1335 - Mandragoros Liebeshexe
sich nicht als solcher. Er tauchte ein in eine andere Welt, obwohl die Welt um ihn herum die gleiche geblieben war.
Herrlich war es – so herrlich…
Ihr Mund näherte sich seinen Lippen. Er war halb geöffnet. Sie konnte nicht anders, sie musste ihn küssen, und Simmons merkte, wie gierig er darauf wartete.
Sie küsste ihn.
Es war wunderbar, als ihre Lippen sich auf seinen leicht bewegten. Sie glitten von einer Seite zur anderen, und dann erst schob sie ihre Zunge nach vorn.
Genau darauf hatte er gewartet. Er kannte es. Er empfand es einfach als fantastisch und zugleich unglaublich, von ihr geküsst zu werden. Es kam einem Wunder gleich. So wie er musste sich jemand fühlen, der in den siebten Himmel glitt.
Luke schloss die Augen.
Es war das Letzte, was er tun konnte, um sich ihr ganz und gar hinzugeben. Es gab für den Mann nichts anderes mehr, als nur noch die Zunge der Frau, die mit seiner spielte und sich dabei immer weiter nach vorn drückte, um seinen Mund mit kreisenden Bewegungen zu erkunden.
Er hatte seine Augen nicht schließen wollen. Das aber trat ganz automatisch ein. Sie fielen ihm wie von selbst zu. So war ein Sinn ausgeschaltet. Er konnte sich voll und ganz auf den Kuss und das Folgende konzentrieren.
Es folgte etwas. Weiterhin spielte die Zunge in seinem Mund eine sehr wichtige Rolle. Aber sie war jetzt anders oder hatte sich verändert. Zuerst glaubte er noch an eine Täuschung, weil er feststellte, dass sie die Weichheit verloren hatte.
War sie härter geworden?
Der Gedanke schoss durch seinen Kopf. Er wollte ihn sofort wieder verwerfen, was ihm nicht gelang, weil er sehr bald einsehen musste, dass er sich nicht geirrt hatte.
Sie war tatsächlich härter geworden, auch länger und zudem starrer!
Plötzlich schlug etwas Unsichtbares gegen ihn. Es erreichte sein Gehirn. Es sorgte dafür, dass der Zauber des Augenblicks verschwand.
Das war schlimm und…
Kein Atmen mehr. Nur noch schwach durch die Nase. Die Zunge wühlte in seinem Mund herum.
Aber sie war keine Zunge mehr, verflucht! Sie hatte sich in einen anderen Gegenstand verwandelt. Das war kaum zu erklären. Als würde sich ein Ast in seinem Mund bewegen.
Keine Luft mehr.
Dafür stieg die Angst in ihm hoch. Er geriet in Panik und glaubte, ersticken zu müssen. Luke wollte den nackten Frauenkörper von sich wegstemmen, was ihm nicht gelang. Er schien plötzlich doppelt schwer zu sein.
Ein Stoß mit der »Zunge«!
Nein, das war keine Zunge mehr. Das fühlte sich an wie ein starkes und spitzes Horn.
Noch konnte er schmecken. Und er schmeckte sein eigenes Blut, das aus einer Wunde im Mund rann.
Erst jetzt wurde ihm richtig klar, dass diese Liebesnacht nicht so enden würde, wie er sie sich vorgestellt hatt. Das war keine Zunge mehr in seinem Mund. Sie hatte sich in etwas anderes verwandelt, das er als hart und spitz empfand.
Die »Zunge« zog sich wieder zurück.
Für einen winzigen Augenblick schöpfte er Hoffnung, dass alles vorbei er. Er versuchte, den nackten Körper von sich wegzustemmen, aber ihm fehlte die Kraft. Er hatte seine Hände um die Hüften gelegt, aber er bekam die Arme nicht mehr gestreckt. Sie knickten ein, und zugleich rammte die »Zunge« wieder vor.
Es passierte etwas Seltsames. Alles bekam er so klar mit. Etwas explodierte in seinem Mund. Er bekam den wahnsinnigen Schmerz mit, der durch seinen Kopf jagte. Zugleich spürte er, dass sich sein Mund mit einer Flüssigkeit füllte, die nur sein eigenes Blut sein konnte. Etwas knirschte oberhalb des Gaumens zusammen. Er hörte das Brechen von Knochen und schaffte es nicht, die Augen zu schließen.
Er schaute starr in das Gesicht über ihm, das allmählich verschwand, weil es von den heraneilenden Schatten verschluckt wurde.
Die Starre in den Augen des Mannes aber blieb.
Diesmal jedoch war es die Starre des Todes…
***
Die fast nackte Frau blieb noch für eine gewisse Zeit auf dem bewegungslosen Körper des Mannes liegen. Es schien, als wollte sie sich ausruhen. Erst nach einer Weile drückte sie ihren Körper in die Höhe, und das geschah sehr langsam.
Ein Beobachter hätte sehen können, wie sich etwas aus dem Mund des toten Mannes löste.
Es war keine Zunge.
Aus dem Mund der Frau ragte ein leicht nach oben gebogener Gegenstand hervor, an dem das Blut klebte und der aussah wie ein beschmierter Ast, der von einem starken Stamm wuchs.
Liane richtete sich auf. Es war noch Platz genug, um ihre Hände rechts und links des Körpers abzustützen. Für
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