1325 - In der Höhle des Löwen
»Bitte? Ein Mensch? Das kann doch täuschen in der Dunkelheit.«
»Er stand im Licht.«
»Auch da können dir Helligkeit und Schatten etwas vorspielen, Bill. Vielleicht hast du einen Baum gesehen und ihn verwechselt.«
»Wäre schön, aber ich kenne unsere Bäume. Da bin ich mir ganz sicher.«
»Und was willst du tun!«
»Nachschauen!«
Bill hatte mit Sheilas Reaktion gerechnet. Sie zuckte zusammen, und ihre Hand umfasste sein Gelenk noch härter.
»Das hast du doch nicht wirklich vor?«
»Ich muss Gewissheit haben.«
Sheila kannte ihren Mann lange genug. Wenn er so sprach, dann ließ er sich auch nicht durch Geld und gute Worte von einem Vorhaben abbringen. Sie gab innerlich zu, das er Recht hatte und wehrte sich auch nicht dagegen, als er seine Hand aus ihrem Griff befreite.
»Sei nur vorsichtig«, flüsterte sie ihm nach.
Bill enthielt sich einer Antwort. Er konzentrierte sich beim Gehen auf die Stelle, an der er den Mann oder die Gestalt gesehen hatte.
Sie stand nicht direkt im Schein einer Lampe, aber sie wurde von ihm gestreift, obwohl ihm ein mannshoher Busch schon mehr Deckung gab.
Bill erreichte die Tür, die ebenfalls zu der Glasfassade gehörte.
Sie konnte man mit der Hand öffnen. Kein Rollo war nach unten gezogen, obwohl das unter Umständen besser gewesen wäre. Das hätte die Mutationen sicherlich davon abgehalten, zu schnell in das Haus und damit in die Nähe der Menschen zu erlangen.
Bill schaute hin.
Nichts mehr zu sehen!
Nur der Busch stand dort, und dessen Blattwerk bewegte sich im leichten Wind.
Hatten ihn seine Augen wirklich so getäuscht? Er glaubte es nicht. Da war einer gewesen und hatte aus seiner Position her durch das Fenster in das Haus geschaut.
Er wollte es wissen. Er würde sich auch von Sheila nicht davon abhalten lassen. Außerdem war er bewaffnet und gehörte zudem zu den treffsicheren Schützen.
Bill öffnete die Tür.
Von Sheila kam kein Protest. Sie schien eingesehen zu haben, dass sie nichts ausrichten konnte.
Bill zog die Tür langsam auf. Alles war gut geschliffen und geölt worden. So entstand kaum ein Geräusch. Er streckte seinen Kopf nach draußen und saugte zunächst die frische Nachtluft ein. Die Wärme des Tages hatte sich zurückgezogen, aber den Duft der Sommerblumen noch nicht mitgenommen. Es wäre eine wunderschöne Nacht gewesen, die Stunden im Garten zu verbringen, doch Bill wollte sich nicht selbst in Gefahr bringen.
Noch blieb er in der offenen Tür stehen und konzentrierte sich auf die leere Stelle.
Der dunkle Garten lockte ihn. Er schien aus zahlreichen Stimmen zu bestehen. Flüstern, Wispern, Summen und Brausen. Aus allem schälte sich hervor, was die Natur von ihm wollte.
Komm… komm in den Garten …
Bill schwitzte. Er war innerlich angestrengt. Sein Puls ging schneller. Der kalte Schweiß störte ihn nicht. Mit der rechten Hand umklammerte er den Griff seiner Waffe, deren Mündung gegen den Boden wies.
Er blickte nach vorn.
Noch immer war die Stelle leer. Der Rasen sah aus wie ein dunkler Teppich, und auf der Oberfläche des Pools bewegte sich nichts.
Die Vampirmonster mit ihren grässlichen Gebissen waren auch nicht zu sehen, aber er glaubte nicht daran, dass sie sich zurückgezogen hatten.
Am Rand der Terrasse blieb er stehen. Ein Tisch, Liegestühle, zwei Hocker, ein fahrbares Tablett waren zusammengeschoben worden. Niemand hatte hier etwas verändert.
Bill blickte zurück in das große Zimmer. Sheila saß angespannt an ihrem Platz und schaute nach vorn. Der Reporter winkte ihr beruhigend zu. Bisher unterschied sich diese Nacht von keiner anderen.
Zumindest nicht in den letzten Minuten.
Aber es lauerte etwas…
Sein Freund John Sinclair verließ sich sehr oft auf sein Bauchgefühl. Darauf setzte Bill ebenfalls. Er war zwar kein Wahrsager und konnte nicht in die Zukunft schauen oder bemerken, was sich im nicht sichtbaren Bereich tat, aber auf sein Gefühl achtete er schon, und das war eben nicht besonders gut.
Die normale Stille kam ihm unnormal vor. Er ging noch etwas tiefer in den Garten hinein und war froh, dass die Tür wieder zugefallen war, ohne allerdings abgeschlossen zu sein.
Von seiner Position aus konnte er nach oben aufs Dach schauen, das er sich auch als Versteck vorstellen konnte.
Dort saß niemand!
Das hätte ihn eigentlich beruhigen müssen. Das war nicht so. Er traute seinen Feinden alles zu, und es gab auch genügend Verstecke in der nahen Umgebung.
Plötzlich hörte er das Männerlachen. Scharf
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