153 - Das Ende der Technos
war seltsam gläsern, als er ihren Oberkörper hochzog, sie an seine Brust presste. »Es wird alles wieder gut, Mädchen«, sagte er und wiegte sie wie ein Kleinkind hin und her, »es wird alles wieder gut.«
9.
Der elfte Tag
Sir Leonard erzählte ihr, was passiert war. Wie sich die Bunkermenschen von Salisbury im Dunkeln ihrer ehemaligen Heimat gegenseitig fast ausgerottet und die letzten Überlebenden schließlich den Todesmarsch hierher nach London angetreten hatten, um sich mit der hiesigen Community zu vereinen.
»Alle sind sie tot außer uns zwölfen«, schloss er. »Duncan ist nicht wieder aufgetaucht. Vermutlich hat er sich irgendwo in der Dunkelheit verkrochen; der Bunker ist ja groß genug.« Sir Leonard zog ein finsteres Gesicht. »Soll er dort unten verrecken!«
Eve berichtete, wie es ihr und den anderen ergangen war.
Dass sie bereits kurz nach dem Ausbruch der Bunkerfehde den Weg nach oben gesucht hatten und mit einem Vorsprung von zwei oder drei Tagen hierher aufgebrochen waren. Davon, wie Su und Linus sich geopfert hatten und nun wahrscheinlich mit einer weiteren Barbarenhorde durch die Wälder zwischen Salisbury und London zogen. Sie erzählte auch vom Tod des Ehepaares Li und Mboto Donaghue.
Und was war mit Pat, dem Soldaten passiert? Sie konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern. Das Letzte, was sie wusste, war, dass sie zu zweit hatten aufbrechen wollen. Dann setzte ihr Erinnerungsvermögen aus. Irgendetwas von Bedeutung war da noch gewesen. Sie konnte sich allerdings beim besten Willen nicht mehr daran erinnern.
»Gut«, sagte Sir Leonard schließlich und kratzte sich nachdenklich mit der linken Hand am kahlen Kopf. Die rechte Hand hing hinab, als gehörte sie nicht zu seinem Körper. »Es sind nur noch zwei oder drei Kilometer bis zum Einstieg zur Londoner Community. Wir haben uns einen der Barbaren… aufgehoben, damit er uns vielleicht sagen kann, was dort unten vor sich geht.«
Eve richtete sich mühsam auf.
Ja, ihre Beine waren noch dran! Sie konnte es kaum fassen, war aber viel zu erschöpft, um sich darüber zu freuen. Vor mehr als zwei Stunden hatte ihr Peiniger den Serumsbeutel entfernt.
Ihre Chancen, die nächsten Tage zu überleben, standen laut Sir Leonard eins zu drei.
Sie weigerte sich, das Verhör des Barbaren mit anzusehen.
Nach einer Stunde wussten sie mehr.
»Die Londoner Lords haben, anders als in Salisbury, die Gelegenheit beim Schopf gepackt und die Bunkerangehörigen direkt angegriffen.« Müde blickte er in die kleine Runde. »Als die Pforten geöffnet wurden, haben sie ein Blutbad angerichtet. Es mag sein, dass irgendwo noch ein paar unserer Kameraden leben, aber wir sollten uns keine großen Hoffnungen machen.«
Der Prime straffte seinen Körper. »Wir werden dennoch hinabsteigen. Ich brauche fünf Freiwillige.«
Zögernd reckten sich mehrere Hände in die Höhe. Eve senkte den Kopf. Nie wieder, so schwor sie sich, würde sie eine dieser unterirdischen Städte betreten.
Was waren sie nur für ein erbärmlicher Haufen! Sie schüttelte unbewusst den Kopf. Ein paar Frauen, alte Männer, zwei Jugendliche. Dreizehn Verlorene, die Wissen und Fähigkeiten des technisch ausgebildeten Menschen ins 26.
Jahrhundert hinüber gerettet hatten. Und deren Verstand noch immer nicht akzeptiert hatte, dass ihre Zeit endgültig abgelaufen war.
Sir Leonard suchte sich seine Leute aus, verteilte die Waffen und hieß die Übriggebliebenen, ein Basiscamp einzurichten.
Dann marschierte er, gefolgt von fünf Technos, davon, erneut ins Unbekannte, um ein weiteres Mal dem Tod gegenüber zu treten. Keiner von ihnen wagte es, auf ein Wiedersehen zu hoffen.
Sarah Kucholsky übernahm an der Oberfläche das Kommando. Schon bald schallte ihre raue Stimme über das Gelände und vertrieb alle trüben Gedanken, die sich mit ihrem weiteren Schicksal befassten. Zu sechst verbrannten sie die Toten, rodeten das Gelände und machten sich daran, ein Lager zu errichten, das gegen angriffslustige Barbaren bestehen konnte.
Zwei Tage lang plagten sie sich, sammelten und jagten, vergruben sich in die reichlich vorhandene Arbeit. Nur nicht darüber nachdenken, was unter ihnen, tief in Londons Grund und Boden, passierte…
Einmal bebte die Erde. Seltsame Geräusche, von den Bäumen und Ruinenwänden ringsum hässlich verzerrt, drangen an ihre Ohren. Eine Katastrophe musste im Bunker passiert sein.
Noch eine.
Sie hofften und bangten, während sich Eve immer schlechter fühlte. Ihr Kopf
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