
erlaubte. Er schaute aus reiner Gewohnheit in dessen Gesicht, in dem aber nichts zu sehen war. Es blieb so verdammt glatt und leicht glänzend, wie mit Öl eingeschmiert.
Der Reihe nach rutschten die vier Karten auf den Knöchernen zu, der sie locker an sich nahm und sie anschaute, bevor er die rechte Knochenklaue mit dem Blatt senkte.
Kids Karten lagen noch vor ihm. Er merkte wieder, dass sich der Schweiß auf seinem Gesicht vermehrte. Er musste sich wahnsinnig zusammenreißen, denn das Spiel war das Wichtigste in seinem bisherigen Leben. Wenn er das verlor, war sein weiteres Schicksal ungewiss, das auch mit der Ankunft im Sarg enden konnte.
Den behaltenen König hielt er zwischen seine Knochenklaue geklemmt. Die anderen Karten nahm er mit spitzen Fingern auf und wunderte sich darüber, dass er sie so gut bewegen konnte.
Karo-Bube!
Kid zuckte leicht zusammen, als er die erste Karte anschaute. Ein unbestimmtes Gefühl stieg in ihm hoch, das allerdings für ihn bestimmter wurde, als er sich die zweite Karte anschaute.
Herz-Bube!
Er stöhnte leise, bevor er mit den Spitzen der Klauen die dritte Karte anfasste und sie hoch hob.
Kreuz-Bube!
Selbst ihm als abgebrühtem Zocker fiel es schwer, nichts zu sagen. Wieder rann das Eis in einer kleinen Schicht über seinen Rücken hinweg, und als er die vierte Karte berührte, da zitterten seine Hände.
Er nahm die Karte auf.
Auf seiner Oberlippe lag ebenfalls der Schweiß.
»Dreh sie um!«
Er tat es. Es kostete ihn Mühe. Die Karte war plötzlich schwer wie Blei geworden. Er wusste, was ihn erwartete, er brauchte nur noch den endgültigen Beweis.
Er drehte sie um.
Der Kreuz-Bube!
Bei einem normalen Pokerspiel hätte der Spieler gejubelt. Zumindest innerlich. Hier aber konnte Kid das nicht. Er stand auf seinem Platz und merkte selbst, dass er blass wurde. Für einen Spieler war es nie gut, wenn er eine Reaktion zeigte, in diesem Fall jedoch konnte er sich nicht dagegen wehren.
Four of a Kind! Ein Vierer!
Er schluckte und schaute über die oberen Ränder der Karten hinweg auf seinen Gegner, der mit keiner Regung zu verstehen gab, was ihn berührte und ob ihn überhaupt etwas berührte. Die Augenhöhlen waren nicht leer. Tief darin lag die Schwärze. Möglicherweise bewegte sich dort etwas, aber das blieb ihm allein überlassen.
»Ist alles in Ordnung?« erkundigte er sich, und es klang wie der blanke Hohn.
»Ja, das ist es!«
»Schön. Dann decken wir unsere Karten auf. Immer abwechselnd, wenn du verstehst.«
»Keine Sorge, ich spiele lange genug!«
»Fang an!«
Kid Longo griff die erste Karte. Es war der König, den er behalten hatte. Die vier Bauern wollte er später und auch der Reihe nach langsam aufdecken.
»Das ist schon mal ein Beginn, mein Freund. Aber mach weiter. Wir wollen ja zu einem Schluss kommen.«
»Sicher, so muss es sein.« Kid griff nach der nächsten Karte und drehte den Karo-Bauer um.
Der Knöcherne hob nur die Schulter.
Longo legte den zweiten Buben auf den Tisch. Er zeigte die Farbe Herz.
»Sehr gut. Und jetzt den Rest!«
In den nächsten Sekunden lagen plötzlich die vier Buben auf dem grünen Filz, und Kid Longo schaute nach vorn, denn bisher hatte Almendo sein Blatt noch nicht aufgedeckt.
Das tat der Knöcherne jetzt.
Eine Kreuz-Sieben!
Das war nicht viel, aber Kid hütete sich davor, innerlich zu triumphieren.
»Weiter…«
»Keine Sorge, du bekommst mein Blatt schon früh genug zu sehen. Ein Vierer in Buben ist nicht so leicht zu schlagen, das muss ich schon sagen, Kid. Aber es gibt bessere.«
»Weiß ich.«
»Wie die, zum Beispiel!«
Und dann bekam Kid es Knall auf Fall. Die Knochenhand knallte die Karten auf den Filz, und Kid Longo hatte das Gefühl, als wäre ihm jede einzelne um die Ohren gehauen worden.
Vier Karten - vier Asse! Er hatte verloren!
Kid kannte das Gefühl, Das waren immer Augenblicke gewesen, da hatte er sich gewünscht, sich wegzaubern zu können. Das war ihm früher nicht gelungen, und das würde ihm auch heute nicht gelingen. Und so blieb er wie festgewachsen auf seinem Stuhl sitzen.
Er sah nur die Karten.
Vier Asse!
Sein Todesurteil!
»Und damit hast du den Jackpot verloren, Kid. Kein Ewiges Leben, keine Existenz, die stark macht und in der du trotzdem außerhalb der Gemeinschaft stehst. Verloren und damit ein Geschenk für den Teufel, mein Freund!«
Kid Longo hatte alles gehört. Trotzdem glaubte er noch immer, im falschen Film zu sein, auch wenn er seine Knochenhände sah und somit
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