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1986 Das Gift (SM)

1986 Das Gift (SM)

Titel: 1986 Das Gift (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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verlassen: Wenn du die Zahl hörst, kippst du vom Hocker! Ich wollte dich erst mal nur kennenlernen. Bis jetzt hab’ ich einen prima Eindruck. Mach ihn nicht wieder kaputt durch Ungeduld! Bist du fit?«
»Der Medizinmann hier im Knast sagte bei meiner Einlieferung, ich hätte in Anbetracht meiner Moral eine geradezu unverschämte Gesundheit. Das war vor einem halben Jahr. Und vor drei Wochen, bei der Routine-Untersuchung, sagte er ungefähr das gleiche.«
»Feste Freundin?«
»Selten länger als bis zum nächsten Morgen.«
»Verwandte?«
»Einen ganzen Haufen, aber seit Jahren hab’ ich von der Clique keinen mehr gesehen. Die wissen nicht, daß ich hier gelandet bin, denken bestimmt, ich bin immer noch Briefträger in den Kordilleren.«
»Und warum bist du hier?«
»Ach, diese Scheißnacht in Frankfurt damals! Ich wollte einen Besuch machen bei einem Juwelier, und leider traf ich ihn an.«
Plötzlich beugte Schweikert sich über den Tisch, griff nach Wobesers Unterarmen. »Tätowierungen?« fragte er.
Der andere lächelte. »So besoffen kriegt mich keiner.«
»Das ist gut. Es ist keine Bedingung, aber es ist gut.«
»Müssen wir bei der Sache denn halbnackt herumlaufen?«
»Nein, nein! Aber ich hab’ über tätowierte Leute so meine Theorie. Es geht ihnen doch nie wirklich um den Anker oder das Herz oder das Weib, sondern immer nur darum, daß sie sich ihren Mut beweisen wollen. Wer das nötig hat und dann nichts weiter zustande bringt als so eine alberne Kritzelei, der kann einfach nicht top sein. Vielleicht ist er nur ein bißchen naiv, aber top ist er jedenfalls nicht. Doch lassen wir das! Ist nur ’ne persönliche Meinung. Wie steht es denn mit deinem Register?«
»Bei einem Klassentreffen würd’ ich es nicht grad herumzeigen. Also: außer ’ner Jugendstrafe zweimal verknackt, einmal davon mit Bewährung und einmal … na ja, hast mich ja vor dir.« Er nahm eine neue Briefmarke zur Hand, hielt sie so, daß das Deckenlicht darauffiel, legte sie wieder hin.
»Einzelheiten also noch nicht, das akzeptier’ ich. Aber du fragst mir Löcher in den Bauch, und darum würd’ auch ich ganz gern ein paar grundsätzliche Dinge wissen. Zum Beispiel: Wer macht mit? Das hat nichts mit Ungeduld zu tun. Wie ich nie in ’ne vergammelte Maschine steigen würde, würde ich auch nie ein Ding drehen mit Leuten, denen ich nicht mindestens so vertraue wie mir selbst. Georg ist also dabei, und der ist okay.«
»Ja, Georg und ein Spanier aus Block C.«
»Ein Spanier? Dann hast du ja schon einen, der die Sprache kann.«
»Alle müssen Spanisch sprechen. Nicht unbedingt perfekt, aber es muß ausreichen, um sich verständlich zu machen.«
»Ausland also. Spanien?«
»Ich hab’ noch eine wichtige Frage vergessen: Wann genau wirst du entlassen?«
»Morgen in drei Wochen. Hab’ noch zweiundzwanzig leere Felder auf meinem Kalender.«
»Also doch ungeduldig?«
»Nee, nur scharf auf ’ne Frau. Spanien also?«
Aber Schweikert schwieg, und daraufhin erklärte Wobeser: »Ich wollte eigentlich auch nur wissen, ob es mit Sicherheit nicht die Bundesrepublik ist, denn mit der hab’ ich, wenn ich hier wieder raus bin, nichts mehr im Sinn.«
»Es ist nicht Deutschland«, antwortete Schweikert, »nicht mal Europa. Mehr darüber erfährst du in den nächsten Tagen. Morgen abend machen wir es umgekehrt: Da besuche ich dich. Wir werden wieder Briefmarken tauschen. Die Erlaubnis dazu hab’ ich schon. Und Donnerstag spielen wir bei Georg einen Skat. Der hat dann nämlich Geburtstag. Um sieben Uhr fangen wir an, du, der Spanier, Georg und ich. Dann haben wir drei Stunden Zeit.«
»Ich kann keinen Skat.«
»Wir sind auch keine echten Briefmarkensammler, und du kannst ja wohl noch zehn Karten halten, ohne daß sie dir aus der Hand fallen.«
»Und wenn der Aufseher kiebitzen will? In unserem Block machen die Wärter das manchmal. Neulich hat einer sogar mitgespielt.«
»Es ist eine Geburtstagsparty, und er ist nicht eingeladen. Wenn er trotzdem kommt, machen wir ’ne Pause und singen Happy Birthday . Das hält er nicht aus, und dann zieht er Leine. Wieviel Geld hast du?«
»Oh, Mann, damit sieht es schlecht aus bei mir.«
»Hab’ ich mir gedacht. Aber das macht nichts. Wir brauchen als Startkapital etwa hunderttausend Mark.«
»Donnerwetter! Und wie kriegen wir die zusammen?«
»Ich bringe fünfzigtausend ein.«
»Und Georg und der Spanier?«
»Die haben auch nichts. Aber das kommt auf jeden Fall zurecht. Gute Leute sind mir wichtiger als Geld. Du

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