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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Gum des Hedjahn-Bei begegnest, so zeige sie vor. Sie wird dir Schutz gewähren, denn du hast einen Gläubigen aus den Klauen des Sihdi-el-salssali errettet. Steige auf, und reise ohne Furcht!“
    Um ihn nicht zu erzürnen oder gar sein Mißtrauen zu erwecken, mußte ich das Tier annehmen. In der Ecke der Satteldecke sah ich eine Arabeske, in welcher sich die Buchstaben A.L. eingestickt befanden. Es waren die Anfangsbuchstaben des Namens André Latréaumont.
    Ich sagte dem Alten und seiner Tochter, in deren Zelt ich Aufnahme gefunden hatte, Dank und wurde dann vom Bei-el-Urdi und von einigen seiner Leute eine Strecke weit begleitet. Als er von mir schied, meinte er:
    „Sihdi, du bist ein tapferer Krieger, doch der Hedjahn-Bei ist mächtiger als du. Aber ich habe gesehen, daß du seine Anaïa bekommen hast. Du wirst sicher sein, so weit die Wüste reicht. Sallam aaleïkum, Friede und Heil sei mit dir!“ – – –

Hedjahn-Bei, der Karawanenwürger
    Die Wüste! –
    Von der Nordwestküste Afrikas zieht sich mit wenigen kurzen Unterbrechungen bis hinüber nach Asien hinauf zu dem mächtigen Kamm des Chinggangebirges eine Reihe von öden, unwirtlichen Länderstrecken, die einander an Grausen überbieten. Die großen Wüsten des afrikanischen Kontinentes springen über die Landenge von Suez hinüber in den öden Flächen des steinigen Arabien, denen sich die nackten, dürren Strecken Persiens und Afghanistans anschließen, um hinauf in die Bucharei und Mongolei zu steigen und dort die grauenvolle Gobi zu bilden.
    Wohl über 120.000 Quadratmeilen groß, erstreckt sich die Sahara vom Cap Blanco bis zu den Bergwänden des Niltales und vom Rif bis in die heißdunstigen Wälder des Sudan. Ihre Einteilung ist eine sehr mannigfaltige. Die an die Nilländer stoßende libysche Wüste geht nach Westen in denjenigen Teil der eigentlichen Sahara über, von welcher der Dichter sagt:
    „– – – bis da, wo sich im Sonnenbrande
Die öde Hammada erstreckt,
Und man im glühendheißen Sande
Nicht einen grünen Halm entdeckt – – –“
    und von hier aus zieht sich dann die Sahel bis an die Küste des Atlantischen Ozeans. Der Araber unterscheidet die bewohnte (Fiafi), unbewohnte (Khela), gesträuchige (Haitia), bewaldete (Ghoda), steinige (Serir), mit Felsblöcken übersäte (Warr), gebirgige (Dschebel oder Nedsched), flache (Sahel oder Tehama) und von beweglichen Dünen durchzogene Wüste (Ghud).
    Die Ansicht, daß die Sahara eine Tiefebene bilde, welche niedriger liege als der Wasserspiegel des Meeres, ist eine durchaus irrige; vielmehr ist die Wüste ein ausgedehntes Tafelland von tausend bis zweitausend Fuß Höhe und gar nicht so arm an Abwechslung der Bodengestaltung, wie man bisher immer meinte.
    Das Letztere ist besonders der Fall im östlichen Teil, in der eigentlichen Sahara, welche sich dem Wanderer freundlicher zeigt als die westliche Sahel, die der eigentliche Schauplatz der Wüstenschrecken und des gefürchteten Flugsandes ist, der, vom Wind zu fortrückenden Wellen angehäuft, langsam durch die Wüste wandert; daher der Name Sahel, d.i. Wandermeer. Diese Beweglichkeit des Sandbodens muß natürlich dem Wachstum der Pflanzen außerordentlich hinderlich sein, und dazu kommt der außerordentliche Mangel an Quellen und Brunnen, ohne welche das Entstehen von Oasen eine absolute Unmöglichkeit ist. Der dürre Sandboden vermag kaum einige wertlose Salzpflanzen, höchstens noch etwas dürren Thymian, ein paar Disteln und einige stachelige, krüppelhafte Mimosen zu nähren. Durch das glühende Sandmeer streift nicht der wilde Leu, obgleich der Dichter behauptet:
    „Wüstenkönig ist der Löwe;“
    nur Vipern, Skorpione und ungeheure Flöhe finden in dem heißen Boden ein behagliches Dasein, und selbst die Fliege, welche den Karawanen eine Strecke in die Wüste hinein folgt, stirbt bald auf dem Weg. Und dennoch wagt sich der Mensch in den Sonnenbrand und trotzt den Gefahren, welche ihn von allen Seiten umdrohen. Freilich ist deren Schilderung oft eine übertriebene, aber es bleibt trotzdem genug übrig, um die Sehnsucht nach einem ‚Wüstenritt‘ zu verleiden, dessen Opfer man in der Sahel häufiger findet als in der wasserreicheren eigentlichen Sahara. Da liegen dann die ausgedorrten Leichen der Menschen und Tiere in grauenerregenden Stellungen neben- und übereinander; der eine hält den leeren Wasserschlauch noch in den entfleischten Händen; ein anderer hatte wie wahnsinnig die Erde unter sich aufgewühlt, um

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