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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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orientalischer Übertreibung erzählt und sich als den Vollbringer von Taten aufgespielt, die eigentlich auf meine Rechnung kamen. Ich machte mir den Spaß, zu verschweigen, daß ich jener Emir Kara Ben Nemsi Effendi gewesen war, und fragte:
    „War jener deutsche Emir bei diesen Taten zugegen gewesen?“
    „Ja. Er hatte sogar an ihnen teilgenommen und niemals einem Feind den Rücken gezeigt. Die Haddedihn verdanken es ihm, daß sie heut noch bestehen, denn er hat sie vor einer Niederlage bewahrt, welche ihren Untergang nach sich gezogen hätte. Auch ich halte ihn in besonderem Angedenken, weil ich ihm sehr zu Dank verpflichtet bin.“
    Das war mir neu. Ich wußte mit vollster Sicherheit, daß ich diesem Dschafar nie begegnet war, ihn nie gesehen und nie etwas von ihm gehört hatte, und er sollte mir Dank schulden? Ich mochte ihn wohl fragend anblicken, denn er fuhr fort:
    „Er hat nämlich einen Verwandten von mir vom Tod errettet, indem er ihm im Kampf half. Dann begleitete er ihn nach Bagdad und stand ihm in allen Fährlichkeiten bei, was aber leider nicht verhinderte, daß dieser Verwandte doch später überfallen und ermordet wurde.“
    Wenn man im Wilden Westen von Amerika einen persischen Mirza aus der Gefangenschaft der Indianer befreit, so ist das ein Ereignis, welches man gewiß ungewöhnlich nennen darf; wenn man aber von diesem Mirza hört, daß man vorher drüben am Tigris einen Verwandten von ihm vom Tod errettet hat, dann sagt das Wort ‚ungewöhnlich‘ jedenfalls noch zuwenig. Darum entriß mir, obwohl ich hatte schweigen wollen, die Überraschung die schnelle Frage:
    „Einen Verwandten von Euch? – – – Im Kampf beigestanden? – – – Nach Bagdad begleitet? – – – Doch noch ermordet worden? Meint ihr etwa Hassan Ardschir-Mirza?“
    Jetzt war die Reihe, zu erstaunen, an ihm. Er hielt sein Pferd an, so daß auch ich stehenblieb, warf die Arme vor Verwunderung empor und rief aus:
    „Hassan Ardschir-Mirza, der entflohene Prinz! Ihr kennt diesen Namen! Allah tut noch heut die größten Wunder! Wo habt Ihr denn von ihm gehört?“
    „Gehört? Ich habe ihn gesehen!“
    „Gesehen?!“
    „Mit ihm gesprochen!“
    „Gesprochen – – –!“
    „Und an seiner Leiche gekniet, als mich schon die Pest in ihren grausigen Armen hatte!“
    „Leiche – – –! Pest – – –!“
    „Neben ihm lag Dschanah, sein Weib, sein Stolz, zu gleicher Zeit mit ihm ermordet!“
    Es war eine sonderbare Szene. Wir standen oder vielmehr hielten voreinander und schrien uns diese Ausrufe zu, daß Perkins hätte denken mögen, wir seien beide verrückt geworden. Dschafars Augen starrten kugelrund auf mich herab; er hatte den Mund offen und rang nach Worten, die ihm nun versagt zu sein schienen. Da machte er eine große, würgende Anstrengung und brüllte mich förmlich an:
    „Dschanah, seine Seele, seine Perle! Die war es ja, durch welche ich verwandt mit ihm bin! Oh, Mr. Shatterhand, ich muß Euch fragen, ob ich träume oder mich im Fieber befinde. Ihr wart bei den Haddedihn?“
    „Ja.“
    „Als Hadschi Halef Omar noch nicht zu ihnen gehörte?“
    „Ja.“
    „Ihr wart dabei, als Mohammed Emin, ihr berühmter Scheik, starb?“
    „Ich habe ihn mit begraben, ihn, der mir einst Rih, meinen herrlichen Rappen, schenkte. Er starb ja, als wir Hassan Ardschir-Mirza im Kampf gegen die Kurden beistanden.“
    „Das stimmt, das stimmt! Aber dann seid Ihr ja – – – seid Ihr – – –“
    Er griff sich mit der Hand an die Stirne und fuhr dann fort:
    „Da müßt Ihr doch jener Emir Kara Ben Nemsi Effendi sein!“
    „Der bin ich allerdings. Mein Vorname Karl wurde in Kara verwandelt; Ben Nemsi bezeichnete meine Nationalität, und die andern Titel Emir und Effendi gab man mir ohne Examen und Verdienst.“
    Nun folgte eine ganze Menge von Fragen, die ich beantworten mußte, bis ich die Reihe derselben mit der Bemerkung abschnitt:
    „Das ist ein Zusammentreffen, welches man kaum für möglich halten sollte; aber wir wollen uns von unserem Erstaunen nicht länger hier halten lassen. Denken wir erst an die naheliegende Pflicht und dann, wenn diese erfüllt ist, an die Vergangenheit! Wollen uns beeilen, nach dem Regenbett zu kommen.“
    „Wie Ihr wollt, Sir; aber Ihr könnt es mir glauben, daß mir die Aufregung in alle Glieder gefahren ist. Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi Effendi sind eins, sind dieselbe Person! Was werdet Ihr mir alles erzählen müssen!“
    „Und Ihr mir auch. Ich

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