185 - Die drei Gesichter des Todes
solche Lappalien selbst zu bereinigen?‹ Der Direktor hat es nicht gern, wenn man ihn mit Nichtigkeiten belästigt. Deshalb ist es besser, wenn wir die Sache zwischen uns abmachen, verstehst du? Ich könnte dir jetzt einfach mit dem Stock auf deinen verfluchten Dickschädel hauen, ihn gewissermaßen weichklopfen. In meinem Bericht würde später stehen, daß du gestolpert bist und dir den Kopf irgendwo gestoßen hast. Ich kann dich aber auch verdreschen, ohne dich anzufassen - und ich denke, das werde ich auch tun, damit du erkennst, wie groß meine Macht in diesem Gefängnis ist.«
Er lächelte mich fast freundschaftlich an. Was hatte er vor?
»Würdest du nun so nett sein, in deine Zelle zurückzukehren, Ballard?« sagte er höflich. Er machte sogar einen Kratzfuß, um dem Hohn die Krone aufzusetzen, und in seinen Augen funkelten Bosheit, Grausamkeit und Gemeinheit.
Juan Avilas musterte mich finster, als ich unsere Zelle betrat.
»Du bist mein angenehmster Häftling, Ballard!« versicherte mir der Aufseher. »Ich wollte, ich hätte mehr von deiner Sorte, dann würde mir die Arbeit hier richtig Spaß machen.«
Die Zellentür flog zu, und ich ließ mich auf mein Bett nieder. Was plante dieser hinterlistige Schurke?
Ich sollte es in Kürze erfahren.
***
Xematha kam mit dem Mordauftrag der schwarzen Macht nach Teneriffa. Tony Ballard hatte verhindert, daß das Kreuz von Las Canadas der Hölle zu einer Vormachtstellung auf der Welt verhalf. Dafür - und für all die anderen Verbrechen, die er an der schwarzen Sache begangen hatte - sollte er mit dem Tod bestraft werden.
Xematha, die Dreifache, würde das erledigen.
Sie hieß deshalb die Dreifache, weil sie in dreifacher Gestalt auftreten konnte. Einmal als schönes, betörendes Mädchen, dessen Aussehen an Harmlosigkeit nicht zu überbieten war. Einmal als Skelett - wie Rufus, der Dämon mit den vielen Gesichtern, nur ohne schwarze Kutte. Und einmal als Totenkopffalter, mit farbenprächtigen, herrlich gezeichneten Flügeln.
Wie sie gegen Tony Ballard vorgehen würde, wußte sie noch nicht. Sie mußte sich erst mal im Gefängnis umsehen und sich mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut machen.
Erst anschließend würde sie sich entscheiden. Bis dahin brauchte sie eine Unterkunft. Sie fand das passende Haus etwa 14 Kilometer von Puerto de la Cruz entfernt, unterhalb von La Matanza ( »Das Gemetzel«). Der Name dieses Ortes erinnerte an eine Schlacht, in der die Guanchen den Spaniern eine historische Niederlage zugefügt hatten. Die Siedlung nannte sich El Puntillo del Sol -Sonnenpünktchen. In dieser stillen, verträumten Anlage wollte Xematha untertauchen.
Prachtvolle Häuser, gepflegte Gärten, üppige Vegetation - von edlen weißen Callas bis zu hohen, rauschenden Palmen, vom üppig blühenden Hibiskus bis zu Orangen, Zitronen und Avocados… Die Todbringerin der Hölle kam in ein kleines Paradies. Sie entschied sich für das Haus in der Avenida Paris 106, das einem englischen Ehepaar gehörte. Daß das Haus bewohnt war, störte Xematha nicht. Das ließ sich sehr leicht ändern.
***
Kezal war viel durchtriebener, als ich gedacht hatte. Er verbreitete das Gerücht, ich hätte ihn tätlich angegriffen. Da es ihm jedoch widerstrebe, einen Häftling zu schlagen, müsse er zu anderen Sanktionen greifen.
Diese sahen dann so aus: Strafverschärfung für die gesamte Etage, in der ich untergebracht war. Das Essen wurde noch mieser - und auch weniger. Wir wurden mitten in der Nacht geweckt, mußten vor unseren Zellen antreten und im Gefängnishof »exerzieren«.
Kezal verstand es meisterhaft, den Haß der anderen Häftlinge gegen mich zu schüren. Das hat euch alles Tony Ballard eingebrockt, ließ er wissen. Wenn ihr wollt, daß sich das nicht wiederholt, müßt ihr diesen aufsässigen Burschen zur Räson bringen.
Er strich sämtliche Vergünstigungen und steigerte die miese Laune meiner Mithäftlinge. Es dauerte nicht lange, bis er sie dort hatte, wo er sie haben wollte.
Im Gefängnishof bildeten sie einen Kreis um mich, und die kräftigsten drei von ihnen fielen über mich her. Ich wehrte mich zwar, aber damit machte ich alles nur noch schlimmer, denn jeder schmerzhafte Treffer, den ich anbrachte, hatte doppelt so viele Schläge für mich zur Folge. Kezal ließ sich Zeit. Er griff erst ein, als ich, von dumpfen Schmerzen gepeinigt, auf dem Boden lag und nicht mehr die Kraft hatte, mich zu erheben.
»Was ist hier los?« fragte er scheinheilig. »Laßt mich
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