1881 - Chaostage
wenngleich es an Bedeutung verloren hat. Gerade darin aber mag unsere heutige Krise begründet sein."
„Das ist ein Scherz! Was sollten die Fremden wohl von Christus wissen?"
„Sie werden merken, daß sie mit Gewalt nichts erreichen."
„Du bist ein hoffnungsloser Däumer, mein Freund. Ich hoffe nur, daß du nicht allzu unsanft aus diesem Traum geweckt wirst."
*
Vom RaumhafenTerranias erhob sich ein gewaltiger Kugelraumer. Er hatte einen Durchmesser von mehr als tausend Metern. Solche Schiffe wurden heute nicht mehr gebaut, also mußte es ein uraltes Schiff sein. Langsam schwebte der Raumer in die Höhe.
„Wir werden nicht viel zu berichten haben" ,sagte Katie Joanne voraus. „Wer auch immer dich hinter der Faktordampf-Barriere verbirgt, er wird es nicht wagen, irgend etwas gegen uns zu unternehmen. Sieh dir dieses Raumschiff an. Es ist nur ein Frachter, aber er vermittelt das Gefühl von Macht. Ist dir klar, welche militärische Potenz wir haben?"
„Vollkommen", sagte Cruno DeFaas und trank gelassen seinen Rotwein.
„Du meine Güte, wenn irgend jemand frech wird, dann pusten wir ihn mit unseren Mitteln schneller weg, als er ja und amen sagen kann! Die Leute werden uns fragen, weshalb wir soviel Aufregung um derartige Marginalien machen."
„Laß dir von einem Siganesen die Pickel ausbaggern und geh endlich an die Arbeit!" befahl er ihr.
Ihre Blicke kreuzten sich, und DeFaas setzte ein sardonisches Lächeln auf. Sie erschauerte.
Der Leitende Redakteur von SolTel war nicht besonders groß, aber er besaß eine Ausstrahlung, der sich so leicht niemand entziehen konnte. Dabei war er ein Mann mit höchst mittelmäßigem Aussehen.
Er hatte eine hohe, gewölbte Stirn, graue Augen, die aus purem Eis zu bestehen schienen, eine schmale Unterlippe und eine aufgewölbte Oberlippe über einem gespaitenen Kinn. Die Lider unter seinen Augen trugen durch Entpigmentisierung entstandene Muster eines Sektensymbols.
Sie waren zugleich der Beweis dafür, daß er den Mut aufgebracht hatte, sich aus den Fängen der militanten Sekte zu befreien, die sonst niemanden aus ihren Reihen entließ, bevor er ihr seinen gesamten Besitz übereignet hatte.
Katie Joanne fragte sich, ob er tatsächlich so mutig war, wie behauptet wurde, Hatte er sich dieses Image durch entsprechende Taten verdient, oder hatte er es durch eine geschickt angelegte Strategie aufgebaut?
DeFaas wandte sich seinem Syntron zu. Damit war die Konferenz beendet. Das Chronometer stand auf 13.38 Uhr am 10. Oktober 1289 NGZ.
Wortlos verließ die junge Frau zusammen mit den anderen Redakteuren und Journalisten den Raum. Als sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, blieb sie stehen.
Occar Singh blickte sie geringschätzig an. Er machte kein Hehl daraus, daß er nicht viel von ihr hielt, da sie seiner Ansicht nach seinem journalistischen Niveau nicht entsprach.
„Ich habe ein weiches Herz" ,sagte er zynisch. „Eine Kollegin mit Hirnverletzungen lasse ich nicht hängen. Das verbietet mir mein soziales Gewissen. Da draußen wird nichts passieren, aber ich texte dir einen Bericht, mit dem wir uns sehen lassen können."
„Wie gütig von dir" ,gab sie verärgert zurück. „Aber die Verletzungen waren nicht so schlimm, wie die Ärzte zunächst befürchtet hatten. Immerhin war bei mir etwas vorhanden, was verletzt werden konnte. An dir wären die Ereignisse von Mimas sicherlich spurund wirkungslos vorbeigegangen."
*
Nora Mellors blieb unter einem Baum stehen, drückte Kristi sanft an sich und klopfte ihr den Rücken, um sie zu beruhigen. Dann schaltete sie den Syntron an ihrem Handgelenk ein, um die Nachrichten von SolTel abzurufen.
Der Sender berichtete erneut über das Heliotische Bollwerk, das Qxplodiert war, erwähnte jedoch nichts von einer Gefahr. Er meldete darüber hinaus, daß Soldaten im Faktorelement verschwunden und noch nicht zurückgekommen waren.
Das war alles.
„Gibt es eine Bedrohung?" wollte sie wissen, und der Syntron leitete ihre Frage an den Sender weiter.
Das Bild im winzigen Holowürfel änderte sich augenblicklich.
Nur die eingeblendete Zeit blieb. 13.47 Uhr.
„Du mußt die Frage bitte präzisieren, damit ich darauf eingehen kann", antwortete die angenehm klingende Stimme einer Frau, deren Gesicht zugleich erschien. „Bedrohungen sind Bestandteil unseres Lebens. Welche meinst du?"
„Berichtet der Sender über eine spezifische Gefahr, die mit der Faktordampf-Barriere zusammenhängt? Was ist mit den Geiseln,
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