Das Höllenbild
Wenn ich mal krepieren sollte, nehme ich so viele Feinde wie möglich mit in die Hölle! Lautete die Devise der Terroristin Arlene Shannon. Sie hatte nie Gewissensbisse beim Töten gehabt.
Schon mit zwanzig hatte sie angefangen, jetzt aber, zehn Jahre später, war sie ziemlich down. All ihre Freunde waren von den Kommandos entweder getötet oder gefangengenommen worden. Sie, Arlene, hatte als einzige entwischen können – noch, doch sie wußte nicht, ob sie die Sonne noch einmal würde aufgehen sehen, denn die Verfolger waren ihr dicht auf den Fersen. Im letzten Augenblick war sie entkommen und in dem kleinen Boot aufs nebelverhangene Meer geflüchtet.
Sie hatte gehofft, darin verschwinden zu können, doch der fast leere Tank machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Sie konnte nicht mehr weit fahren, sie mußte genau auf den Schatten zulaufen, der vor ihr aus dem Nebel wuchs.
Arlene wußte, daß es eine dieser zahlreichen Inseln war, die wie Flecken vor der Küste lagen. Steine, Büsche, Bodenpflanzen. Ein menschenfeindliches Eiland, nicht für Einsiedler interessant.
Die rothaarige Frau mit der wilden Mähne steuerte das Boot auf die Insel zu. Es blieb ihr ja nichts anderes übrig.
Sie hielt das Steuer mit beiden Händen fest, die MPi hing über ihrer Schulter. Mit einem Schnellfeuergewehr und einer Pistole war sie auch noch bewaffnet. In ihrem Gesicht zuckte nicht ein Muskel. Die Augen mit den graugrünen Pupillen hielt sie verengt, sie fluchte leise vor sich hin, denn sie hätte gern gehabt, wenn sich der Nebel zumindest nahe der Insel gelichtet hätte, dann hätte sie sich einen Anlegeplatz aussuchen können. So jedoch war das Anlegen Glückssache.
Sie kämpfte sich vor, mußte auf die Wellen achten, die jetzt unberechenbar waren und auch mal quer gegen ihr Boot anliefen, so daß sie es regelrecht durchschüttelten.
Natürlich war die Insel eine Falle, das wußte die Rothaarige, aber sie konnte nicht zurück. Sie würde auf dem Eiland gestellt und vielleicht getötet werden. Arlene kannte sich aus. Die Jäger kannten wohl ebensowenig Erbarmen, wie sie es mit ihren Feinden gehabt hatte. Wie oft sie schön getötet hatte, meine Güte, sie hatte nicht mitgezählt, doch heute ging es um ihr Leben, und das versuchte sie zu retten.
Inzwischen war Arlene schon ziemlich nahe an die Insel herangekommen, um das Boot herum schäumte das Wasser.
Die Frau konnte auf der Insel jetzt einige Felsen erkennen. Davor befand sich tatsächlich ein schmaler Sandstrand.
Glück gehabt, verdammtes Glück. Aber nur eine knappe Galgenfrist bis zum Tod. Sie würde sich aber nicht einfangen lassen, um vor Gericht gestellt zu werden. Eher dachte sie daran, sich selbst die Kugel zu geben, sollte sie keinen Ausweg mehr sehen.
Eine größere Welle erwischte ihr Boot. Sie brandete dagegen wie ein heftiger Stoß, und Arlene konnte nichts machen. Das Boot und sie wurden nach vorn geschleudert. Das Meer spielte mit dem Boot, schob es zur Seite, und Arlene hörte ein häßliches Geräusch, als Metall über Stein schrammte. Jetzt ist es aus, dachte sie, jetzt hat das Boot ein Leck.
Sie verfiel nicht in Panik. Gerade ihre eisernen Nerven hatten sich in zahlreichen Einsätzen bewährt. Das Steuer hielt sie fest, während sie breitbeinig stand, den Blick geradeaus gerichtet und die Lippen zusammengepreßt.
Es war die Haltung einer Kämpferin, die das Leben gestählt hatte. Sie vertraute auch diesmal auf ihr Glück und fuhr weiter. Mit dem letzten Tropfen Sprit gelangte sie an den Strand und wußte nun, daß ihr Boot kein Leck bekommen hatte. Ein Schrei der Erleichterung drang aus ihrem Mund.
Eine Welle rollte von der Rückseite heran, packte das Boot und schob es voran.
Arlene hörte ein schleifendes Geräusch. Die Freude darüber ließ ihr das Blut in den Kopf schießen. Der Kiel des Bootes schleifte über den Grund, und noch einmal gab sie Gas. Auch das letzte Stück schaffte die Terroristin. Der Bug schnitt in die weiche Masse aus Sand, Tang und Muscheln, dann steckte das Boot fest.
Der Tank war leer!
Arlene Shannon war davon überzeugt, keine drei Meter weiter gekommen zu sein. Gern hätte sie das Boot versteckt, doch über die Kräfte eines Herkules verfügte sie nicht. Wenn sich der Nebel lichtete, würde es spätestens entdeckt werden. Und dann ging es um alles.
Gepäck hatte die Frau nicht, abgesehen von einem Rucksack. Bevor sie ausstieg, legte sie ihn an, turnte zum Bug, stellte sich dort auf die Bordwand und stieß sich
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