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190 - Der Finder

190 - Der Finder

Titel: 190 - Der Finder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Folgen hat, nicht auf mich zu hören!) Der Daa’mure war ernsthaft böse.
    »Bitte, Grao! Mir ist doch so kalt!«
    (Versuche zu genießen, dass du noch zittern und Kälte empfinden kannst.)
    »Wie herzlos du bist!« Grao’sil’aana antwortete nicht. »Wärme mich doch! Bitte!« Der Daa’mure schwieg. Daa’tan konnte quengeln und jammern, so viel er wollte – sein Beschützer und Mentor tat, als hörte er ihn nicht. Schließlich gab der Junge auf.
    Das Tier – oder was auch immer es war, auf dessen Rücken sie lagen – zog weite Schleifen über dem brennenden Dorf. Höher und höher schraubte es sich dabei in den Himmel, die Brandherde unter ihnen wurden kleiner und kleiner.
    »Sag ihm wenigstens, es soll nicht so hoch fliegen«, jammerte Daa’tan. »Je höher wir kommen, desto kälter wird es doch!«
    Tatsächlich hörte das Wesen bald auf, noch höher zu steigen. Es segelte sogar wieder ein Stück der Erde entgegen. Das brennende Dorf wurde wieder größer. Am Horizont sah Daa’tan einen silbrigen Streifen schimmern. Der neue Tag war nicht mehr weit.
    »Was ist das überhaupt für ein Tier?«, wollte er wissen.
    (Kein Tier!) , raunte es in seinen Gedanken. (Ein biotisches Modell erster Ordnung, und zwar ein primäres.)
    »Was ist ein biotisches Modell erster Ordnung?«
    (Organismen, die wir zu einem bestimmten Zweck geschaffen haben. Diese hier dienten uns bei Transporten und bei Auseinandersetzungen mit gegnerischen Primärrassenvertretern.)
    »Haben die auch noch einen anderen Namen?«
    (Wir gaben ihnen den Namen Lesh’iye. Die Primärrassenvertreter nannten sie auch ›Todesrochen‹. Dieser hier, der letzte, trägt den Eigennamen Thgáan.)
    »Der letzte?« Der Junge versuchte die unglaublichen Neuigkeiten zu verarbeiten. Eine Ahnung von der Macht und der Stärke der Daa’muren berührte ihn einmal mehr. Er dachte an den Kampf und die Flucht zurück. Wie sie zurückgewichen waren vor Grao, wie der die rote Kriegerin getötet, und wie er ihn in seinen Körper gewickelt hatte und durch die brennende Baumkrone geklettert war. Daa’tan schauderte. »Und warum taucht er auf einmal hier auf, dieser Rochen? Ausgerechnet über den brennenden Bäumen, ausgerechnet in dem Moment, in dem wir ihn brauchen?«
    (Er ist schon auf dem Weg vom Strom ins Dorf aufgetaucht.
    Plötzlich fiel sein Schatten auf mich. Lange war er verschollen, eingeschlossen in einem Bauwerk am Meeresgrund. Als er freikam, hat er den Sol kontaktiert. Ora’sol’guudo hat ihn zu uns geschickt, damit er uns beisteht.)
    »Um meine Mutter zu finden?« Daa’tans Herz schlug ihm plötzlich in der Kehle.
    (Auch das. Vor allem aber wird er uns helfen, unsere Mission zu Ende zu bringen.)
    »Wann ist unsere Mission zu Ende?«
    (Wenn wir herausgefunden haben, was für eine Macht im Zentrum dieses Kontinents ihr Unwesen treibt, und ob diese Macht gefährlich für uns Daa’muren und Projekt Daa’mur werden kann.)
    »Was ist das, ›Projekt Daa’mur‹?«
    (Ein Plan, der im ersten Anlauf gescheitert ist. Wir waren fast am Ziel, und nun fangen wir noch einmal von vorn an.)
    »Was für ein Plan?« Der Junge bohrte und bohrte. Doch Grao’sil’aana antwortete nicht mehr. Ihn schienen die Geschehnisse unten im brennenden Dorf zu interessieren.
    Eine Zeitlang betrachtete auch Daa’tan die Flammen, vor allem die drei brennenden Bäume fesselten seine Aufmerksamkeit. Er dachte an seine Erlebnisse zwischen den Bäumen und im Haus zurück, und sein Nackenhaar richtete sich auf. »Warum hat das Wurzelgeflecht ausgeschlagen?«, fragte er heiser. »Warum wuchsen plötzlich Unkraut und Gras? Sogar im Haus oben wucherte Gestrüpp und Wurzelgeflecht aus dem Boden! Selbst meine Fesseln schlugen aus! Warum?«
    (Lass uns ein anderes Mal darüber sprechen.) Daa’tan gab auf. Wenn der Daa’mure nicht sprechen wollte, sprach er auch nicht. Der Todesrochen kreiste über dem Flammeninferno.
    Manchmal flog er durch Rauchschwaden, und Daa’tan musste husten. »Mir ist kalt«, sagte der Junge irgendwann wieder mit weinerlicher Stimme. »Bitte, bitte, decke mich zu.«
    Grao’sil’aana Seite zerfloss zu einer Gewebsdecke und hüllte Daa’tan ein. Endlich deckte ihn sein Mentor und Beschützer wieder zu. Die Hitze des Daa’muren kroch in seinen zitternden Körper.
    Epilog
    Drei uralte dürre Männchen mit weißen Locken und rotweißen Tätowierungen auf der schwarzen Haut hockten um das Feuer. Sie summten hingebungsvoll und mit geschlossenen Augen und wiegten ihre

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