14 - Unheimliche Schwestern
durchtrainiert.«
Das
Mädchen lächelte bloß.
»Wie
ist dein Name?«, fragte er.
»Was
ist denn schon ein Name?«, entgegnete sie, ohne den Blick von der Straße zu
nehmen.
Ȁhm,
weiß nicht.« Er spielte mit dem Radio herum. »Hast du einen CD-Player?«
»Na
ja, weißt du, ich mache meine eigene Musik.«
Während
Brian noch überlegte, ob er damit einen Smalltalk beginnen könne, lenkte seine
Fahrerin das Auto von der Straße auf einen ausgefahrenen, schmutzigen Weg, der
zu einem kleinen See führte. Der Wagen wurde durch die Schlaglöcher kräftig
durchgeschüttelt und kam endlich am Rande des Sees zum stehen. Das Mädchen
stellte den Motor aus und schaltete die Scheinwerfer ab. Ihr Blick war durch
die Windschutzscheibe auf den See gerichtet, als sie mit ihren rosa lackierten
Fingernägeln leise auf dem Lenkrad trommelte. Der Armreif funkelte wie von
einem fernen, geheimnisvollen Licht angestrahlt. Draußen bewachten Büsche und
Schilfrohre den See und tanzten im leichten Wind hin und her. Hin und wieder
blitzten die Augen kleiner Tiere zwischen den Halmen auf.
Das
geparkte Auto war Brians Startsignal, doch bevor er sich umdrehte, kam sie ihm
zuvor und nahm sein Gesicht in ihre Hände. Mit dem spitzen Nagel ihres
Zeigefingers fuhr sie ihm über den Nasenrücken. »Du bist wirklich ein
beeindruckender junger Mann«, hauchte sie ihm zu. Ihr Atem war so kühl und süß
wie der Wind im Frühling.
»Kein
Scheiß? Ich meine, ja klar«, stammelte Brian.
Das
läuft ja echt total und oberspitzenmäßig genial!
Der
Finger der Traumfrau strich an seinem Gesicht hinunter bis zu seinem Hals und
ihre andere Hand verkrallte sich in seinen Haaren. Während sie ihn an sich zog
und sanft seinen Nacken küsste, dachte er:
Mal
abwarten, bis ich Charlie und Greg von dieser Nummer erzähle. Diese Typen
werden sich noch wünschen, sie hätten sich selbst aus ihrer stinkenden
Dreckskarre geschmissen. Vollidioten, die werden schon noch…
Immer
noch seinen Nacken küssend, begann Brians Zufallsbekanntschaft, ihm eine
sanfte, entspannende Melodie ins Ohr zu summen, die er noch nie gehört hatte.
Seine Gedanken lösten sich auf wie Rauch in der Luft. Um wieder zu klarem
Verstand zu kommen, rückte er von ihr ab und schüttelte seinen Kopf. Fraß die
Extraportion Hot Dogs mit der extrascharfen Tabasco-Soße, die er sich zum
Abendessen gegönnt hatte, ihm gerade das Gehirn weg?
Aber
er fühlte sich nicht krank, bloß sehr entspannt. Ein bisschen schwindelig, aber
sehr, sehr entspannt.
Wow,
das läuft großartig, ging es ihm durch den Kopf. Ich bin der Hengst, der
Mega-Bringer, und sie hat mir das sofort angesehen.
Ihr
Mund kehrte an Brians Ohr zurück und summte erneut die Melodie. Doch das Gefühl
der Entspannung verließ ihn. Statt dessen breitete sich ein Gefühl in seiner
Magengegend aus, das einem üblen Anfall von Seekrankheit verdammt nahe kam.
Ihre Fingernägel berührten wieder seinen Hals, doch jetzt hinterließen sie
lange Risse, die wie Feuer brannten. Er wollte seinen Körper von ihr wegziehen,
aber er konnte sich nicht mehr erinnern, wie das ging. Er versuchte zu
sprechen, aber wusste nicht, was er sagen sollte.
Etwas
Feuchtes tropfte auf seine Schultern. Es kam aus seinen Ohren, dick und
flüssig. Was…?, rätselte er, aber auch dieser Gedanken war sofort wieder
verschwunden. Die Melodie in seinem Kopf wurde lauter, aber auch seltsamer. Sie
raubte ihm die Orientierung. Er glaubte, in ziemlichen Schwierigkeiten zu
stecken, war sich aber nicht sicher.
Plötzlich
wurde Brian aus dem Auto gezerrt. Sein Kopf schlug gegen Steine, Grashalme so
scharf wie Rasiermesser schnitten in sein Gesicht.
Er
fühlte, wie er in den See gestoßen wurde. Er versank in dem Schleim aus
Gänsekot und Algen. Er bekam keine Luft mehr. Das ranzige Wasser strömte in
seinen Mund und ließ ihn würgen, ließ ihn strampeln und wie wild umherzappeln.
Doch er konnte sich beim besten Willen einfach nicht mehr daran erinnern, wie
man schwimmt… Brian ertrank.
Während
seine Innereien begannen, aus Sauerstoffmangel zu brennen, während seine Lungen
aufschrien und implodierten, und seine Zähne wie aus freien Stücken damit
begannen, aus lauter kraftloser, schmerzerfüllter Hilflosigkeit seine Zunge in
Stücke zu reißen, konnte er inmitten dieses Infernos sie hören. Jenseits von
dieser schaumigen Wasseroberfläche drang ihre musikalische Stimme an
sein Ohr und mit dem entsetzten Rest seines Verstandes verstand er, was sie
rief: »Grüß
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