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178 - Die vergessene Macht

178 - Die vergessene Macht

Titel: 178 - Die vergessene Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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ganz richtig im Kopf sei. Als Bellard bejahte, sprang der Premierminister auf, rot im Gesicht und zutiefst verärgert.
    »Herr des Himmels, Mann!« Er paffte erregt an seiner Zigarre. »Wir stehen am Rande eines Weltkriegs, und Sie wollen Ihr Amt niederlegen? Möchten Sie Ihre Verlobte verlieren, auf den Titel eines Lords verzichten und von mir persönlich ins Gefängnis befördert werden? Für ein dämliches Schwert?«
    »Ich brauche die Maschine nicht für mich , Prime Minister!«, sagte Bellard. »Selbstverständlich bleibe ich im Amt. Ein anderer Custode wird das Schwert nach Java bringen.«
    Churchill begann durch den Salon zu stapfen, eine Hand auf dem Rücken. Er schien nachzudenken, und das war ein gutes Zeichen, auch wenn er dabei zornig mit der Zigarre herumfuchtelte. Asche fiel auf den Teppich.
    Bellard nutzte die Gunst des Augenblickes. Er erinnerte den Premierminister an die Jagd nach der Bundeslade und wie nahe man damals einer Katastrophe gekommen war, weil Churchills Vorgänger im Amt nichts von derlei Dingen wissen wollte.
    »Die frühen Custoden glaubten, dass Nuntimor magische Kräfte besitzt«, fuhr er fort. »Es gibt auch in der Tat ein paar Merkwürdigkeiten. Das Schwert sieht aus wie neu, dabei ist es eintausendfünfhundert Jahre alt. Und egal ob Krieg oder Karriere, nicht einer seiner Hüter musste sich je einem Gegner geschlagen geben.«
    Churchill schnaubte verächtlich. »Dann sollte ich wohl die Krauts zum Zweikampf fordern! Gute Idee, Bellard! Ich sehe schon die Schlagzeile: Premierminister verteidigt Grenzen mit antikem Schwert. Sagen Sie mal, sind Sie eigentlich noch bei Trost?«
    »Ja.« Bellard nickte. »Prime Minister, hier geht es nicht um die Rettung irgendeiner Waffe, es geht um England! Glauben Sie mir, dieses Schwert ist… ungewöhnlich!«
    Churchill brummte: »Und was nützt das Ding England, wenn es im Besitz der Custoden ist?«
    Bellard straffte sich. »Wir sind England, Prime Minister!«
    »Ja, natürlich.« Churchill ließ sich in den Sessel fallen.
    Er hielt einen Moment inne, dann hob er den Kopf und starrte seinen Besucher missmutig an. »Warum ausgerechnet Java?«
    »Dort gibt es ein Versteck, an dem das Schwert sicherer wäre als irgendwo sonst!«, erklärte Bellard eifrig.
    »Es heißt Borobudur, und wir kennen die Leute, die es bewachen.«
    Churchill stöhnte. »Noch eine geheime Bruderschaft?«
    »Nein, Mönche. Borobudur ist ein uralter Pyramidentempel. Man nennt ihn auch den Berg der Tausend Buddhas . Seine Außenwände sind mit Statuen bedeckt.« Bellard senkte die Stimme. »Aber wenn einer nachzählen würde, käme er nur auf neunhundertneunundneunzig! Der letzte der Tausend Buddhas ist im Inneren des Tempels verborgen.«
    Churchill nickte. »Verstehe. Es ist eine Statue aus Gold.«
    Bellard schüttelte den Kopf. »Es ist Siddhartha selbst. Man hat ihn tausend Jahre nach seinem Tod dort hingebracht.«
    »Lassen Sie mich raten: Die Leiche ist wundersamer Weise unversehrt.« Churchill warf einen Blick auf die Uhr. Er verlor sichtlich die Geduld, und Jonathan Bellard musste sich beeilen, wenn er noch etwas erreichen wollte.
    »Es sind Knochenreste, Prime Minister! Sehen Sie, der buddhistische Glaube…«
    »Oh, bitte! Verschonen Sie mich!«
    Winston Churchill zermalmte seine Zigarre im Aschenbecher, dass die Funken nur so flogen. Dann stand er auf. Er seufzte. »Also schön, Bellard, Sie kriegen Ihren Flug und die Papiere! Das Ganze ist zwar ausgemachter Humbug, aber zumindest in einem Punkt haben Sie Recht: Dieses Schwert gehört England, und ich will verdammt sein, ehe ich ein Stück Britannien den verfluchten Krauts überlasse!«
    Hier endete die Chronik von Nuntimor. Charles Bellard lächelte bei der Erinnerung an seinen Großvater Jonathan, an dem ein Schriftsteller verloren gegangen war, schloss das Buch und lehnte sich aufatmend zurück.
    Draußen dämmerte ein neuer Morgen. Das Feuer im Kamin war erloschen, und durch die betagten Fensterrahmen wisperte der Wind. Bellard dachte an Mordreds Schwert und an all die Männer, die es durch anderthalb Jahrtausende gehütet hatten. Manche waren damit einer Familientradition gefolgt. Frühere Generationen hatten an heidnische Götter geglaubt oder an die Rückkehr des Königs. Doch egal, was den Einzelnen zum Custoden werden ließ: sein Ziel war stets das gleiche.
    Macht.
    Bellard nickte versonnen. Was auch immer diesem rätselhaften Schwert innewohnte, es wirkte am stärksten, wenn Nuntimor in den Händen eines

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