20 - Im Reiche des silbernen Löwen I
wieder.“
Mit diesen Worten ging ich fort. – – –
ZWEITES KAPITEL
Am Makik-Natun
Zunächst und vor allen Dingen mußte ich darauf bedacht sein, keine Fußeindrücke zu hinterlassen. Bis zum Walde hin brauchte ich mir keine große Mühe zu geben, denn ich suchte die kahlen, graslosen Stellen auf, welche es da gab; sie waren von der Sonne hartgebrannt, so fest wie Stein, und nahmen keine Spur auf. Übrigens stand fast mit Sicherheit zu erwarten, daß die Indianer nicht nach dieser Seite kommen würden.
Aber dann im Wald wurde die Sache schwieriger. Der Boden war weich, und ich sah mich gezwungen, auf allen vieren zu gehen, das heißt aber nicht auf den Händen und Füßen, sondern auf den Finger- und Zehenspitzen. Was das heißt und wie außerordentlich anstrengend das ist, das weiß freilich bloß der, der es ausgeführt hat. Ich kenne keine körperliche Anstrengung, welche soviel Kraft und Ausdauer erfordert, wie dieses Gehen auf den Zehen und Fingern. Dazu kam, daß ich diese Bewegung rückwärts machen mußte, weil es nötig war, die Eindrücke, welche ich doch nicht vermeiden konnte, sogleich wieder auszulöschen. Ich ging also mit den Fußspitzen voran und mit den Fingern hinterdrein, trat mit den letzteren stets genau in die Spur der ersteren und wischte nach dem Schritte diese Spur mit der Hand wieder aus. Es ist selbstverständlich, daß diese Fortbewegung darum eine höchst langsame war.
Wohin ich mich zu wenden hatte, darüber war ich nicht im Zweifel. Ich wußte die Richtung, aus welcher die Comanchen kamen, und kannte also die Stelle, an welcher sie den Wald erreichen mußten. Von dieser aus suchten sie höchstwahrscheinlich geraden Wegs das Regenbett auf, um Wasser zu haben, und dort war es, wo ich mich zu verstecken hatte.
Diese Stelle hätte ich nach höchstens fünf Minuten erreichen können, wenn es mir erlaubt gewesen wäre, in gewöhnlicher Weise zu gehen, so aber brachte ich über eine Stunde zu, ehe ich an das Wasser kam. Dort sah ich mich um; ich mußte mich verstecken, aber wo? Ich brauchte nicht lange zu suchen. Ich sah eine Baumleiche liegen, welche ganz von wildem Efeu übersponnen war. Der Efeu bedeckte nicht nur den Baum, sondern er wucherte weiter und hatte auch das benachbarte Gesträuch so um- und überrankt, daß es abzusterben begann und er eine dichte, grüne Decke bildete, unter welcher ich mich sehr gut verstecken konnte.
Freilich war anzunehmen, daß ich nicht das erste Wesen sein würde, welches da eine Zuflucht suchte. Ich kroch hin und stocherte mit dem Bärentöter hinein; wirklich stöberte ich da allerlei Viehzeug auf; ich sah sogar zwei Klapperschlangen, welche die Flucht ergriffen. Das wäre eine sehr schlimme Gesellschaft für mich gewesen, und es war nur gut, daß sie nicht angriffsweise gegen den Ruhestörer vorgingen. Sie hatten wohl vor kurzem gefressen gehabt, und wenn diese Tiere gesättigt sind, hat man sie nicht so sehr zu fürchten, wie wenn sie Hunger haben.
Nun schob ich mich soweit wie möglich unter den Efeu hinein, hütete mich dabei aber sehr, irgendeine Ranke abzureißen, was mich den Roten sehr leicht hätte verraten können. Da vorauszusehen war, daß mein Aufenthalt an dieser Stelle kein kurzer sein werde, machte ich es mir möglichst bequem und wartete dann der Dinge, welche kommen würden. Ganz selbstverständlich sorgte ich dafür, daß ich durch den Efeu sehen und alles beobachten konnte.
Ein anderer wäre im Zweifel darüber gewesen, ob die Roten überhaupt kommen würden; ich aber war überzeugt, daß meine Vermutung richtig sei. Leider lag ich im Wald und nicht am Rand desselben, wo ich sie schon von weitem hätte sehen können.
Die Zeit vergeht einem unter solchen Umständen sehr langsam; die Minuten werden zu Stunden. Es war auch möglich, daß die Indsmen nicht die gerade Richtung einhielten und also den Wald an einer andern Stelle betraten. Wenn das der Fall sein sollte, so wurde mir die Ausführung meines Vorhabens erschwert.
Darum war ich herzlich froh, als ich endlich ein Geräusch hörte, welches sich mir näherte. Sie kamen. Erst sah ich zwei Rote, welche vorausgeritten waren, um nach einem geeigneten Platz zu suchen. Sie sahen sich um, und der eine sagte zum andern:
„Hier ist eine gute Stelle. Mein Bruder kann absteigen; ich werde die andern holen.“
Er ritt zurück, während sein Kamerad aus dem Sattel stieg und sein Pferd nach dem Wasser führte, um es trinken zu lassen. Nach kurzer Zeit kam der ganze Trupp,
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