1682 - Söldner ohne Auftrag
diesem ganz speziellen Bau zu tun haben, der als Kollektiv zu geistigen Leistungen fähig ist, wie man sie sonst nur bei sehr intelligenten Geschöpfen finden kann.
Vielleicht haben die Insekten bis dahin für sich die Hebelgesetze entdeckt, das Prinzip der schiefen Ebene. Möglich ist, dass die Statik ihres Baus so perfektioniert worden ist, wie wir es nur mit Hilfe von Syntrons berechnen können. Oder sie haben sich auf dem Gebiet der Ästhetik und der Kunst weiterentwickelt - und dies alles, ohne dass die Individuen über eine entsprechende individuelle Intelligenz verfügen würden."
Ich schob mich näher heran. „Könnte man diesen Insektenstamm dann als intelligent bezeichnen?" mischte ich mich ein. „Als Kollektiv? Ganz bestimmt", antwortete sie bereitwillig. „Es ist allerdings denkbar - und das wäre für uns eine wirkliche Herausforderung -, dass der Stamm dennoch keinen Begriff von sich selbst hat. Eine wirkliche praktische Intelligenz - aber ohne eine Ich-Identität. Wir könnten ihre geistigen Leistungen bewundern, aber vermutlich könnten wir mit dem Stamm nicht kommunizieren, weil er sich seiner eigenen Existenz nicht bewusst wäre."
„Wirklich erstaunlich", gab Perry Rhodan zu. „Auf dieser Welt könnte sich somit eine völlig neue Form von Intelligenz entwickeln", fuhr Fran aufgeregt fort. „In einer Art und Weise, wie wir sie bisher nicht kennen. Wenn ich daran denke, welche Entwicklung die Insekten von Coma-9 in einigen Jahrhunderten oder Jahrtausenden nehmen könnten..." Perry Rhodan blickte sie forschend an. „Das klingt, als wolltest du hier bleiben", sagte er nachdenklich. Fran senkte den Kopf und schüttelte ihn dann. „Nein", sagte sie leise. „Bei aller Wissbegier, aber das nicht." Sie hob den Kopf und deutete auf die Umgebung. „Es ist ein Paradies, gewiss, aber wenn ich Pech habe, müsste ich bis ans Ende meiner Tage hier leben. Oder kannst du mir eine Garantie geben, dass ein Schiff kommen wird, um mich wieder abzuholen?"
Perry Rhodan nickte langsam. „Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Coma-9 früher oder später wieder angeflogen werden wird", sagte er. „Vielleicht sogar von der BASIS. Aber eine Garantie? Nein, diese Zusage kann ich ehrlichen Gewissens nicht machen."
„Das wird auch nicht nötig sein", mischte sich jemand ein. Ich drehte mich um und erkannte Norman Glass, den ersten Piloten der ODIN. Er war leise und unbemerkt nä her getreten. Perry Rhodan blickte auf. „Ich habe eine Bitte", sagte Glass leise. Ich sah, wie sich Rhodans Gesichtszüge ein wenig anspannten, und ich ahnte, welche Gedanken ihn in diesem Augenblick bewegten. Jeder an Bord wusste, dass Norman Glass unheilbar krank war; selbst die fortgeschrittene Medizin des dreizehnten Jahrhunderts moderner Zeitrechnung war nicht imstande, ihn zu heilen. Fachleute hatten geschätzt, dass er noch etwa zwanzig Jahre zu leben haben würde. Das war beim Start der BASIS gewesen. Von diesen zwanzig Jahren waren nun weitere sechs Jahre verstrichen. „Ich höre", sagte Perry Rhodan knapp, aber mit deutlicher Freundlichkeit. „Ich bitte dich, mich vom Dienst zu befreien", sagte Norman Glass und blickte Rhodan in die Augen. „Ich möchte mein Leben hier beschließen, auf dieser paradiesischen Welt. Die Androgynen werden meine Gefährten sein, mir wird es an nichts fehlen."
„Außer an Menschen", antwortete Perry Rhodan ernst. „Die werde ich entbehren können", versetzte Norman Glass. „Du kannst dir doch selbst ausrechnen, wie es mit mir weitergehen wird. Der lange Rückf1ug zur Erde, Klinikaufenthalte ohne Ende. Du kennst doch die Mediziner und deren Ehrgeiz. Sie werden bis zuletzt versuchen, mir zu helfen, nicht zuletzt aus dem Grund, weil mein Tod ihren beruflichen Ehrgeiz kitzelt. Nein, bei diesem Spiel möchte ich nicht mitmachen."
„Das kann ich verstehen", gab Perry Rhodan zu. „Hier kann ich meinen Frieden finden", fuhr Glass fort; er zeigte ein dünnes Lächeln. „Mehr kann ein Mensch nicht verlangen."
„Ich bin einverstanden", sagte Perry Rhodan schließlich. „Es ist deine Entscheidung, du musst wissen, wie du dein Leben führen willst."
„Danke", beendete Glass leise das Gespräch. Er schritt langsam davon; wir blickten ihm nachdenklich hinterher. Vor allem Fran Golding...
4.
Coma-6, NGC 4973, 3. August 1209 NGZ Der Konvoi der Hamamesch näherte sich dem Asteroiden in langsamer Fahrt. Die Hamamesch hatten es offenbar nicht eilig. „Wann erwartet ihr eure Freunde?"
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