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190 - Der Finder

190 - Der Finder

Titel: 190 - Der Finder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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nicht einmal zu einem Viertel! Und dann der Boden, der bei jedem ihrer Schritte vibrierte…
    Cahai spürte, wie das Blut zuerst in seinen Füßen gefror.
    Widerwillig gestand er es sich ein: Diese Shiips dort waren gar nicht zwanzig oder gar nur zehn Schritte entfernt! Auch das Blut in seinen Schenkeln und seinem Bauch schien sich in Eis zu verwandeln. Die Shiips dort waren mindestens fünfhundert, wenn nicht tausend oder mehr Schritte entfernt! Seine Haarwurzeln gefroren. Jedes einzelne dieser Shiips war größer als das Schiff, mit dem er an der ausalatischen Küste gelandet war!
    »Ein Traum…« Er zog seinen Säbel. »Nur ein verfluchter Traum …« Er stapfte den Mammutschafen entgegen, um das Traumbild zu verjagen.
    ***
    Bäume. Erst einer, eine halbe Stunde später drei weitere, und noch einmal eine halbe Stunde später viele Bäume. Sie säumten das Ufer des Flusses. »Schön«, sagte Daa’tan. »Siehst du die Bäume, Grao? Sind sie nicht wunderschön?«
    Wenn er Bäume, Buschwerk oder Blumen sah, wurde ihm seltsam warm ums Herz. So warm und so leicht und so wehmütig, wie ihm sonst nur wurde, wenn er an seine unbekannte Mutter dachte.
    »Wunderschön«, seufzte er.
    (Ja doch.) Grao’sil’aana beäugte den Jungen von der Seite. Auf den ersten Blick ein junger Primärrassenvertreter vor der Schwelle zur Geschlechtsreife, weiter nichts. Dürr, dunkelhaarig und mit hellen grünbraunen Augen. Und zugleich alles andere als irgendein beliebiger Primärrassenvertreter, sondern zugleich das Ergebnis eines hochinteressanten Experimentes.
    Zumindest genetisch hatte Daa’tan zwei Väter. Einer davon war ein florides biotisches Protomodell erster Ordnung. Längst überholt und ohne Nutzen, und dennoch ein gelungener Organismus. [1] Vermutlich von ihm hatte der Junge diese undurchdringliche Rätselhaftigkeit geerbt. Ja, dieser Knabe war ein Rätsel, wahrhaftig, und manchmal fürchtete Grao’sil’aana, er würde für immer ein Rätsel bleiben. (Schöne Bäume, sicher doch.)
    Während Grao’sil’aana weiterruderte, ließ Daa’tan die Holme los und betrachtete die am Ufer vorbei gleitenden Bäume. »Magst du Bäume und Büsche auch so gern?«, wollte der Junge wissen. Er trug einen ehemals schwarzen, jetzt aber verdreckten Ganzkörperanzug.
    (Es hält sich in Grenzen. Ich habe selten Verwendung für Holz oder Blattwerk. Allenfalls für Baumfrüchte hin und wieder.) Grao’sil’aana beschränkte sich auf den telepathischen Weg der Verständigung. Um Energie zu sparen, hatte er die Echsengestalt seines Wirtskörpers angenommen. Perfekte Körper waren das, nur die Stimmmodulation ließ zu wünschen übrig. Mit einem schwarzen Flaggentuch bedeckte der Daa’mure seine schuppige Blöße.
    Mit dem Fuß stieß Daa’tan den Ruderholm von sich. »Was bist du für ein eiskaltes Ekel!« Er fletschte die Zähne und machte eine grimmige Miene. »Musst du immer gleich an die Nützlichkeit der Dinge denken? Kannst du denn gar nicht sehen, wie schön diese Bäume sind?«
    (Möglicherweise gibt es unterschiedliche Kategorien von Schönheit, und möglicherweise hast du andere als ich.) Grao’sil’aana dachte an einen brodelnden See aus Magma, und er dachte an rot leuchtende Dampfschwaden über flüssiger Glut. Nichts davon sprach er aus; es war besser so.
    »Was für einen Quatsch du manchmal redest!«, zischte Daa’tan.
    Sehnsüchtig blickte er zu den Bäumen in der Uferböschung und griff wieder nach dem Ruderholm. Auch diese aufbrausende Art in letzter Zeit gehört zu den Dingen, die Grao’sil’aana rätselhaft an dem Jungen fand und an denen er sich rieb. Wenigstens kühlte Daa’tan genauso schnell wieder ab, wie er sich erhitzte. Meistens jedenfalls.
    Die Sonne berührte schon den westlichen Horizont. Zum zweiten Mal ging sie unter, seit Daa’tan und Grao’sil’aana im Ruderboot Strom aufwärts ins Landesinnere ruderten. Die Besatzung des Piratenschiffes hatte sich geweigert, in die Strommündung hinein zu fahren.
    Der Streit eskalierte, das Schiff ging in Flammen auf, die meisten Männer starben. Das Ruderboot, eine langstielige Axt und die schwarze Flagge mit dem goldfarbenen Totenschädel darauf waren das Einzige, was von dem Zweimaster übrig geblieben war.
    »Weg da!« Daa’tan sprang hoch, das Boot schaukelte. »Wollt ihr wohl den Baum in Ruhe lassen?« Der Junge fuchtelte in Richtung Uferböschung. Jetzt entdeckte auch Grao’sil’aana die Tiere, die dort im tief hängenden Geäst eines der Bäume weideten.

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