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195 - Verloren im Outback

195 - Verloren im Outback

Titel: 195 - Verloren im Outback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel und Ronald M. Hahn
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plötzlich vom Angreifer zum Angegriffenen, und er verstand es nicht.
    Wie war es möglich, dass Victorius solche Kräfte besaß?
    Aber war das überhaupt Victorius, der sich da mit vor Kälte knisternden Eisfingern heran tastete? Vor dem Schutzwall, den Daa’tan um seine Gedanken gelegt hatte, formten sie sich zur Faust und zertrümmerten seine Deckung, und der junge Mann zuckte zusammen, als plötzlich Schreie durch sein Inneres gellten. Die Schreie einer gequälten Frau.
    Mutter?, fragte Daa’tan entsetzt und griff sich an die Schläfe.
    Alles wurde still. Der Eindringling zog sich zurück, die synaptischen Fesseln sprangen auf. Daa’tan taumelte, stützte sich Halt suchend auf Nuntimor. Er wusste, dass die Stimme in seinem Kopf Aruula gehörte – obwohl sie doch weit entfernt am Uluru war. Das konnte nicht das Werk eines normalen Telepathen gewesen sein. Nein, Victorius hatte damit nichts zu tun! Daa’tan dämmerte die Erkenntnis, dass er dessen Geist nie berührt hatte.
    Doch so schnell gab sich der Neunzehnjährige nicht geschlagen. Er wollte ja zum Uluru zurück – um Aruula zu retten und seinen Vater zur Rechenschaft zu ziehen –, aber als freier Mann und nicht als Sklave. Er legte Victorius das Schwert auf die Schulter, eng an den Hals. Kurzer Blick aus dem Seitenfenster: Gerade verschwand der See außer Sicht.
    Daa’tan nickte entschlossen. »Ändere den Kurs!«
    »Non!«
    »Victorius, ich töte dich, wenn du nicht gehorchst!«
    »ER hat befohlen, dass ich dich zu ihm bringe, und SEIN Wille ist Gesetz. Unterwirf dich seiner Macht! Kämpfe als ihr Diener gegen das Böse und…«
    »Einen Dreck werde ich tun!«, schnarrte Daa’tan. »Dreh das verdammte Luftschiff um, Victorius!«
    Der Afraner hielt sich am Steuerrad fest, als hinge sein Seelenheil davon ab. »Ich kann nicht! Und wenn du mich tötest, stirbst auch du. Das Brennholz ist irgendwann aufgebraucht, dann wird die Roziere abstürzen! So lange könntest du sie vielleicht fliegen, aber du weißt nicht, wie man sie landet.«
    Daa’tan nahm das Schwert herunter und wechselte es in die linke Hand, während Victorius weiter sprach.
    »Du wirst in den Trümmern verbrennen! Bei lebendigem Leibe, weil niemand mehr da ist, der dich retten könnte.«
    Weiter kam er nicht. Daa’tan holte aus und schmetterte ihm die Faust an den Schädel. Als Victorius zusammenbrach, trat er ans Steuerrad und drehte es herum. Weiter und weiter, bis die Nase der Roziere wieder in die ursprüngliche Richtung zeigte.
    Dann hob er den herum liegenden Holzknüppel auf und verklemmte das Ruder, um die PARIS auf Kurs zu halten.
    Es dauerte nicht lange, bis sie erneut den See überflog.
    Daa’tan öffnete die Tür der Gondel, machte sich zum Sprung bereit.
    Er konnte nicht hier bleiben. Und wenn, hätte er Victorius töten müssen. Denn so lange der Afraner lebte, würde die fremde Macht, die ihn steuerte, alles erfahren.
    Schon zauste der Wind sein schwarzes Haar, flatterte die Kleidung im Luftzug, als Daa’tan etwas einfiel und er innehielt. Wenn Victorius nicht rechtzeitig erwachte, würde er mit dem Luftschiff abstürzen und bei lebendigem Leibe verbrennen, weil niemand mehr da war, der ihn retten konnte.
    Daa’tan zögerte. War das nicht eigentlich egal?
    Missmutig nahm er den Wasserschlauch vom Haken, ging damit zu dem Bewusstlosen und kippte ihm den Inhalt übers Gesicht. Victorius schnellte hoch, begann zu husten, und Daa’tan machte kehrt.
    Ich muss mir für Nuntimor mal eine Rückenkralle beschaffen, dachte er an der Tür und sprang ins Freie. Erst danach fiel ihm ein, dass er gar nicht wusste, wie tief der See eigentlich war.
    Oder wie flach…
    ***
    Als die Finsternis wich, konnte sie nicht unterscheiden, ob das, was sie sah und roch, die Wirklichkeit war oder ihrer Phantasie entsprang.
    Als sie, von dämonisch bemalten Fratzen umringt, in einer Grotte zu sich kam, deren Wände in einem unirdischen Rot leuchteten, fiel ihr alles wieder ein: Es gab Mächte, die im Verborgenen wirkten, da sie Grund hatten, das Licht zu scheuen. Manchmal bedienten sie sich des Körpers eines Menschen; sie schlüpften in seine Haut, seine Seele oder seinen Verstand und hießen ihn Dinge tun, die sie selbst nicht tun konnten.
    So wie in diesem Moment?
    Aruula wollte den Kopf heben, doch irgendetwas lähmte sie.
    Aus den Augenwinkeln sah sie, dass die Gestalten, die sie trugen, Männer waren. Sie waren barfuß und trugen Lendenschurze. Ihr Haar war kurz und kraus, das Weiß in ihren

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