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190 - Der Finder

190 - Der Finder

Titel: 190 - Der Finder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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verschlang sie heißhungrig und durstig. Doch bald brannte wieder der rote Fels vor seinem inneren Auge. »Aufstehen, Cahai«, murmelte er. »Aufstehen und weitergehen, immer weiter.« Er stemmte sich vom Boden hoch auf die Knie.
    Er blickte kurz zurück und sah seine Spuren von den Hügelkämmen am Horizont bis hierher durch den roten Sand verlaufen. Er wandte sich um und spähte nach Norden. Flimmernde Luft stand über dem rötlichen Horizont. Er klopfte auf das Krummschwert unter seinem schwarzen Pelzmantel. »Cahai, der Fuchs!«, zischte er. »Cahai, der Sieger! Vergiss nicht, wer du bist, Cahai! Vergiss es nicht, hast du gehört?«
    Er packte den Knauf seines Säbels, sog scharf die Luft durch die Nase ein und fasste den flimmernden Horizont ins Auge wie einen Feind, vor dem es kein Zurückweichen gab. Er stapfte weiter, Schritt für Schritt, immer weiter.
    Stunden später verdunkelte sich der Himmel. Cahai glaubte zunächst, die Nacht würde anbrechen. Eine weitere Nacht nach schon viel zu vielen, die er durch dieses unendliche Land wanderte. Er kümmerte sich nicht darum, und erst als Blitze zuckten, blieb er stehen und blickte erschrocken in den schwarzen Himmel.
    Regentropfen klatschten in sein Gesicht.
    Er schrie vor Freude.
    Er riss sich den Pelzmantel und sein Lederhemd vom Leib, breitete die Arme zum Himmel aus und schrie und sang und betete und weinte. Irgendwann kniete er in rotem Matsch, bog den Kopf in den Nacken und riss den Mund weit auf. So verharrte er und quittierte jeden Regentropfen, der in seinen Rachen klatschte, mit einem tiefen Seufzer.
    Bald umgaben ihn Schlammkuhlen und Tümpel jeder Größe. In den Schlammkuhlen wanden sich Rotwürmer; das Getrommel des Platzregens hatte sie aus der Erde gelockt. Cahai machte Jagd auf sie.
    Mit Kampfgeschrei stürzte er sich auf jeden Wurm, den er entdeckte, knipste ihm Kopf mit Fühlern und Kauscheren ab, spülte ihn in einem Tümpel notdürftig ab und verschlang ihn dann.
    Zwischendurch warf er sich an den Rand einer Pfütze, deren Wasser ihm nicht allzu trübe vorkam, und soff sich voll.
    Als dann tatsächlich die Nacht kam, lag er mit prallem Bauch im Schlamm und starrte in den Himmel. Wolkenfetzen zogen vorbei, bald die ersten Sterne. Wie viel Wasser hatte er getrunken? Zehn Liter? Wie viele Rotwürmer hatte er verschlungen? Hundert?
    Zweihundert? Ihm war übel.
    Der brennende Fels erschien vor seinem inneren Auge. Doch Cahai war zu voll gefressen und zu voll gesoffen, um aufstehen zu können.
    Sein Kopf schmerzte, Krämpfe durchpflügten sein Gedärm, und irgendwann übergab er sich. Danach schlief er ein.
    Er wachte auf, weil der Boden vibrierte. Er schlug die Augen auf, und die Nacht war vorbei. Eine Sonne, so rot wie eine Tomate stand über dem Horizont. Ich träume, dachte Cahai. Er zitterte vor Kälte und merkte, dass er in einer kühlen Schlammkuhle lag. Wieso vibrierte der Boden? »Weil du träumst, Cahai, du Fuchs!«
    Er richtete sich auf und sah sich nach seinem Hemd und seinem Mantel um. Sie lagen ein paar Dutzend Meter entfernt neben einem rötlichen Tümpel. Er stand auf, wankte hin, zerrte das nasse Lederhemd über seinen ausgemergelten Oberkörper und warf sich den von Regenwasser schweren Mantel über die knochigen Schultern. Der Boden vibrierte noch immer.
    Verdammter Boden, verdammtes Land Ausala!
    Sein Blick fiel auf Tiere, die zehn oder zwanzig Schritte hinter ihm durch Tümpel und Schlammkuhlen stapften. Tiere? Auch nur ein Traum? Er verharrte und beobachtete sie.
    Seltsame Tiere. Cahai blinzelte ihnen entgegen. Waren es fünf?
    Oder zehn? Sie verschwammen vor seinen Augen. Harmlos sahen sie aus mit ihrem Lockenpelz, ihren großen Augen und ihren stumpfen Schnauzen. Einige waren sandfarben, andere hellgrau, eines fast schwarz. »Shiips«, murmelte Cahai. »Wahrhaftig Shiips!«
    Auch dort, wo er herkam, kannte man diese Tierrasse. Harmlose Geschöpfe, Milchspender, Fleisch- und Wolllieferanten. Allerdings waren die Tiere, die man im Mündungsbereich des Gelben Stromes züchtete, ein wenig kleiner. Und dann: Shiips inmitten dieser Ödnis?
    Cahai blinzelte den Tieren entgegen. Nun gut, sie mochten sogar erheblich kleiner sein, die Shiips, die man zu Hause auf den Uferweiden des Gelben Stromes hielt. Diese hier kamen ihm ziemlich groß dagegen vor, extrem groß sogar…
    Er blinzelte wieder und erschrak, als er sah, dass die Hufe der Shiips, die sich ihm da näherten, nicht einmal zur Hälfte in den roten Tümpeln versanken, ja,

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