1797 - Station der Roach
hinein.
„So warte doch", beschwerte er sich. „Was hast du denn?"
„Wer an Geister glaubt, gehört in Behandlung. Am besten bei Shanorathemas."
„Shanorathemas, ja. Wir sollten ihn aufsuchen. Ich will ihn sehen."
Colounshaba schlug leicht ihre Mundzangen aneinander. Shanorathemas war eine Zeitlang sein Lebensgefährte gewesen. Eigentlich hatte Pulandiopoul sich nie völlig zwischen ihr und dem Metallsänger entscheiden können.
„Er befindet sich auf Taulim, unserem nächsten Ziel. Nach dem Treffen mit ihm werde ich dir Qeyonderoubos Vorschlag unterbreiten, falls du dann noch gewillt bist, in die LAMCIA zurückzukehren."
„Du bereitest mir Schmerzen. Aber ich bin einverstanden."
*
Colounshaba setzte die LAMCIA auf dem kleinen Lineatop zwischen Boogolamiers Tempel und den Anlagen Maciuunensors ab. Gemeinsam verließen sie das Schiff und folgten dem Pfad zwischen die kahlen Felsen. Ein leises Singen lag über der Landschaft. Töne von vollendeter Reinheit begleiteten jeden ihrer Schritte.
Pulandiopoul hielt es vor Erregung nicht mehr aus. „Laß mich vorbei!" drängelte er.
Colounshaba gab den Weg frei. Der Tanzheiler rannte los und drehte dabei suchend den Körper hin und her. Schließlich entdeckte er die Gestalt auf einem kleinen Plateau links über dem Pfad. Seine Mundzangen begannen zu klacken. Im Rhythmus der Musik stieß er den Namen des Arcoana aus.
„Shanorathemas! Shanorathemas!"
Der Sohn von Heleomesharan und Aumoora steigerte seinen Gesang und wechselte vom Rhythmus der Besänftigung in den der Freude. Die Töne begannen sich zu überlagern, und Colounshaba erhielt wieder einmal eine Demonstration von den unglaublichen Fähigkeiten des Metallsängers. Die Töne erzeugten eine Resonanz, die ihren Körper aufwühlte und in Schwingung versetzte. Ihre Bewegungen verlangsamten sich gegen ihren Willen, und schließlich blieb sie stehen.
Er hat hier auf uns gewartet, dachte sie. Und er zwingt mir seinen Willen auf. Nun gut, dann bleibe ich hier. Shanorathemas wird wissen, was er tut.
Sie ließ sich zu Boden sinken. Die Schwingungen übertrugen sich auf den Untergrund und verloren an Schärfe. Reglos verfolgte sie, wie Pulandiopoul das Plateau erstürmte und erregt oben anlangte. Die beiden Männer begrüßten sich herzlich, aber mit der gebotenen Zurückhaltung im Angesicht einer Frau.
„Dadurshane bebt vor Freude über deine Anwesenheit", sang Shanorathemas leise.
„Erinnerst du dich eigentlich?"
„Wie könnte ich unsere Zeit im Regenbogental vergessen? Sie nimmt einen besonderen Platz in meinem Leben ein. Schade, daß du daran zweifelst."
„Verzeih mir, ich wollte dich nicht kränken. Meine Worte sollen die Verwunderung beschreiben, die mich erfüllt. Diese Begegnung - sie findet sehr lange nach eurer letzten Rückkehr statt."
„Dies ist wahr, und es tut mir leid. Glaub mir, ich habe dich keinen Sonnenlauf lang vergessen. Es gab wichtige Dinge zu tun, und ich habe Anteil daran."
Colounshaba vernahm die Unterhaltung wie aus weiter Ferne. Sie staunte über das Verhalten Pulandiopouls. Seine Mundzangen erzeugten Töne voller Festigkeit, als gäbe es keinerlei Unsicherheit in ihm.
„Ja, und du wirst sie auch in Zukunft tun."
„Shanorathemas, mein lieber Freund. Wo anders würde ich soviel Verständnis finden als bei dir? Du bist der beste Gefährte, den ich mir denken kann. Aber das Schicksal hat mich an einen anderen Platz gestellt. Dies muß ich akzeptieren. Und du kannst es nicht ändern. Eines Tages ..."
„Eines Tages werden wir uns wiedersehen, und du wirst es mir erneut sagen, nicht wahr?"
Er entfernte sich an den hinteren Rand des Plateaus und begann das Lied vom einsamen Doshevall zu singen, den ein Strudel durch alle Flüsse des Universums riß und nie an einen Strand der Ruhe gelangen ließ.
Colounshaba setzte sich in Bewegung. Sie kannte das Lied und erahnte die Bedeutung, die es für den einsamen Metallsänger besaß. So schnell es ging, rannte sie zu den Kuppelbauten hinüber, in denen die Steueranlagen für den Maciuunensor arbeiteten. Die automatischen Wächter ließen sie anstandslos passieren.
Sie suchte die Halle des Pulses auf, der Maciuunensor seinen Rhythmus gab. Ein letztes Mal vergewisserte sie sich, daß die Anlagen auf den vier Planeten reibungslos arbeiteten.
Erleichtert kehrte Colounshaba ins Freie zurück. Shanorathemas war verschwunden, und von Pulandiopoul entdeckte sie nur den Schatten des Körpers weit drüben zwischen den Felsen.
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