1435 - Tödlicher Frost
können.
»Das war da hinten, nicht?«
Jasper nickte.
Grassow drehte sich um. Es hatte sich nichts verändert, zumindest auf den ersten Blick nicht. Bis er genauer hinschaute und feststellte, dass der Alte seinen Kopf gedreht hatte.
Er schaute den Major direkt an.
Grassow trat zurück. Was er sagen wollte, blieb ihm in der Kehle stecken. Nur ein Gedanke beherrschte ihn – Flucht!
Jasper behielt die Nerven. Er hatte vorhin nicht die Wahrheit gesagt. Auf seinem Film befand sich noch eine Aufnahme, und die schoss er von der veränderten Haltung des Alten.
Der Blitz erhellte für einen Moment die nähere Umgebung, das war auch alles. Als der Alte seine Hände bewegte, da war es mit der Starre der beiden Soldaten vorbei.
Den Tapferen hält die Flucht am Leben. Man musste nur wissen, wann man sie antrat.
In diesem Fall war es für beide das Beste. Wegrennen, als wäre der Teufel persönlich hinter ihnen her. Aber sie mussten Acht geben, dass sie nicht stolperten und fielen, und schrien beide vor Erleichterung auf, als sie endlich im Freien standen.
Die Augen des Majors waren rot unterlaufen. Er atmete nicht mehr, er keuchte. Sein Gesicht war zu einer Grimasse geworden, und mit rauer Stimme fragte er: »Werden die Toten jetzt lebendig?«
»Ich weiß es nicht.«
»Aber der Alte hat doch gelebt?«
»Ich glaube ja. Er hat sich zumindest bewegt.«
»Gut, dann kann er zunächst der Anfang sein, sodass wir alles andere noch vor uns haben.«
»Was haben Sie vor, Herr Major?«
Grassow lachte. »Ich werde einen Bericht schreiben und ihn nach oben weiterleiten. Das hier ist eine verdammte Nummer zu groß für mich. Darum müssen sich andere Leute kümmern.«
»Sicher.«
Keiner warf mehr einen Blick zurück. Für die beiden zählte nur noch, dass sie so schnell wie möglich den Wagen erreichten und aus dieser Gegend verschwanden…
***
Der Major hatte seinen Fahrer dazu vergattert, über die Erlebnisse zu schweigen. Alles Weitere wollte er selbst in die Hand nehmen.
Und er hoffte, dass man ihm glauben würde.
Noch vor Sonnenuntergang schickte er ein Fax nach Moskau. Er hatte den Text zweimal geschrieben und setzte darauf, dass man ihm glauben würde. Die Fotos sollten nachgeschickt werden, aber zunächst musste die höhere Führungsspitze Bescheid wissen.
Grassow wartete auf eine Reaktion. In der Kaserne hatte sich noch nichts herumgesprochen. Sein Zimmer befand sich in einem Anbau, wo die Offiziere wohnten. Etwas bessere Räume. Da lagen keine Männer zusammen in den Buden.
Da die Heizung nicht richtig funktionierte und er trotz des Pullovers fror, holte er die Flasche mit dem Wodka aus dem Regal und gönnte sich einen Schluck. Eine Zigarette rauchte er auch, trank weiter und hoffte, dass sich seine Entdeckung nicht zu einem gewaltigen Ballon aus Ärger aufblähte.
Er überlegte immer wieder, wie seine Vorgesetzten, aber auch andere Stellen reagieren würden, wenn sie die Nachricht erhielten.
Wenn er selbst zu sagen gehabt hätte, dann hätte er eine Gruppe Soldaten in die Höhle geschickt um sie leer zu räumen. Aber das konnte er nicht riskieren. Außerdem hatte er so eine Ahnung, dass dieser Fund etwas ganz Besonderes war. Es war auch möglich, dass Jasper und er nach Moskau gerufen wurden, denn dort liefen alle Fäden zusammen, und er rechnete noch damit, dass sich der Geheimdienst ebenfalls einschaltete und ihnen einige Fragen stellen würde.
Die erste Nachricht erhielt er am späten Abend. Man wollte die Fotos haben. Mehr war nicht gefaxt worden. Kein Kommentar, keine Fragen, keine Forderungen nach weiteren Erklärungen.
Er hatte befohlen, die Fotos so schnell wie möglich zu entwickeln.
Darum hatte sich Jasper kümmern sollen, denn er war der Mann, der sich damit auskannte.
Der Major ging zu ihm. Tatsächlich hielt sich Jasper noch in der primitiven Dunkelkammer auf. Allerdings waren die Aufnahmen so weit gediehen, dass sie im Licht betrachtet werden konnten.
Jasper stand vor ihnen. Auf seiner Stirn glänzten Schweißperlen.
»Das ist der Beweis, dass wir nicht geträumt oder uns etwas eingebildet haben. Die Aufnahmen sind sogar recht gut geworden, auch wenn sie nur in Schwarzweiß sind.«
Der Major schaute hin und nickte. »Ja, das sehe ich. Man will sie in Moskau sehen.«
»Oh…«
»Nur die Fotos.«
»Wann?«
»Sofort. Ich werde sie faxen.«
»Und was passiert dann?«
Grassow schaute seinen Untergebenen fast wütend an. »Ich weiß es nicht. Ich bin kein Hellseher. Ich kann nur
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