Spiel um Sieg und Liebe
1. K APITEL
»Vorteil Starbuck.« Es hat sich nichts geändert, dachte Amy. Als der Applaus verklungen war, trat für einen Augenblick Stille ein. Die große Halle war bis auf den letzten Platz gefüllt, und die Zuschauer warteten auf den nächsten Aufschlag.
Amy saß genau auf Höhe des Netzes und beobachtete Tad Starbuck – den Tennis-Champion und früheren Geliebten, mit dem sie eine unvergessene Zeit verbracht hatte. Seit beinahe zwei Stunden sah sie ihm jetzt schon zu, und immer wieder fiel ihr auf, dass Tad sich überhaupt nicht verändert hatte, weder in seiner Spielweise noch in seinem Aussehen. Mehr als drei Jahre waren vergangen, seit Amy ihm zum letzten Mal gegenübergestanden hatte, und doch hatte sie nichts vergessen, nicht die geringste Kleinigkeit.
Während dieser Jahre hatte sie ihn höchstens einmal im Fernsehen während einer Übertragung gesehen, aber selbst das hatte sie meist vermieden. Nicht nur, dass es sie zu sehr schmerzte, sein Gesicht auf dem Bildschirm zu sehen, sie hatte es auch nicht ertragen können, wenn sie die vielen anderen aus dem »Tenniszirkus« erkannte, zu dem sie auch einmal gehört hatte und bald wieder gehören würde.
Die Entscheidung war ihr nicht leicht gefallen. Lange hatte Amy alle Vorteile und Nachteile gegeneinander abgewogen und sich dann schließlich doch entschlossen, zu den amerikanischen Hallenmeisterschaften zu fahren und sich damit zum ersten Mal wieder ein Turnier live anzusehen. Es war unvermeidlich, dass sie Tad wieder begegnen würde, wenn sie ihre Karriere erneut aufnahm, darüber war Amy sich im Klaren. Und je schneller sie dieses erste Wiedersehen nach drei Jahren hinter sich gebracht hatte, umso besser.
Sie würde sich so benehmen, dass die Presse, ihre Tenniskollegen und ihre Fans sofort merken würden, dass zwischen ihr und Tad nichts mehr war. Nur zögernd gestand Amy sich ein, dass sie nicht so zuversichtlich war, dass auch Tad das einsehen würde – und sie selbst.
Tad stand hinter der Grundlinie und machte sich bereit zum Aufschlag. Nur zu gut kannte Amy die Bewegung, den abschätzenden Blick hinüber zu seinem Gegner und dann das kraftvolle Ausholen mit dem Tennisschläger in der linken Hand.
Als er den Ball voll traf, hörte Amy das charakteristische Geräusch, das er dabei machte – halb Stöhnen, halb triumphierender Aufschrei. Jeder weniger talentierte Gegner hätte keine Chance gehabt, an den pfeilschnellen Ball heranzukommen. Der Franzose Grimalier jedoch war Tad zumindest in dieser Phase des Spiels beinahe ebenbürtig. Er retournierte den Ball gekonnt – und damit war der entscheidende Satz eröffnet.
Das Publikum ging lautstark mit, feuerte beide Spieler an und applaudierte begeistert, wenn ihnen ein besonders spektakulärer Ballwechsel gelungen war.
Amy konnte nicht ausmachen, wer von beiden die größere Fangemeinde hinter sich hatte. Was Tad betraf, so war es immer schon so gewesen, dass die Zuschauer sich in zwei Lager spalteten. Die einen verehrten ihn abgöttisch, die anderen konnten ihn nicht ausstehen. Nur eines war unmöglich: dass Tad Starbuck einen Tennisfan völlig kaltließ.
Beide Spieler waren sehr beweglich, gingen häufig ans Netz und machten das Spiel dadurch abwechslungsreich und spannend. Das wollte das Publikum sehen – keine langweiligen Grundlinienduelle, bei denen so wenig passierte.
Amy hatte sich vorgenommen, kühl und objektiv zuzuschauen, obwohl sie im Grunde geahnt hatte, dass das nicht möglich sein würde. Dazu war sie viel zu sehr mit Leib und Seele Tennis-Profi, und wenn dann auch noch Tad Starbuck auf dem Platz stand, war es ein Ding der Unmöglichkeit.
Wenn man ihm nur oberflächlich zusah, hätte man meinen können, er sei ein eleganter Spieler mit einer guten Technik. Erst wenn man näher hinsah – oder wenn man ihn so gut kannte wie Amy –, fiel auf, wie viel explosive Kraft in Tad steckte. Sein Spiel wirkte leicht und unverkrampft, aber erst seine ungeheure Kraft und sein nie erlahmender Siegeswille machten ihn zu dem Weltklassespieler, der er war.
Auf den ersten Blick wirkte Tad nicht sonderlich athletisch. Er war groß und schlank, mit langen Beinen, einem immer gebräunten Gesicht und dunklen, krausen Haaren. Die auch jetzt wieder zu lang sind, dachte Amy und lächelte. Wenn auch drei Jahre vergangen waren, so konnte sie sich doch noch so genau an seinen Körper erinnern, dass sie ihn förmlich vor sich sah, wenn sie die Augen schloss.
Schnell schob sie den Gedanken daran
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