1364 - Auf den Spuren ESTARTUS
war das eigentlich kein Wunder. Mein Zustand konnte aber auch aus einem anderen Grund etwas schlechter als normal sein.
Auf Bentang hatten mir die Hauri eine Behandlung angedeihen lassen, um den erlittenen Strangeness-Schock des Wechsels von einem Universum in ein anderes schnell zu überwinden. Der Cybermed, die medotechnische Komponente des Pikosyns mit den zahlreichen Sensoren der Netzkombination, hatte damals diagnostiziert, daß mir nach der Behandlung nichts fehle.
Allerdings hatte er auch von einer geringfügigen Verschiebung der Frequenz in der hyperenergetischen Emission der Neuronen gesprochen, die nachzulassen schien.
Diese Auskunft hatte mich erleichtert. Eine kleine Unsicherheit war geblieben, denn was die Aussage des Cybermeds wirklich bedeutete, hatte ich nicht verstehen können. Die Möglichkeit, daß noch Auswirkungen auf mein körperliches und seelisches Befinden bestanden, konnte ich jedenfalls nicht zur Gänze ausschließen.
Es galt, in jeder Hinsicht wachsam zu bleiben, auch in bezug auf meinen Körper und meinen Geist. „Du kannst dich frei bewegen?" fragte LEDA. „Ich denke ja. Der Pikosyn soll eine geraffte Information für mich vorbereiten und sie senden, damit du über alle wichtigen Ereignisse seit unserer Trennung informiert bist."
„Einverstanden. Informationen sind immer wichtig. Ich kann dich aber sofort abholen", bot mir die Kapsel an.
*
Ich antwortete nicht spontan. Mein Blick ruhte nachdenklich auf Jordans schmalem Rücken. Was war jetzt richtiger und wichtiger?
Ylon mit dem Geheimstützpunkt der Hauri gab noch Rätsel auf. Und aus der angekündigten Ankunft Ren-Nos, des kartanischen Leiters des Anklam-Projekts, ließ sich vielleicht ein Zusammentreffen arrangieren. All das bot an, interessante Einzelheiten in Erfahrung zu bringen. Der Verräter Liutalf selbst hatte erklärt, daß Ren-No ihm dicht auf den Fersen sei, also nach Ylon kommen würde.
Wo befand sich die Zentralwelt der Kartanin, deren Koordinaten Ren-No ihm versprochen hatte?
Wo war die Zentrale Wissensautorität, von der der Projektleiter gesprochen hatte, und was stellte sie dar?
Mir lag viel daran, noch einmal mit dem Kartanin Ren-No zu sprechen und weitere Fragen an ihn zu stellen, denn er schien zu dem Personenkreis zu gehören, der bei dem dislozierten Wissen aller Beteiligten am Anklam-Projekt noch am meisten Informationen besitzen müßte.
Jedenfalls wollte ich das Anklam-System nicht verlassen. Andererseits war ich unabhängiger und beweglicher, in gewissem Maß aber auch gefährdeter, wenn ich mich wieder der Kapsel bediente.
Noch bevor ich eine Entscheidung fällen und LEDA antworten konnte, meldete sich der Pikosyn: „Geraffte Informationen abgesetzt. Keine Antwort."
„Keine Antwort!" echote ich mit leisem Spott. „Was soll das bedeuten?"
„Es bedeutet", erklang es aus dem winzigen Empfänger, der sich unterhalb meines rechten Ohres subkutan, also unter die Haut appliziert, befand, „daß die kurze Verbindung zu LEDA abgerissen ist.
Ich weiß nicht, ob sie meine Sendung ganz, in Fragmenten oder überhaupt nicht empfangen hat."
„Wie ist das möglich? Ist ein System defekt?"
„Das Autoanalyseprogramm ist bereits tätig. Jetzt meldet es wiederum, daß die technischen Systeme der Netzkombination sich in einem einwandfreien Zustand befinden. Das kann nur bedeuten, daß die Unterbrechung entweder von LEDA selbst herbeigeführt wurde, was ich aber für unwahrscheinlich halte, oder aber von einer anderen Seite bewirkt wurde."
Meine Überlegungen, wer mit dieser „anderen Seite" gemeint sein könnte, führten zu keinem eindeutigen Schluß.
Ich versuchte selbst mehrmals, in Kontakt mit der Kapsel zu gelangen, aber alle Versuche scheiterten. Mein grundsätzliches Mißtrauen war also doch nicht ganz unberechtigt gewesen.
Einer spontanen Eingebung folgend, tippte ich dem Roboter in den Rücken. „Heh, Jordan", stieß ich laut aus. „Ich hatte eben noch Kontakt mit meinem Raumschiff. Warum hast du ihn unterbunden?"
Das war natürlich mehr ein Bluff als eine tatsächliche Vermutung. Ich konnte ja nicht ausschließen, daß Liutalf und die Hauri, von deren fortgeschrittener Technik ich schon einiges zu sehen bekommen hatte (einmal ganz abgesehen vom Bentang-Störprojekt), die Urheber waren. Über welche Möglichkeiten die Diener des Hexameron hier auf Ylon verfügten, entzog sich meiner Kenntnis. „Ich verstehe dich nicht", quakte es dunkel aus den Hautfalten, in die sein Hals
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