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1665 - Boccus Traum

Titel: 1665 - Boccus Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Boccu die Stimme von Attan. Wie immer entstand sie mitten in seinem Kopf und breitete sich von dort bis in die entlegensten Zellen seines Körpers aus. Wie kann ein so unerschrockener, wagemutiger Nasran wie du Angst haben? „Ha ... habe ich gar nicht", murmelte Boccu. „Die anderen, die haben Angst."
    Wovor, Boccu?
    Das Zittern hörte allmählich auf. Boccu spürte die beruhigenden Ströme, die von seinem Geistvogel auf ihn überflössen. Da war jetzt nichts mehr von diesem schwarzen Etwas, das an ihm zog. „Wovor? Na, das weißt du doch selbst. Vor dem, was hinter ihrer Welt ist, vor der Anders weit, wie sie sie nennen. Sie glauben, daß jeder, der hinter die Grenze geht, für immer verloren ist."
    Ich weiß es, sagte der Geistvogel. Boccu kam seine Stimme, obwohl völlig lautlos, vor wie das Brausen eines heftigen Windes über den Tälern und Hügeln, die er gesehen, aber noch nie betreten hatte. Und er sah in seiner Einbildung, wie sich Attans Schwingen entfalteten und ihn über diese Länder trugen, immer weiter hinaus in die Welt... „Berichte mir vom Weiten Land", sagte der Nasran. „Du hast es versprochen. Man kann dort in die Ewigkeit sehen, stimmt das? Und es ist nicht weit von hier. Nur die Stämme in seiner Umgebung wissen von ihm und auch nur aus den Legenden. Niemand von uns war jemals dort. Und falls doch, dann ist keiner je wieder zu seinem Stamm zurückgekehrt."
    Das Weite Land ... Du möchtest es wirklich sehen, Boccu? „Ich will dorthin!" ereiferte sich der Nasran. Er schrie es fast, ohne daran zu denken, daß er seine Stammesgenossen aufwecken könnte. „Und ich werde eines Tages dort sein."
    Dann mußt du zuerst durch die anderen Länder, die hinter der Grenze liegen. „Ja, und? Das werde ich! Ich habe schon alles vorbereitet. Ich kann ... morgen aufbrechen, Attan. Du, Geistvogel, ich meine das ernst."
    Ich weiß, antwortete Attan. Ich weiß es schon lange. Es hat keinen Sinn, dich aufhalten zu wollen? „Ganz bestimmt nicht. Wieso fragst du das eigentlich? Du sollst doch mein Führer sein.
    Alles, was ich von der Welt draußen weiß, weiß ich von dir. Du bist weise und dir darüber im klaren, daß ich hier herausmuß!" Boccu erschrak vor der Heftigkeit, mit der er sich seinem Geistvogel mitteilte, aber er konnte sich jetzt nicht mehr bremsen. „Du hast mir die anderen Länder und Stämme gezeigt. Du hast die Sehnsucht gekannt, die in mir brannte, und du hast sie geschürt. Nun weigere dich bitte nicht, mich zu führen, wenn ich das mache, was ich einfach ... einfach tun muß!"
    Eine Weile lang schwiegen beide, der Nasran und sein Geistvogel.
    Dann sprach Attan: Es geschieht Merkwürdiges in diesen Tagen, Boccu. Und große Veränderungen werfen ihre Schatten voraus. Es ist nicht ungefährlich. „Nichts ist so gefährlich wie eine Sehnsucht, die unerfüllt bleibt, Attan", erwiderte Boccu trotzig. „Laß mich nicht hier, nimm mich mit. Oder ich werde verdorren wie eine Pflanze ohne Wasser. Das weißt du."
    Ich weiß es, ja, antwortete der Geistvogel. Und ich sehe dich bereits aufbrechen. Laß dich aber warnen, Boccu. Du spielst mit deiner Zukunft, du forderst das Schicksal heraus. „Zeige mir das Weite Land!" verlangte der junge Nasran. „Die Welten hinter dem Himmel und das, was noch dahinter liegt. Ich will das alles sehen! Zeige es mir, oder verlasse mich jetzt!"
    Ich zeige es dir, antwortete der Geistvogel, aber es schwang keine Freude in seiner lautlosen Stimme. Es war eher, als ergebe sich Attan in ein Schicksal, das selbst er, der mächtige Geist, nicht mehr beherrschen konnte.
    Er schickte Boccu die Bilder, die dieser so gierig erwartete, und diese Bilder zerbrachen die letzte Barriere in dem jungen Dritten, die ihn bisher immer davon abgehalten hatte, sich tatsächlich auf den Weg zu machen.
    Dann kam das wesenlose Schwarz zurück und verschlang den Geistvogel. Es dauerte nur wenige Augenblicke, dann war Boccu mit seinem Entsetzen allein. Das Schwarz gab sich nicht mit dem Geistvogel zufrieden. Es sprang auf den Nasran über und fraß sich langsam in ihn hinein.
    Boccu rannte laut schreiend aus seiner Höhle und auf den Dorfplatz hinaus. Die so kraftlos wirkenden Beine trugen den sackförmigen Körper wie zwei Hydraulikstützen, die sich in schnellem Wechsel und im genau richtigen Winkel schnell und kraftvoll bewegten.
    Er sah sich um, warf sich zu Boden und versuchte, das schwarze Nichts abzuschütteln, das ihn Stück für Stück zersetzte. Er schaffte es nicht, sah am Ende

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