1507 - Insel der Monster
hätte - hätte ...! „Jetzt hängen wir wohl auf Teffon fest, mein Kristallprinz?" fragte Kassian bedrückt.
Ich Wurde einer Antwort enthoben. Der Friedensstifter Aramus Shaenor meldete sich über Funk.
Ich war bereit, ihm zu antworten. Da man uns dadurch einpeilen würde, nutzte ich die Gelegenheit, die KARMINA per Hyperfunk anzurufen.
Wir brauchen eine solide Rückendeckung!
*
Er war allein gekommen - wie verlangt! Er hatte sogar den Treffpunkt akzeptiert, obwohl er in dem offenen Savannengelände keine Chance hatte, seine schießwütigen Klon-Söldner unbemerkt anfliegen zu lassen.
Um dennoch vor Überraschungen sicher zu sein, hatte Kassian zwei Mikrosonden auf den Weg gebracht.
Hinter uns lag das offene Meer. Der felsige Küstenstreifen bot notfalls gute Deckung. In Blickrichtung reichte die Ebene bis zum fernen Urwald. Wir hatten die Hügelkette verlassen und waren zu einer Position geflogen, die wir vom Landeanflug her kannten.
Kassian hatte sich gut erholt. Trotzdem benötigte er dringend eine umfangreiche Behandlung.
Aramus Shaenor lächelte, lachte, redete und überzeugte. Es war unglaublich, wie dieses Geschöpf seine Worte zu formulieren verstand.
Er war Jahrgang 1143 NGZ, erst sechsundzwanzig Jahre alt. Seine Stimme klang angenehm. Die herzförmige Rasur auf seiner Stirn schien die von dichtem Haarwuchs umgebenen Augen auf seltsame Weise hervorzuheben. Er war dabei, sein fraglos vorhandenes Charisma auf uns wirken zu lassen.
Kassian schaute den 1,81 Meter hochgewachsenen Friedensstifter schon mit einem Ausdruck ehrfürchtigen Erstaunens an. Das machte mich noch nervöser.
Vielleicht tat ich dem Purpurgekleideten unrecht. War er nicht in den Schußbereich unserer gefährlichen, hochmodernen Waffen gekommen, nur um uns zu sagen, wie entsetzlich wir uns geirrt hätten?
Wie ungewollt das Zusammenspiel unkontrollierbarer Zufälligkeiten zur schmerzlichen Niederlage der Vernunft geführt hätte?
Allein diese Formulierung machte mir seelisch zu schaffen. „Niederlage der Vernunft" - „Zusammenspiel unkontrollierbarer Zufälligkeiten", das waren Begriffe, die überzeugen konnten.
Ja, Shaenor gab zu, mit der Beschäftigung der Omni-600-Klone eine schwere Belastung auf sich genommen zu haben. Die Linguiden seien jedoch wegen ihrer angeborenen Friedfertigkeit nicht in der Lage, die Kranken in Liebe vor sich selbst zu behüten und zu umsorgen.
Umsorgen - Umsorgungsdienst - Geheimdienst - Qualen - Gewalt; das fiel mir dabei ein.
Klar verständliche Begriffe wie „Fehler" oder „Anwerbung" kamen nicht über seine stets lächelnden Lippen.
Er beschäftigte die Killer; er fühlte sich belastet, nicht etwa schuldig.
Ich begann, den feinen Unterschied in der Wahl der Worte zu begreifen. Gleichzeitig wurde mir bewußt, daß ich drauf und dran war, seinem Charisma zu unterliegen. „...stets zum Wohl unserer Schutzbefohlenen", hörte ich ihn sagen. „Bedrückende Trauer erfüllt unser Sein, denn jene, deren erkrankte Sinne die geklonten Bemitleidungsgeschöpfe zur Gewaltanwendung verführten, weilen nicht mehr unter uns. Euch seien die Taten eurer kreatürlichen Reaktionszwänge verziehen. Nur laßt uns jetzt den Irrtum klären."
Wie hatte er die Omnis genannt? Bemitleidungsgeschöpfe? Und sie seien zur Gewaltanwendung verfuhrt worden? Von den verformten Irren? „Ein gefährlicher Schwulst!" meldete sich mein Logiksektor. „Paß auf, Alter. Gleich kriegst du zu hören, daß die Killer gegen ihren Willen schießen mußten. Der Genieschwätzer findet für jeden Topf den passenden Deckel."
Die Mahnung wäre nicht mehr nötig gewesen. Ich erwachte wie aus einem Trauma. Er spürte es!
Er schien besondere Sinne für die Reaktionen seiner Zuhörer zu haben.
Das Lächeln blieb. Tief in seinem Augenhintergrund glomm aber etwas auf, was ich nur instinktiv erfaßte.
Aramus Shaenor witterte Gefahr. Ich begann auszubrechen. War er ein Mutant? Besaß er ungewöhnliche Psifähigkeiten?
Nein, auf keinen Fall. Das wußten wir mittlerweile. Seine Fähigkeiten waren normaler Natur.
Aber er war ein Meister der Rede. Er konnte es einfach besser als andere Leute.
Ich überwand den von ihm ausgehenden Bann. Ein Blick auf den Zeitmesser verriet mir, daß die KARMINA soeben die Umlaufbahn erreichte.
Ich hatte meiner Besatzung die Situation geschildert und besondere Richtlinien ausgegeben. Das Versteckspiel war vorbei.
Ich schaltete das Armbandgerät auf den leistungsfähigen Tornistersender und rief
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