166 - Sohn dreier Welten
schmuggeln und dem Techno auszuhändigen, hatte ihn so nervös gemacht, dass er kein Gramm Krill herunterbekommen hätte.
»Ich hab's doch gesagt!«, murmelte Buki'pa neben ihm, als sich der Kopf eines einen Kriegers von dessen Hals löste und im hohen Bogen durch die Luft flog.
Klatsch! Buki'pa würgte. Quart'ol presste die Lippen aufeinander, stöhnte unterdrückt und schloss kurz die Augen.
Der siegreiche Kämpfer auf der Deichkuppe steckte sein Schwert in die Scheide und stieß einen Kriegsschrei aus. Dann tauchte er in der Finsternis unter. Der Schädel rollte derweil an Quart'ol und Buki'pa vorbei und klatschte ins Wasser.
Die beiden sahen sich an.
»Ich hoffe doch, du stimmst mir zu, dass dies kein guter Anfang für eine Hilfsexpedition ist«, sagte Buki'pa leise.
»Nun ja«, seufzte Quart'ol. »Kriegszeiten sind voller Risiken.«
Buki'pa presste die Lippen aufeinander. »Wieso habe ich nur das eigenartige Gefühl, dass es mich Kopf und Kragen kostet, wenn ich jetzt dort hinauf gehe?«
Quart'ol musste sich zusammenreißen, um keine der menschlichen Reaktionen zu zeigen, die ihm inzwischen in Fleisch und Blut übergegangen waren. »Wir haben einen Auftrag angenommen, Buki'pa«, entgegnete er ruhig. »Wir sollten erst dann umkehren, wenn unsere Zielperson tot ist oder unser Leben ernsthaft in Gefahr gerät.«
Buki'pa nickte. »So sei es.«
Manchmal, fand Quart'ol, konnte sein Gefährte ganz schön theatralisch sein.
***
Juni 2521
»Grao'sil'aana? Warum haben Bäume keinen Namen?«
»Sie benötigen keinen. Sie sind sich ihrer Existenz nicht bewusst.«
»Das sind Länder auch nicht, Grao'sil'aana. Warum haben Käfer eigentlich so viele Beine?«
Der Daa'mure blieb die Antwort schuldig. Er hatte am Morgen die Donau überquert und befand sich nun mit seinem Schützling auf bulgarischem Boden. Es wäre Grao'sil'aana nie in den Sinn gekommen, sich gegen einen Befehl seines Sol aufzulehnen, aber er hätte lieber ein Nest Daa'muren-Eier bewacht als diesen Jungen. Daa'muren-Eier blieben da, wo man sie ablegte. Sie fragten einem auch keine Löcher in den Bauch.
»Wie heißt das Land hier, Grao'sil'aana?« Duu'da hüpfte den steinigen Weg entlang. Ein Käfer brummte vor ihm her, tellergroß und grün gesprenkelt.
»Die Primärrassenvertreter nennen es Bul'gaa, und ich würde es vorziehen, diese Unterhaltung auf mentaler Ebene fortzuführen.«
»Warum?«
»Weil es sicherer ist.«
»Aber uns hört doch keiner!« Der Käfer nahm Kurs auf eine Sommerwiese. Duu'da rannte ins wogende Gras. Er jauchzte, als er hinfiel. Die ganze Welt war angenehm warm und grün – so grün! Man konnte bis zum fernen Horizont sehen, über Hügel und Täler, mal felsig, mal baumbestanden, und praktisch menschenleer.
»Du da! Ich wünsche, dass du zurückkommst!«, rief Grao'sil'aana.
»Warum?« Duu'da sprang hoch und fing den Käfer aus der Luft.
(Muss ich meine Anordnungen begründen?) Die drohende Stimme in seinem Kopf ließ den Jungen aufsehen. Grao'sil'aana stand am Wegesrand, beide Fäuste in die Seiten gestemmt. Er konnte nicht verärgert dreinblicken, weil sein starres Echsengesicht keine Mimik hatte. Aber die Farbschauer, die ihm über die Schuppen liefen, redeten eine deutliche Sprache.
»Komm ja schon«, murrte Duu'da und stapfte los, den Schopf interessiert über die Beute gesenkt. Sonne glänzte auf seinem schwarzen Haar. Der Käfer war viel zu groß für die zarten Kinderfinger und wehrte sich heftig. Duu'da legte ihm eine Hand um den Kopf und drehte sie um. Wieder und wieder.
»Er geht nicht ab!«, sagte er vorwurfsvoll und hielt den Käfer Grao'sil'aana hin. Wortlos nahm ihn der Daa'mure entgegen und brach ihn entzwei. Dann wanderte er weiter. Die Stücke fielen zu Boden.
Duu'das Augen wurden schmal. Er ballte die Fäuste, hob einen Fuß und trat mit aller Macht zu. Eine Käferhälfte zerknackte, die andere trudelte davon. Duu'da rannte hinterher und sprang wie besessen auf ihr herum.
Grao'sil'aana war stehen geblieben. (Warum tust du das?)
»Der Käfer ärgert mich!« Duu'da stampfte auf die zermatschte Hälfte, als wollte er sie durch den Boden treten.
(Das entbehrt jeder Logik! Wie kann dich etwas ärgern, das tot ist?)
Duu'da hob den Kopf. Seine Augen funkelten, und er schlug sich vor die Brust. »Ich wollte ihn töten! Aber er hat mich nicht gelassen!«
Grao'sil'aana stutzte. Er schien nachzudenken, sah sich um und kam plötzlich energischen Schrittes heran. (Zeig mir deine Hand!), befahl
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