1790 - Erst Feuer, dann Asche
noch jemanden, eine dritte Person, die er nicht kannte, die aber gefährlich sein sollte.
Sie hieß Justine Cavallo, stand auf der anderen Seite, ernährte sich vom Blut der Menschen, und er war gespannt auf eine Begegnung zwischen ihnen beiden …
***
Ich war mehr als froh, dass das Norwegen-Abenteuer hinter uns lag. Auf höherer Ebene hatte es da noch einige Verwicklungen gegeben, denen Suko und ich hatten entfliehen können, sodass wir in London waren und durchatmen konnten.
Wir hatten uns auch am Abend zum Essen verabredet, wobei uns Shao Gesellschaft leistete. Es gab da einen neuen Chinesen, dessen Kochkunst die beiden ausprobieren wollten, und dazu hatten sie mich als Tester ebenfalls mitgenommen.
Das Lokal war klein. Man aß in Nischen, in denen nur jeweils zwei Tische standen. Der zweite in unserer Nische war nicht besetzt, was uns sehr entgegen kam.
Natürlich redeten wir über diesen Andrax, der ein Gestaltwandler war. Er konnte verschiedene Aussehen annehmen, was schon ungewöhnlich war. Da Andrax auch noch auf der falschen Seite stand, hatte er uns schweren Ärger gemacht.
Hier in London hatten wir damit nichts zu tun, aber wir waren sicher, dass andere Aufgaben auf uns warten würden. Zunächst ging es ums Essen. Der Besitzer des Lokals hatte uns zu seiner Spezial-Ente geraten. Er sprach von einem perfekten Essen, das wir uns nicht entgehen lassen sollten.
Also stimmten wir zu, und der Besitzer zog sich mit glücklichem Gesicht in Richtung Küche zurück. Etwas warten mussten wir noch, aber die Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude.
Nimmt man ein Handy mit, wenn man ins Kino geht? Ja, aber man stellt es ab.
Gleiches gilt für das Theater oder sonstige Veranstaltungen, die durch nichts gestört werden sollten. Und was war hier?
Ich hatte es nicht getan. Allerdings erklang keine laute oder schrille Melodie, sie war auf leise gestellt worden, dennoch zu hören, was bei Suko ein Verdrehen der Augen verursachte und bei Shao recht scharfe Blicke.
»Sorry«, sagte ich und meldete mich dann.
»Ah, der Herr ist doch zu erreichen.«
»Hi, Bill.«
Ja, es war der Reporter Bill Conolly, mein ältester Freund, der mich anrief.
»Störe ich sehr?«
»Nun ja, wie man’s nimmt. Shao, Suko und ich sitzen hier beim Chinesen und wollten eigentlich etwas essen.«
»Wo finde ich das Lokal denn?«
Ich sagte es ihm.
Bill überlegte nicht lange. »Sheila ist für zwei Tage und zwei Nächte nicht da, und wenn ich dich so höre, dann bekomme ich einen Bärenhunger.«
»Sollen wir für dich noch eine Portion Ente mitbestellen?«
»Ja, das könnt ihr. Ich bin nicht zu Hause, sondern bei einem kleinen Verlag in eurer Nähe.«
»Dann fliege.«
»Mach ich doch glatt.«
Das Gespräch war beendet. Jetzt wusste ich zwar nicht, was Bill Conolly von mir gewollt hatte, ich ging aber davon aus, dass es sich um etwas Dienstliches handelte, sonst hätte er mit einem Anruf gewartet. Bill war ja ein Wühler, ein Schnüffler, ein Rechercheur, und das einer der ersten Garde, und er war immer darauf eingestellt, auf irgendwelche Fälle zu treffen, die uns beide etwas angingen.
»Was wollte er?«, fragte Shao.
Ich hob die Schultern.
Suko meinte: »Bestimmt nicht nur chinesisch essen. Der hat sicherlich noch was in der Hinterhand.«
Der Meinung war ich auch, konnte mir aber nicht vorstellen, was es war.
Als der Besitzer vorbeihuschen wollte, hielten wir ihn an und bestellten eine Portion nach, was ihn schon verwunderte.
»Meinen Sie, dass es zu wenig ist?«
»Nein, aber es kommt noch jemand nach«, sagte Shao.
Da war der gute Mann zufrieden.
Suko sprach mich auf mein Bauchgefühl an und bekam eine ehrliche Antwort, vor der ich allerdings mein Gesicht verzog.
»Ich fühle mich nicht besonders wohl, das gebe ich gern zu.«
»Du befürchtest Ärger?«
»Richtig.«
Welchen, das konnte ich nicht sagen. Zudem mischte sich Shao ein. Sie sprach davon, dass wir erst mal essen sollten und danach erst über die anderen Dinge redeten.
»Gute Idee«, sagte ich.
Shao hatte den Kopf gesenkte und schüttelte ihn leicht. Suko fragte nach den Gründen, aber sie winkte ab. »Nein, nein, lass mal gut sein.«
»Wie du willst.«
Ungefähr zehn Minuten später kam der Besitzer zu uns an den Tisch und zog ein langes Gesicht. Er sprach davon, dass er untröstlich wäre, aber die Ente müsste jetzt serviert werden. Man könnte nicht länger warten.
»Dann tun Sie es«, sagte Suko.
Der Meinung waren Shao und ich auch.
Dann
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