172 - Der Erzdämon schlägt zu
Hermano die Schwingungen gespürt hatte, die Cocos und Rebeccas Unterhaltung mittels der Kugeln erzeugt hatte, gab ihm zu denken. Er hoffte, daß Don Hermano jetzt in seiner Aufmerksamkeit nachließ. Immerhin hatte er Stoff zum Nachdenken über Luguri.
Olivaro ließ sich zu einem Lächeln herab.
Im Verunsichern anderer war er schon immer Experte gewesen. Und je mehr andere mit sich selbst beschäftigt waren, desto weniger konnten sie sich mit ihm befassen.
Er aber befaßte sich wieder mit seinem Analogzauber.
Rebecca machte sich Sorgen um Coco. Aber sie wußte, daß sie immer noch nichts tun konnte. Sie hoffte nur, daß ihre Vampirfledermäuse rechtzeitig eintrafen. Zwar hatte sie keinen Kontakt mit Eric aufgenommen, aber sie hoffte, daß dieser von sich aus spürte, daß die Zeit immer mehr drängte. Rebecca mußte eine Möglichkeit finden, die Festung für ihre Geschöpfe zu öffnen. Inzwischen wußte sie, daß der Sabbat in den Kellertiefen stattfinden würde.
Diese Sklavin Macaya… Vielleicht konnte sie Rebecca helfen! Die Vampirin nahm an, daß das Mädchen in der Nähe der anderen Gefangenen festgehalten wurde. Also begab sie sich dorthin. Alvarez Munante-Camaz kam ihr entgegen.
„Wohin willst du?"
„Ich wollte mir die Gefangenen einmal näher ansehen. Etwas dagegen?" fragte Rebecca schnippisch.
„Es gibt dort nichts zu sehen", erklärte Alvarez. „Sie werden sowieso nicht mehr lange dort bleiben und bald nach unten gebracht."
„Du willst mich also am Weitergehen hindern?"
Alvarez nickte.
„Ich weiß, daß Don Hermano etwas gegen dich hat", sagte er. „Und ich weiß auch, daß du die Vampirsippen Südamerikas gegen uns aufhetzt."
„Das ist nicht wahr", sagte Rebecca. „Ich versuche sie nur zu vereinigen."
„In der Praxis sehen wir alle im Moment keinen Unterschied. Wir können uns nur noch in unseren Festungen einigermaßen sicher fühlen. Und jetzt bist du hier. Das gefällt mir nicht. Ich hoffe, daß du Luguri während des Sabbats die richtige Antwort gibst."
„Worauf du dich verlassen kannst", zischte Rebecca.
Alvarez grinste. „Aber solange du keinen Eid geschworen hast, verbiete ich dir, dich in dieser Festung mehr als nötig zu bewegen. Hast du verstanden?"
„Höchstens Fernando, dein Vater, könnte mir hier etwas verbieten", erwiderte Rebecca stolz.
Und der ist tot,
fügte sie in Gedanken hinzu.
„Mein Vater ist auf Reisen, und solange befehle ich hier. Verschwinde in dein Quartier und zeige dich erst wieder, wenn Luguri und Don Hermano zum Sabbat rufen. Gehorche, oder ich lasse dich inzwischen in Ketten legen."
Das war mehr als deutlich. Rebecca preßte die Lippen zusammen. Sie befand sich in der schwächeren Position. Sie konnte nur darauf pokern, daß Luguri ihr freies Geleit gewährte, aber das hatte alles seine Grenzen. Alvarez besaß tatsächlich die Macht, sie vorübergehend einzukerkern. Und das wollte sie nicht riskieren.
„Eines Tages, Alvarez, sprechen wir uns unter anderen Voraussetzungen", sagte sie. „Dann unterhalten wir uns speziell über dieses Thema noch einmal." Damit kehrte sie ihm den Rücken und entfernte sich.
Sie wußte, daß sie selbst jetzt nichts mehr tun konnte. Sie war in all ihren Handlungen blockiert. Es war keine gute Idee gewesen, Luguris Ruf so schnell zu folgen. Und plötzlich war sie froh darüber, daß wenigstens Elia Gereon sich um Coco kümmern wollte. Er schien entschieden mehr Bewegungsfreiheit zu haben.
Rebecca suchte ihr Zimmer wieder auf und warf sich auf ihr Bett.
Plötzlich war sie nicht mehr sicher, daß alles nach ihren Wünschen verlaufen würde. Sie befand sich im Maul des Löwen, und das begann sich zu schließen.
Was würde bei der Begegnung mit Luguri geschehen?
Coco sah Dorians Gesicht über sich, als sie erwachte.
„Wir sind wieder da, wo wir angefangen haben", sagte der Dämonenkiller. „Oder irre ich mich da? Die Türen sind wieder verriegelt, du bist auch wieder hier…"
„Das Mädchen", sagte Coco. „Macaya. Sie haben sie erwischt." Sie richtete sich auf. „Ich weiß nicht, ob sie noch lebt. Aber sie werden sie befragt haben. Und dadurch ist unser Fluchtversuch im Ansatz zum Scheitern verurteilt gewesen."
Dorian preßte die Lippen zusammen. Er ersparte es sich, die alten Vorwürfe über den Leichtsinn von Cocos ursprünglichem Plan erneut durchzukauen. Das Risikospiel, das einfach schiefgehen mußte, hatte ihm von Anfang an nicht gefallen. Aber er kannte Coco. Sie hätte auf jeden Fall ihren Kopf
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