1790 - Erst Feuer, dann Asche
Die Verfolger hassten ihn, und er hasste sie. Er war so etwas wie ihr Todfeind. Das hatten sie bemerkt und sich zusammengefunden. Sie hatten einen Plan geschmiedet, ihn dann in eine Falle laufen lassen, aus der er zwar entkommen war, sich aber nicht hatte in Sicherheit bringen können. Er war zwar geflohen, doch nun saßen sie ihm wieder im Nacken.
Baxter kannte die Unterschiede zwischen ihm und den Blutsaugern. Er war ein Mensch, und seine Kraft war begrenzt. Er würde irgendwann erschöpft sein und zusammenbrechen. Dann hatte er keine Chance mehr, ihnen zu entwischen.
Und so rannte er weiter. Er hatte das Gefühl, zu dampfen, so sehr schwitzte er. Noch waren seine Schritte lang, das lag am Gelände, das im Moment abwärts führte. Er lief einen langen Hang hinab, der mit Gras bewachsen war. Genau dort, wo der Hang endete, gab es eine Grenze. Sie wurde von einem Bach gebildet. Danach konnte er dann weiterlaufen und den Wald anvisieren, der nicht allzu weit entfernt lag. Dort hätte er sich verstecken können, aber er glaubte nicht daran. Sie würden ihn immer finden. Die mörderischen Blutsauger würden seinen Lebenssaft riechen, auch das war ihm klar.
Er keuchte. Manchmal hustete er auch. Im Mund hatte sich eine Trockenheit ausgebreitet. Seine Beine bewegten sich automatisch, weil es bergab ging. Und er fragte sich, ob es ihm überhaupt möglich war, rechtzeitig zu stoppen.
Er schaffte es nicht. Nicht vor dem Graben. Zu sehen war er nicht, aber Baxter wusste, wo er sich befand. Noch war er überwachsen, erst im letzten Moment würde er in den Lücken das Wasser des Grabens erkennen. Er lief trotzdem – und trat ins Leere!
Aus seinem Mund löste sich ein Schrei, dann folgte ein Fluch, und er spürte wieder etwas Festes unter seinem rechten Fuß, das zugleich auch weich war. Platschen hatte er auch gehört, und dann hatte der Graben sich ihn geholt.
Zumindest hatte er den Eindruck, als er in die Knie sank und zugleich zur Seite kippte. Er schaffte es nicht, das Gleichgewicht zu bewahren, fiel nach rechts, streckte seinen Arm aus und tauchte hinein ins Wasser. Bis zum Ellbogen reichte es ihm, aber das war ihm in diesen Momenten egal. Hier ging es um sein Überleben.
Er raffte sich wieder auf. Die Tiefe des Grabens hatte ihm eine gewisse Deckung gegeben. Seine Verfolger würden ihn im Moment nicht mehr sehen können, aber das galt nicht für immer.
Seine Kleidung war nass. Sie klebte an ihm, was nicht zu ändern war. Er hätte jetzt an der anderen Seite aus dem Graben klettern können, aber das wollte er nicht. Noch nicht. Er fühlte sich schwach und wollte sich zudem einen Überblick verschaffen.
Er richtete sich im Brackwasser auf und brachte sich damit in eine gute Sichtposition. Wenn er seine Verfolger sehen wollte, musste er den Weg zurückschauen, den er gekommen war.
Baxter schob sich noch höher. Er hatte jetzt den Rand erreicht und schaute nach vorn. Die Sicht war frei. Wäre es hell gewesen, hätte er von einer perfekten Sicht sprechen können. Dem war nicht so, denn er war in der Nacht geflohen. Aber am Himmel stand ein fast voller Mond, der sein fahles Licht auf die Erde schickte. So schaffte er ein wenig Helligkeit, die sich wie ein Tuch über die Landschaft gelegt hatte.
Baxter beobachtete den Hang, der ihm auf einmal so weit und lang vorkam. Er war froh, dass sich sein Atem einigermaßen beruhigt hatte, und sogar lächeln konnte er wieder. Allerdings sah es sehr verbissen aus.
Kamen sie?
Im ersten Moment waren sie nicht zu sehen, was er gar nicht glauben konnte. Er wischte mit dem Handrücken über seine Augen und riskierte dann einen zweiten Blick.
Ja, jetzt war es besser. Jetzt sah er sie. Er hatte es gewusst. Sie waren nur recht schwer zu erkennen, weil sie dunkel gekleidet waren. Wäre das Mondlicht nicht gewesen, hätte er sie nicht erkannt, so aber sah er die Schatten den Hang genau auf sich zu hinab huschen.
Jerome Baxter machte sich keine Illusionen. Die andere Seite war stärker. Sie würde ihn immer finden. Er würde es nicht schaffen, ihr zu entkommen.
Über seine Lippen drang ein leiser Fluch. Er spürte das Tuckern in seinem Kopf, die Trockenheit im Mund, das Kratzen in der Kehle und den heftigen Herzschlag.
Dennoch behielt er die Ruhe. Er versuchte, seine Verfolger zu zählen, was nicht einfach war, weil sie sich schnell bewegten und fast mit der Dunkelheit verschmolzen.
Er kam auf die Zahl vier.
Dabei blieb es auch. Vier Blutsauger huschten den Hang hinab und hatten
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