172 - Der Erzdämon schlägt zu
Wahrheitszauber Don Hermano anwandte, konnte er ihn stören, so daß die Neukonditionierung das Mädchen nicht tötete. Olivaro war nicht so vermenschlicht, daß es ihm nur darum gegangen wäre, Macayas Leben zu retten. Aber er sah sinnloses Töten nicht als notwendig an, und vielleicht konnte aus dem Mädchen noch eine wertvolle Verbündete werden.
Don Hermano führte seinen Gast in die Kellertiefen. Unter der Festung, gut vierzehn Meter unter dem Erdboden, breitete sich ein Raum aus, der die Größe einer Diskothek aufwies. Einige IndioSklaven waren damit beschäftigt, diesen Saal herzurichten. Um die Wände und Mauern aus grobbehauenen Steinquadern kümmerte sich niemand, aber über den rauhen Fußboden zogen sich bereits Linien und Symbole. In der Saalmitte erhob sich ein tief schwarzer Steinaltar mit Blutrinnen und stählernen Fesseln. Im Hintergrund wurde eine Art Thron errichtet. An einer Wandseite standen die Menhire mit den Näpfen. Luguris Blutorgel, auf der der Fürst der Finsternis schaurig virtuos zu spielen verstand.
„Oha", murmelte Gereon. „Luguri scheint es ernst zu meinen. Wo steckt er überhaupt? Du sagst, er sei längst da, aber warum zeigt er sich nicht?"
„Er wird seine Gründe haben, Elia", sagte Don Hermano nüchtern. „Ebenso wie einige andere der Gäste. Die Vampirin zum Beispiel, die du mitbrachtest. Hm, irgendwie fühle ich mich zurückgesetzt. Luguri kam, übernahm einfach das Kommando, bestimmte und lud auch noch über meinen Kopf hinweg Gäste ein. Freund - was würdest du an meiner Stelle dazu sagen?"
„Es gefiele mir nicht", sagte Gereon ehrlich. „Aber das hier ist doch auch nicht deine eigene Burg, nicht wahr? Steht die nicht in Brasilien? Was ist mit Fernando? Warum zeigt er sich nicht?"
„Er ist auf Reisen", sagte Hermano mißmutig. Olivaro grinste innerlich. Er wußte immerhin durch Coco und Dorian und Rebecca Bescheid. Aber es interessierte ihn einfach, ob sich Don Hermano auch ihm gegenüber so aus der Affäre zog oder ob er mehr verlauten ließ, zumal er versteckt Kritik an Luguris Verhalten geäußert hatte.
„Es dürfte keinen Sinn haben, mit Luguri zu reden und ihn auf verschiedene Dinge hinzuweisen", sagte Gereon. „Der Bursche hört ohnehin nicht darauf. Manchmal, Hermano, gefällt er mir auch nicht so sehr. Hekate oder selbst Asmodi II waren mir erfreulichere Herrscher."
„Rede du mir nicht von Asmodi II!" fauchte Don Hermano.
Olivaro zuckte mit den Schultern. Er prägte sich sehr genau ein, wo und wie Luguris Blutorgel aufgebaut worden war, welche Winkelverhältnisse zwischen Blutorgel, Blutaltar und Thron vorherrschten, welche Entfernungen, und er prägte sich ebenfalls die magischen Zeichen auf dem Fußboden ein, um einen entsprechenden Zauber wirken zu können. Als Don Hermano vorschlug, wieder nach oben zu gehen, wußte Olivaro alles, was er wissen wollte.
Die Teilnehmer am Sabbat würden eine Überraschung erleben.
Er fragte sich, ob Rebecca in der Zwischenzeit irgend etwas erreicht hatte. Er suchte seine Unterkunft wieder auf, schirmte sie sorgfältig gegen jegliche Beobachtungsversuche ab und bereitete sich darauf vor, allmählich aktiv zu werden. Der Abend rückte näher heran. Olivaro wußte zwar immer noch nicht, wer noch als Gast zum Sabbat erscheinen würde, aber er rechnete nicht mit sonderlich starken Dämonen. Entsprechend konnte er seine Pläne machen. Er würde ohnehin niemanden direkt angreifen.
Zwei Dinge waren zu tun: das Mädchen Macaya auf irgendeine Weise zu sichern und den Sabbatraum zu präparieren.
Olivaro machte sich ans Werk.
Die Festung war groß, und nur die wenigsten Räume waren tatsächlich bewohnt. Coco, tauchte in einer Kammer unter, die wohl seit Jahren niemand mehr betreten hatte. Der Staub lag fast zentimeterhoch. Sie atmete auf, wischte einen Tisch frei und begann die Kugel aufzubauen, die sie aus dem Koffer nahm. Sie legte sie auf das Tuch aus schwarzem Samt, zeichnete einen Kreis darum, eine Beschwörungsformel und das Zeichen der Zamis-Sippe. Dann nahm sie das Tarotspiel und wählte die sechzehnte Trumpfkarte, der sechzehnten Woche des Jahres entsprechend.
Dann rief sie Rebecca an.
Sie stellte fest, daß sie sich dazu beträchtlich anstrengen mußte.
Coco verwünschte diese Behinderung. Sie kam sich vor, als sei sie krank und schwach oder uralt.
Sie hoffte, daß sie Rebecca überhaupt noch erreichen konnte.
Aber dann kam der Kontakt. Er kam überraschend schnell und leicht zustande, als sei Rebecca
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